24.09.2018 | Hintergrund

Lebensmittel, Ernährungsgewohnheiten und ihre Klimabilanz

Gemüse und Obst
Grundschule, Sekundarstufe

Herstellung und Konsum von Lebensmitteln sind mit erheblichen Folgen für Umwelt und Klima verbunden. Wie hängen Ernährung und Treibhausgasemissionen zusammen? Und wie lässt sich die Versorgung mit Nahrungsmitteln so klimafreundlich wie möglich gestalten?

Essen ist ein Grundbedürfnis – und viele Menschen achten sehr bewusst auf die Auswahl der Lebensmittel. Dabei spielen auch die Auswirkungen des Konsums auf die Umwelt eine Rolle. 

So gaben bei einer Umfrage des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) fast vier Fünftel der Teilnehmenden an, dass sie nicht nur Informationen zu Inhalts- und Zusatzstoffen wichtig finden, sondern auch zur Herkunft der Waren. Bei Tierprodukten möchte die große Mehrheit wissen, ob sie umweltverträglich erzeugt wurden (82 Prozent), und für fast die Hälfte (48 Prozent) haben umweltschonende Produktionsmethoden in der Landwirtschaft eine sehr hohe Bedeutung. 

In der Öffentlichkeit wird immer wieder darüber diskutiert, welche Rolle die Rücksicht auf Umwelt- und Klimaschutzfragen für die eigenen Ernährungsgewohnheiten spielen sollte. Während manche Menschen sich bereits bemühen, so klimaneutral wie möglich zu leben, gibt es auf der anderen Seite immer wieder Kritik. So werden zum Beispiel Initiativen oder Appelle zur fleischarmen oder vegetarischen Ernährung als Bevormundung empfunden.  

Wie wichtig sind die Treibhausgasemissionen durch Lebensmittel?

Die Herstellung und der Konsum von Lebensmitteln sind mit erheblichen Folgen für Umwelt und Klima verbunden. Dazu zählen zum Beispiel die Folgen der Landwirtschaft für die biologische Vielfalt und auf Böden und Gewässer  (siehe Thema des Monats Für Lebensmittel, Natur- und Klimaschutz: Welche Landwirtschaft brauchen wir?). Ebenfalls dazu zählen schädliche Auswirkungen auf das Klima.

Lebensmittel führen zu Treibhausgasemissionen. Diese entstehen entlang des gesamten Weges von der Herstellung bis zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern – in der Landwirtschaft, bei Verarbeitung und Vertrieb, im Einzelhandel sowie in privaten Haushalten und in der Gastronomie. 

Insgesamt hat der Konsum von Lebensmitteln einen bedeutenden Anteil an den Treibhausgasemissionen. In Deutschland verbraucht jede Person im Durchschnitt 500 Kilogramm Lebensmittel pro Jahr (ohne Getränke). 

Die Schätzungen zu den dadurch verursachten Treibhausgasemissionen schwanken etwas, liegen aber in einer ähnlichen Größenordnung. Das Bundesumweltministerium geht davon aus, dass die Ernährung zu Treibhausgasemissionen führt, die 1,75 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr entsprechen.  

Bei einer Bevölkerung von rund 82,8 Millionen Menschen ergibt das für Deutschland insgesamt fast 145 Millionen Tonnen pro Jahr. Zum Vergleich: Die Emissionen des Verkehrs lagen im Jahr 2017 bei knapp 171 Millionen Tonnen, die Emissionen in Deutschland insgesamt bei geschätzten 905 Millionen Tonnen. 

Betrachtet man die durchschnittlichen jährlichen Pro-Kopf-Emissionen in Deutschland, haben die durch Ernährung verursachten Treibhausgasemissionen einen Anteil von 15 Prozent. Damit liegen sie gleichauf mit den Emissionen für Heizung. Lediglich die Bereiche Konsum (zum Beispiel Bekleidung, Haushaltsgeräte, Freizeitaktivitäten) sowie Verkehr haben mit 38 Prozent beziehungsweise 18 Prozent höhere Anteile.  

Welche Rolle spielt Lebensmittelverschwendung?

