13.02.2020 | Hintergrund

Handyproduktion – Umweltfolgen und Arbeitsbedingungen

Grundschule, Sekundarstufe

Rund 1,8 Milliarden Handys wurden allein im Jahr 2019 weltweit verkauft, darunter ein großer Anteil Smartphones. Die große Zahl erklärt sich auch dadurch, dass viele Geräte schnell ersetzt werden: Neue Geräte locken mit besserer Leistung und sind wegen der in Deutschland üblichen Mobilfunkverträge leicht zu bekommen. Dagegen lassen sich alte Geräte meist nicht aufrüsten und nur schwer reparieren. Doch die Produktion belastet die Umwelt, die Arbeitsbedingungen sind häufig schlecht. Erste Hersteller versuchen, "faire" Geräte zu produzieren.

Nachhaltig hergestellte Produkte oder fair gehandelte Lebensmittel gibt es in fast jedem Supermarkt. Viele sind leicht zu erkennen und tragen Produktlabels wie das Bio-Siegel für Lebensmittel oder den Blauen Engel für Recyclingpapier.

Beim Blauen Engel gibt es zwar bereits eine Kategorie "Umweltfreundliche Mobiltelefone", dort finden sich aber zurzeit leider keine Anbieter (Stand Januar 2020). Um die Auswirkungen von Handy-Produktion und -Nutzung auf die Umwelt zu verringern, wäre es wünschenswert, dass sich Hersteller zukünftig an den Kriterien des Blauen Engels orientieren.

Einzelne Unternehmen versuchen dies bereits. In den Medien oft genannt werden Fairphone sowie die Geräte der Marke Shift. Die Hersteller haben den Anspruch, möglichst umweltfreundliche, sozialverträgliche und ressourcenschonende Produkte anzubieten. Sie grenzen sich ausdrücklich von den marktbeherrschenden Herstellern ab. Fairphone ist ein soziales Unternehmen aus den Niederlanden, das aus einer Aufklärungskampagne über sogenannte Konfliktmaterialien entstanden ist. Shift bezeichnet sich selbst als sogenanntes Social Business, das sich am Gemeinwohl orientiert.

Wie "unfair" kann ein Smartphone sein?

Das Smartphone ist für viele Menschen ein ständiger Begleiter. Acht von zehn Deutschen nutzen nach Branchenangaben ein Smartphone. Alleine im Jahr 2019 wurden über 22 Millionen Geräte verkauft. Hinzu kommen weitere mobile Geräte. So nutzen sechs von zehn Menschen in Deutschland Tablets.

Vor allem junge Menschen geben oft an, sich ein Leben ohne Handy kaum vorstellen zu können. Die meisten besitzen bereits als Kind ein eigenes Gerät: Drei von vier Zehnjährigen haben ein eigenes Smartphone. "Ab zehn Jahren ist das Smartphone ein Muss", so der Branchenverband Bitkom.

Die Produktgenerationen wechseln in sehr schnellem Takt. Die technische Entwicklung schreitet sehr schnell voran, und viele Nutzer – vor allem Jugendliche – behalten ihre Smartphones häufig nur ein oder zwei Jahre, bevor sie sich für ein anderes, meist technisch hochwertigeres Modell entscheiden.

Doch die Herstellung von Smartphones hat weitreichende Auswirkungen auf Menschen und Natur. Für die Produkte werden wertvolle Rohstoffe benötigt. Dazu gehören Metalle wie Eisen, Kupfer, Aluminium, Nickel und Zink sowie weitere Stoffe wie Indium, Tantal und Gold.

Die Gewinnung von Metallen ist häufig mit sehr hohen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden. Gold zum Beispiel verursacht im Vergleich zu Stahl, das im Wesentlichen Eisen enthält, ein Vielfaches an Treibhausgas-Emissionen.

Zudem werden die Rohstoffe zum Teil unter problematischen Umständen gefördert.

Um an Metalle zu gelangen, werden oft Lebensräume zerstört. So werden in manchen Abbauregionen Urwälder gerodet oder Berge gesprengt, um Tagebaue anzulegen. Es werden außerdem giftige Stoffe verwendet, um Edelmetalle aus dem Gestein zu lösen. Diese Lösungsmittel können in die Gewässer gelangen. Auf den indonesischen Inseln Bangka und Belitung zum Beispiel, wo Zinn abgebaut wird, sind Wald- und Wasserflächen zerstört worden und dadurch Tier- und Pflanzenarten bedroht.

Außerdem wird für den Betrieb von Industrieanlagen und den Transport der einzelnen Rohstoffe zur Produktionsstätte viel Energie benötigt, was CO2 freisetzt und daher das Klima schädigt.

Nicht zuletzt verursacht die IT-Produktion soziale Probleme. Beim Abbau der vielen verschiedenen Rohstoffe und bei der Produktion der Geräte fehlen oft arbeitsrechtliche Standards.

Gold, Tantal und Zinn werden häufig als Konfliktmineralien bezeichnet. In manchen Problemregionen wie der Demokratischen Republik Kongo findet der Abbau von Rohstoffen zum Teil unter unmenschlichen und gefährlichen Bedingungen statt.

Auch in vielen Fabriken, in denen die Geräte zusammengesetzt werden, sind die Bedingungen schlecht. China Labor Watch (CLW), eine Nichtregierungsorganisation, die sich für die Rechte von Arbeiterinnen und Arbeitern in China einsetzt, spricht auch hier von zum Teil unmenschlichen Arbeitsbedingungen. CLW hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von chinesischen Firmen untersucht, die fertige Elektrogeräte an multinationale Konzerne liefern, darunter auch einige Smartphone-Produzenten. Dabei wurde festgestellt: Viele Arbeiter bekamen nur einen Niedriglohn, von dem sie nur durch die Überstunden leben konnten, und besaßen keinen Arbeitsvertrag.

Was kann bei der Entsorgung von Handys schiefgehen?

Für die Herstellung von Smartphones werden wertvolle Ressourcen benötigt, doch werden die Geräte nicht entsprechend lange genutzt. Häufig werden sie frühzeitig ausgetauscht, obwohl sie noch funktionsfähig sind. Grund ist, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher sich aktuellere Geräte wünschen.

Die Weiternutzung der ausgetauschten Geräte ist dann von entscheidender Bedeutung dafür, wie sich dies auf die Umwelt auswirkt. Es gibt bereits Initiativen und Plattformen zur Wiederverwendung gebrauchter Geräte. Sie sollten genutzt werden, um die Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern.

Nichtsdestotrotz können Smartphones auch frühzeitig zu Abfall werden. Einzelteile wie Akkus oder Displays lassen sich zum Teil nicht oder nur teuer austauschen. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden sich daher dafür, direkt ein neues Gerät zu kaufen.

Gleichzeitig werden manche Altgeräte nicht ordnungsgemäß entsorgt. Bei sachgemäßer Entsorgung könnten Kunststoffe, Glas und die zum Teil wertvollen Metalle in den Stoffkreislauf zurückgeholt werden. Vor allem Kupfer ist ein wertvolles Metall, das beim Recycling fast vollständig zurückgewonnen werden kann. Ausführliche Informationen zum Recycling von Elektroaltgeräten bietet das Thema Elektroaltgeräte: Abfall oder Goldmine.

Wenn Elektrogeräte dagegen nicht sachgemäß entsorgt werden, kann dies Umwelt und Menschen gefährden, zum Beispiel im Fall von illegalen Sammlungen von Schrotthändlern. So können schädliche Stoffe wie Blei austreten und in den Boden oder das Grundwasser gelangen. Zudem können wertvolle Rohstoffe gegebenenfalls nicht wiedergewonnen und noch einmal dem Stoffkreislauf zugeführt werden. Dies führt dazu, dass erneut Rohstoffe zum Teil unter den dargestellten problematischen Bedingungen neu gewonnen werden müssen.