Zum Ausmaß der Folgen für Umwelt und Klima trägt in erheblichem Maß bei, dass ein bedeutender Teil der Lebensmittel auf dem Weg von der Erzeugung bis zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern verlorengeht. Weltweit und jährlich beträgt der Anteil der Verluste etwa ein Drittel.

Große Mengen werden verschwendet – das heißt, sie werden weggeworfen, obwohl sie genießbar wären oder sie verderben unnötig, zum Beispiel weil zu große Mengen eingekauft wurden. Allein in den Privathaushalten in Deutschland beträgt die Menge 6,7 Millionen Tonnen pro Jahr. Das sind pro Person zwei vollgepackte Einkaufswagen, etwa 82 Kilogramm (siehe auch Thema der Woche Lebensmittel retten).

Klimaschutz und Ernährungssicherheit hängen eng zusammen

Auch im weltweiten Maßstab ist der Bereich Ernährung eine bedeutende Quelle von Treibhausgasemissionen. Die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gibt an, dass allein die Tierhaltung einen Anteil von 14,5 Prozent an den globalen Emissionen hat. Sie warnt, dass sich die Emissionen der Landwirtschaft insgesamt in den vergangenen 50 Jahren nahezu verdoppelt haben und weiter steigen. 

Die weltweite Perspektive macht zudem deutlich, dass Klimawandel, Ernährung und Armut miteinander verbunden sind. Um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius  gegenüber vorindustriellen Werten zu begrenzen, muss die Landwirtschaft einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, so die FAO. Gleichzeitig muss die Ernährung der Menschen gesichert werden. Die Vereinten Nationen rechnen mit einem Bevölkerungsanstieg auf über 9 Milliarden Menschen im Jahr 2050. Die Produktion von Nahrungsmitteln müsse darum um 60 Prozent gegenüber 2006 gesteigert werden. 

Währenddessen bringen die Folgen des Klimawandels die Versorgung mit Lebensmitteln in Gefahr, so die FAO. Sie gelten als Ursache dafür, dass der Hunger auf der Welt seit einigen Jahren wieder zunimmt. Zum Beispiel, weil die veränderte Verteilung von Regenfällen, Dürren und Überflutungen die Produktivität der Landwirtschaft gefährden. 

Woher stammen die Treibhausgas-Emissionen?

Der Zusammenhang zwischen Nahrungsmitteln und Treibhausgas-Emissionen lässt sich anschaulich nachvollziehen, wenn man die Schritte von der Herstellung bis zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern betrachtet. Lebensmittel werden hergestellt, gelagert, verarbeitet, verpackt, ausgeliefert und zubereitet. Jeder dieser Schritte führt zu Treibhausgas-Emissionen. 

Den größten Anteil hat die Landwirtschaft einschließlich der Landnutzung.  Insgesamt etwa 45 Prozent der Treibhausgase entstehen bei der Erzeugung, einschließlich der Verarbeitung und der Transporte. Auch in den Haushalten und der Gastronomie fällt ein Bedeutender Teil der Emissionen an. Schätzungen gehen von einem Viertel aus, so eine Expertise des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL.   

In der Landwirtschaft werden neben Kohlendioxid (CO2) auch andere Treibhausgase emittiert, vor allem Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Methan ist auf einen Zeitraum von hundert Jahren bezogen 25 mal klimawirksamer als Kohlendioxid und Lachgas sogar 298 mal. 

Methan entsteht in der Tierhaltung. Es wird während des Verdauungsvorgangs von Wiederkäuern (Rinder und Schafe) produziert. Außerdem entsteht Methan bei der Lagerung von Mist und Gülle und wird spätestens bei der Ausbringung auf den Feldern freigesetzt. Die größten Mengen Methan entstehen bei der Haltung von Milchkühen. 

Lachgas stammt überwiegend aus der landwirtschaftlichen Düngung, insbesondere aus mineralischen Stickstoffdüngern. Auch Stickoxide (NOX) werden dabei freigesetzt. Sie sind ebenfalls für das Klima von Bedeutung, weil sie am Entstehen klimaschädlicher Gase beteiligt sind. 

Auch durch die Bewirtschaftung von Böden können Treibhausgase freigesetzt werden. Vor allem, wenn Moore landwirtschaftlich genutzt werden oder Grünland in Ackerland umgewandelt wird. 