Die ordnungsgemäße Entsorgung ausgedienter Elektroaltgeräte ist daher von besonderer Bedeutung. Die Geräte können kostenlos beim örtlichen Wertstoffhof abgegeben werden. Auch der große Elektrofachhandel ist verpflichtet, kleine Elektroaltgeräte kostenlos zurückzunehmen. Das gilt auch, wenn nicht gleichzeitig ein neues Gerät gekauft wird. Lediglich bei Großgeräten kann die Rücknahme an den Kauf eines neuen Gerätes geknüpft werden. Den Verbraucherinnen und Verbrauchern steht damit ein umfangreiches Netz an Rückgabestellen zur Verfügung, bei denen die Altgeräte kostenlos abgegeben und damit einer sachgemäßen Entsorgung zugeführt werden können.

Ein faireres Smartphone?

Eine Alternative zu den derzeitigen Produktionsbedingungen ist offenbar nur schwer umsetzbar. So ist das Fairphone selbst laut Angaben des Herstellers nicht hundertprozentig fair. Das Unternehmen betont jedoch, dass es ethische Werte vor technologische Errungenschaft setze. Es versucht demnach, in Zusammenarbeit mit Zulieferern Schritt für Schritt den Anteil fairer Materialien zu erhöhen und den kompletten Herstellungsprozess nachhaltig zu gestalten.

In jedem Fall hat Fairphone die öffentliche Diskussion über die Herstellungsbedingungen ausgelöst. Auch andere Hersteller äußern sich zu ihrer Verantwortung. So gab zum Beispiel der iPhone-Hersteller Apple im Frühjahr 2014 bekannt, kein Tantal mehr aus Minen im Kongo zu beziehen, die von bewaffneten Rebellen kontrolliert werden.

Das macht Smartphones fairer

Während es ein vollständig faires Smarthone bisher nicht gibt, ist dennoch klar, welche Merkmale für ein solches Gerät gelten sollten.

Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Geräte eine komplexe, globale Lieferkette aufweisen. Die enthaltenen Rohstoffe und Bauteile haben weite Wege hinter sich, bevor ein Gerät in die Hände von Verbraucherinnen und Verbrauchern gelangt.

Eine große Rolle für die Bewertung von aufwändigen Produkten spielt die Lebensdauer. Um Ressourcen zu schonen, sollte ein Smartphone möglichst langlebig sein. Daher sollte es modular aufgebaut sein, um einfachere Reparaturen zu ermöglichen. Dazu gehören zum Beispiel Akkus und Displays, die ausgetauscht werden können.

Es sollten faire Arbeitsbedingungen für alle an der Herstellung beteiligten Menschen gewährleistet werden. Mindeststandards hat zum Beispiel die Internationale Arbeiterorganisation (ILO) formuliert. Es gibt auch im oft kritisierten China Unternehmen, die diese einhalten.

Es sollten keine Rohstoffe verwendet werden, die unter problematischen Bedingungen gefördert werden.

Bereits die Hersteller sollten das Recycling berücksichtigen. Auf diese Weise sollen Smartphones, die noch wertvolle Mineralien und Metalle enthalten, besser verwertet und die darin enthaltenen schädlichen Stoffe sachgemäß entsorgt werden.

Zu den Kriterien des Blauen Engels für Mobiltelefone gehört außerdem, dass Schadstoffe in den verwendeten Kunststoffen minimiert werden und die elektromagnetische Strahlung strengen Grenzwerten genügt.

Nicht zuletzt muss die Einhaltung der genannten Standards überprüfbar sein. Das würde zum Beispiel das Produktsiegel Blauer Engel gewährleisten. Das Unternehmen Fairphone versucht, diesem Anspruch zu genügen, indem es Informationen über die Finanzierung und Herkunft der Bestandteile seines Produkts online zugänglich macht.

Was können Verbraucher tun?

Auch Verbraucher haben grundsätzlich die Möglichkeit, die Lieferkette von Smartphones und anderen IT-Geräten zu beeinflussen, indem sie sich bewusst für Geräte entscheiden, die bestimmten Anforderungen genügen. Das Umweltbundesamt hat Tipps für Verbraucherinnen und Verbraucher zusammengefasst.