Je nach Bewirtschaftung kann jedoch auch CO2 im Boden gespeichert werden. Zum Beispiel wird durch die Nutzung als Grünland CO2 gebunden. Wird Grünland umbrochen und als Acker genutzt, wird CO2 freigesetzt. 

Energieverbrauch im Zusammenhang mit Lebensmitteln

Hinzu kommen Kohlendioxid-Emissionen, die durch den Energieverbrauch verursacht werden. Energie wird bei allen Schritten von der Herstellung bis zum Verbrauch von Nahrungsmitteln benötigt.

In der Landwirtschaft werden Strom und Treibstoffe zum Beispiel für die Herstellung von Düngemitteln, für den Betrieb von Maschinen oder das Beheizen von Gewächshäusern benötigt.

Darüber hinaus wird Energie aufgewendet für Transporte, Verarbeitung und Lagerung; in den Haushalten und in der Gastronomie schließlich wird Energie für Kühlung und Zubereitung benötigt. 

Wie wird die Klimabilanz von Lebensmitteln ermittelt?

Je nach Produkt können die Schritte von der Herstellung bis zum Verbrauch sehr unterschiedlich ausfallen. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Emissionen, die dabei verursacht werden. 

Um die Belastung durch einzelne Produkte bewerten zu können, müssen alle Schritte von der Herstellung bis zum Verbrauch betrachtet werden. Oft wird auch vom Lebenszyklus gesprochen; in der Wirtschaft von den Stufen der Wertschöpfungskette. 

Das Ergebnis wird häufig als CO2-Fußabdruck bezeichnet (oft auch englisch: Carbon Footprint). In vielen Veröffentlichungen findet sich auch der Begriff Klimabilanz. 

Da die Produkte und ihr Lebenszyklus sehr vielfältig sind, müssen für die Bewertung ihrer Klimabilanz viele Annahmen getroffen werden. Daher sind die Ergebnisse entsprechender Studien teilweise unterschiedlich und nur schwer vergleichbar. 

Insgesamt verursachen pflanzliche Lebensmittel weniger schädliche Treibhausgase als tierische Lebensmittel (siehe Tabelle). Neben den Emissionen durch die Verdauung der Tiere sowie durch Mist und Gülle muss hier der Anbau von Futtermitteln hinzugerechnet werden.

Tabelle 1: Freisetzung von Kohlendioxid-Äquivalenten pro Kg des Produkts 

ProduktKohlendioxid-Äquivalenten in Kg
Gemüse, frisch0,1
Kartoffeln, frisch0,2
Tomaten, frisch0,3
Obst, frisch0,4
Mischbrot0,7
Kuhmilch0,8 bis 2,4
Geflügelfleisch1,6 bis 4,6
Eier, Freiland2,7
Reis2,9
Schweinefleisch3,1 bis 3,3
Rindfleisch7 bis 28
Käse8,5
Butter24

Quelle: Sachverständigenrat für Umweltfragen, 2012 

Der Anteil der Treibhausgasemissionen durch den Transport kann sich extrem unterscheiden. Transporte innerhalb von Deutschland finden in der Regel mit dem LKW statt und fallen im Vergleich mit anderen Schritten auf dem Weg zum Verbrauch wenig ins Gewicht. Dagegen verursachen Nahrungsmittel, die aus Übersee nach Deutschland importiert werden, hohe Emissionen. 

Dabei spielt das Transportmittel eine entscheidende Rolle. Extrem hohe Emissionen fallen bei Transporten mit dem Flugzeug an. Sie können pro Kilogramm Lebensmittel 170-mal so hoch sein wie bei einem Transport per Schiff. Doch weil die Wege oft lang sind, verursachen auch Schiffstransporte hohe Emissionen. 

Mit dem Flugzeug werden vor allem leicht verderbliche Waren eingeflogen, zum Beispiel Fisch, exotische Früchte oder im Winter Erdbeeren. 

Einzelne Faktoren können die Klimabilanz auf den Kopf stellen

Auch die Anbaumethode wirkt sich auf die CO2-Bilanz aus. Produkte aus ökologischem Anbau verursachen insgesamt weniger Treibhausgasemissionen als Produkte aus konventionellem Anbau (siehe Tabelle 2).  