Zudem können sich Verbraucherinnen und Verbraucher über die Produktionsbedingungen von Geräten informieren. Greenpeace zum Beispiel hat zuletzt 2017 einen "Guide to Greener Electronics" veröffentlicht (in englischer Sprache), in dem Firmen danach eingestuft werden, wie umweltverträglich ihre Produktion ist.

Darüber hinaus können Verbraucherinnen und Verbraucher durch ihr Nutzungs- und Kaufverhalten etwas dazu beitragen, die negativen Folgen der Herstellung zu begrenzen. Dazu gehört, sich die Frage zu stellen, ob ein neues Gerät wirklich sein muss. Sollte das alte Handy noch funktionieren, lohnt es sich, genau zu überlegen, ob es nicht noch ein paar Monate oder Jahre seinen Zweck erfüllt. Und nicht mehr benutzte Geräte sind für andere Menschen vielleicht doch noch brauchbar und können an Bekannte oder Verwandte weitergegeben werden. Auch gibt es mittlerweile Initiativen und Plattformen, die gebrauchte Geräte ankaufen, reparieren und an Dritte wiederverkaufen und damit den Geräten ein neues Leben geben. Um eventuelle Wünsche nach einem neuen Gerät in geordnete Bahnen zu lenken, kann es hilfreich sein, eine Liste zu machen mit den Aspekten, die besonders wichtig sind. Diese hilft bei der Abwägung, welche Funktionen verzichtbar sind und welche nicht.

Um das eigene Smartphone vor Schäden und dem frühzeitigen Austausch zu bewahren, lohnt es sich, eine Schutzfolie auf das Display zu kleben oder es beim Transport in der Tasche in eine Hülle zu stecken. Damit der Akku lange hält, sollte man die Herstellerangaben zum korrekten Laden beachten.

Ist das Gerät kaputt oder fehlerhaft, sollte erst einmal geprüft werden, ob es nicht doch repariert werden kann, zum Beispiel durch Nachfragen im Geschäft oder bei entsprechenden Reparaturbetrieben. Das Umweltbundesamt empfiehlt generell, auch auf Gebrauchtgeräte zurückzugreifen. Wer im Falle eines Smartphones befürchtet, ein fehlerhaftes Gerät ohne Garantie zu erwerben, kann zunächst Verwandte und Bekannte fragen, ob sie ein Smartphone haben, das sie aktuell nicht brauchen. Zum Teil bieten aber auch Plattformen wie zum Beispiel rebuy eine Garantie auf die dort verkauften Gebrauchtgeräte.

Zudem sollte das alte Handy an einer Sammelstelle oder beim Hersteller abgegeben werden, um die knappen Rohstoffe wieder in den Stoffkreislauf zurückzuführen. Den Verbraucherinnen und Verbrauchern steht hierfür das genannte Netz an Sammelstellen der Kommunen und des Elektrofachhandels zur Verfügung, bei denen die ausgedienten Smartphones kostenlos abgegeben werden. Hierdurch wird sichergestellt, dass diese auch einer ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt und damit möglichst viele Rohstoffe wieder zurückgewonnen sowie Schadstoffe ausgeschleust werden können.

Weiterführende Links

Umweltbundesamt: Verbrauchertipps Smartphone
https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/elektrogeraete/smartphone#gewusst-wie

Umweltbundesamt: Elektroaltgeräte
https://www.umweltbundesamt.de/themen/abfall-ressourcen/produktverantwortung-in-der-abfallwirtschaft/elektroaltgeraete#elektronikaltgerate-in-deutschland

Drop it like E-Schrott: Kampagne zur Entsorgung von Alt-Handys
https://e-schrott-entsorgen.org

My Green Choice: Fair Trade Handy / faires Smartphone: Informationen & Modellübersicht
https://my-green-choice.de/magazin/fair-trade-handy-faires-smartphone/

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