Tabelle 2: CO2-Äquivalente in Kilogramm je Kilogramm Produkt nach Anbauweise 

Nahrungsmittelkonventionellökologisch
Gemüse frisch0,150,13
Tomaten0,340,23
Milch0,940,88
Rindfleisch13,3111,37

In manchen Fällen sind die Unterschiede gering, und die Beurteilung der Klimabilanz fällt schwer. 

Das Umweltbundesamt hat zum Beispiel den Energieaufwand für regionale Äpfel und importierte Äpfel aus Neuseeland verglichen. Demnach ist der Energieaufwand für importierte Äpfel deutlich höher.  Der Vergleich zeigt aber auch: Die Fahrt der Konsumentin beziehungsweise des Konsumenten zum Einkauf ist sowohl bei importierten als auch bei regionalen Äpfeln einer der größten Posten. Wenn man eigens mit dem PKW zu einem Obsthof in der Region fährt, kann dies den Vorteil regionaler Äpfel zunichte machen.  

Ein weiteres Beispiel sind Tomaten. In Deutschland reifen Tomaten im Freiland nur von Mitte Juni bis Mitte Oktober. Außerhalb der Saison werden Tomaten importiert, und teilweise werden sie in beheizten Gewächshäusern angebaut. Der CO2-Ausstoß für Tomaten aus dem Gewächshaus beträgt ein Vielfaches von dem für Freilandtomaten.  

Welche Lösungsansätze gibt es?

Die Ernährung ist in mehrfacher Hinsicht ein besonderer Bereich, wenn es um den Klimaschutz geht. Die Treibhausgasemissionen hängen eng mit den Konsum- und Ernährungsgewohnheiten der Verbraucherinnen und Verbraucher zusammen. Anders als in anderen Bereichen lassen sich diese kaum durch technische Maßnahmen und gesetzliche Regelungen beeinflussen. Und die Emissionen aus der Landwirtschaft lassen sich nicht ganz vermeiden.  

Die Welternährungsorganisation FAO nennt ihren umfassenden Lösungsansatz "Climate-smart agriculture". Er umfasst Veränderungen in mehreren Bereichen: Während die Treibhausgasemissionen so weit wie möglich reduziert werden sollen, muss gleichzeitig die Nahrungsmittelversorgung sichergestellt werden. Dazu gehört, dass die Landwirtschaft sich an die Folgen des Klimawandels anpasst und widerstandsfähig wird.  

In Deutschland nennen Fachleute folgende Möglichkeiten, die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft zu senken: 

  • Die Effizienz der Stickstoffdüngung verbessern,
  • Mist und Gülle in Biogasanlagen nutzen,
  • Tierfütterung und Tiergesundheit verbessern,
  • Moore und Grünland erhalten,
  • fossile Energieträger durch erneuerbare Energien ersetzen. 

Einen erheblichen Beitrag können Konsumentinnen und Konsumenten durch eine bewusste Ernährung und ihr Einkaufsverhalten leisten. Sie können unter anderem:

  • bevorzugt regionale und saisonale Lebensmittel kaufen,
  • wenig Tierprodukte konsumieren,
  • Bio-Lebensmittel kaufen,
  • Verschwendung vermeiden sowie
  • den Einkauf mit umweltverträglichen Verkehrsmitteln erledigen beziehungsweise überflüssige, weite Fahrten mit dem privaten PKW vermeiden.

Weiterführende Links

Umweltbundesamt: Daten zur Umwelt 2018: Umwelt und Landwirtschaft
www.umweltbundesamt.de/publikationen/daten-zur-umwelt-2018-umwelt-landwirtschaft

Umweltbundesamt: Daten zur Umwelt. Umwelt, Haushalte und Konsum
www.umweltbundesamt.de/publikationen/daten-zur-umwelt-umwelt-haushalte-konsum-0 

Bundesumweltministerium: Nationales Programm für nachhaltigen Konsum
www.bmu.de/publikation/nationales-programm-fuer-nachhaltigen-konsum-gesellschaftlicher-wandel-durch-einen-nachhaltigen-leb/