13.07.2023 | Hintergrund

Die Wechselwirkungen zwischen Meeresökosystemen und Klimaveränderungen

Sekundarstufe, Grundschule

Ökosysteme in Meeren und an Küsten binden das Treibhausgas CO2 und tragen so auf natürliche Weise zum Klimaschutz bei. Intensive Nutzung, Verschmutzungen und die Klimakrise setzen die marinen Ökosysteme unter Druck, womit sie weniger widerstandsfähig gegenüber klimabedingten Veränderungen sind. Weil geschwächte Meeres- und Küstenökosysteme die Klimakrise noch verstärken können, ist ihr Schutz wichtig.

Steigende Temperaturen setzen Ökosysteme unter Druck

Der Klimawandel führt nicht nur zu steigenden Durchschnittstemperaturen der Luft, sondern auch zu höheren Durchschnittstemperaturen im Meer. Im Frühsommer 2023 gerieten die Meerestemperaturen in die Schlagzeilen. Der Nordatlantik hatte sich im Juni ungewöhnlich stark erwärmt. Seine Durchschnittstemperatur lag bei 22,7 Grad Celsius und damit um 1,1 Grad über dem langjährigen Mittelwert der Jahre 1982 bis 2011.

Ungewöhnlich starke Temperaturabweichungen können für Meereslebewesen wie viele Fischarten und Korallen dramatische Folgen haben. Einige Fischarten bekommen weniger Nachwuchs, andere wandern in kühlere Regionen ab. Tropische Korallenriffe können absterben. Ein bekanntes Beispiel ist das Great Barrier Reef in Australien, das seit einiger Zeit unter der sogenannten Korallenbleiche leidet, die durch höhere Wassertemperaturen ausgelöst wurde.

Am stärksten betroffen von den wärmeren Temperaturen sind große Meerestiere wie Haie, Delfine und Wale, die höher in der Nahrungskette stehen. Fachleute warnen davor, dass bei einer Erwärmung von bis zu zwei Grad Celsius über die Hälfte aller Meerestierarten am Ende des Jahrhunderts in ihrem aktuellen Verbreitungsgebiet stark bedroht sein würde.

Zusätzlich werden die Meeresökosysteme durch weitere Faktoren belastet. Dazu gehört die Verschmutzung durch Plastikmüll. Außerdem sind viele Fischbestände stark überfischt.

Auch für das Klimasystem sind die Veränderungen der Meerestemperaturen relevant. Wärmere Wassertemperaturen führen zu mehr Wasserdampf und Energie in der Atmosphäre, dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit für Hurrikans. Die warmen Meerestemperaturen wirken sich auch auf das Wetter an Land aus und können zum Beispiel zu heißeren Sommern in Europa führen.

Das wirft die Fragen auf: In welchem Zustand sind die Meere? Wie hängt ihre Entwicklung mit der Klimakrise zusammen?

Meeres- und Küstenökosysteme sind gefährdet

Meeres- und Küstenökosysteme erfüllen lebenswichtige Funktionen. Sie sind Lebensgrundlagen für Menschen, Tiere und Pflanzen. Wenn die Funktionen dieser Ökosysteme zum Beispiel durch Überfischung gefährdet sind, geraten unsere Lebensgrundlagen in Gefahr.

Hinzu kommt, dass sich im Zuge der Meereserwärmung auch die Lebensbedingungen der Meereslebewesen verändern. Manche Bestände werden kleiner oder könnten aussterben. Einzelne Fischarten wandern in kühlerer Meeresgebiete ab, wenn sich das Meer in ihrem bisherigen Verbreitungsgebiet zu stark erwärmt.

Solche Veränderungen bei einzelnen Arten wirken sich oft auf die komplexen Abläufe in den betroffenen Ökosystemen aus: Nahrungsbeziehungen ändern sich, die räumliche Konkurrenz verschiebt sich.

Die Ozeane sind ein sehr wichtiger Teil des Klimasystems. Sie bedecken 71 Prozent der Erdoberfläche und enthalten etwa 97 Prozent des Wassers der Erde. Mit wärmeren Temperaturen in der Atmosphäre erwärmt sich das Wasser nahe der Oberfläche. Die Folge: Die Ozeane nehmen das Treibhausgas CO2 auf. Daraus bildet sich Kohlensäure im Wasser. Zerfällt diese Verbindung, verändert sich der pH-Wert des Wassers, es wird saurer. Mit der Versauerung gehen drastische Folgen für das gesamte Ökosystem einher. Sie verursacht zum Beispiel Störungen in der Bildung von Kalkschalen, etwa bei Muscheln, Schnecken und Seeigeln. Die Versauerung bedroht auch Korallenriffe. Diese sind wichtige Lebensräume für viele Meeresbewohner.

Etwa zehn Prozent der Landfläche der Erde sind von Gletschern oder Eisschilden bedeckt. Wenn Eismassen der Gebirgsgletscher sowie die großen Eisschilde in Grönland und der Antarktis schmelzen, steigt der Meeresspiegel an. Zusätzlich dehnt sich das wärmere Meereswasser aus und trägt damit zum weiteren Anstieg des Meeresspiegels bei. Das gefährdet die Küstenökosysteme und menschliche Siedlungen.

Intakte Meeresökosysteme sind für Mensch und Klima wichtig

Intakte Meeresökosysteme sind wichtig, nicht nur für die Ernährung vieler Menschen. 
In niedrig gelegenen Küstenzonen lebten 2010 rund 680 Millionen Menschen, das sind fast zehn Prozent der Weltbevölkerung. Im Jahr 2050 sollen es bereits mehr als eine Milliarde sein. 65 Millionen Menschen leben auf kleinen Inseln.

Laut Weltklimarat (IPCC) ist es praktisch sicher, dass sich die Ozeane seit 1970 erwärmen und mehr als 90 Prozent der zusätzlichen Wärme im Klimasystem aufgenommen haben. Das Meereswasser erwärmt sich seit 1993 doppelt so schnell wie in den Jahrzehnten zuvor. Seit 1982 hat sich die Zahl der hitzebedingten Ereignisse im Meer verdoppelt.

Die Veränderungen der Meerestemperaturen wiederum können weltweit Wetterextreme verstärken: Niederschläge werden heftiger, die häufiger werdenden tropischen Wirbelstürme können sich weiter in die nördlichen Breitengrade verlagern.

Aufgrund der Erwärmung und durch Schmelzwasser ist die Wasserdichte nahe der Meeresoberfläche geringer. Das hemmt die Vermischung zwischen Oberflächen- und Tiefenwasser, führt zu einer zunehmenden Schichtung und beeinflusst die Meeresströmungen.

Ozeane speichern nicht nur das meiste CO2, sondern sie produzieren auch den meisten Sauerstoff. Allerdings stellten Wissenschaftler*innen fest, dass im Wasser nahe der Oberfläche Sauerstoff verloren geht. Sie führen das auf die zunehmende Schichtung des Ozeans, auf eine veränderte Belüftung und auf biogeochemische Prozesse zurück.

Der Anstieg des Meeresspiegels hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten stark beschleunigt: Für die Jahre 2006 bis 2015 wurde pro Jahr ein Meeresspiegelanstieg von 3,5 Millimetern gemessen. Diese Geschwindigkeit gilt laut Weltklimarat als beispiellos, denn in den Jahren 1901 bis 1990 betrug der Anstieg jedes Jahr nur 1,4 Millimeter. Der verstärkte Anstieg deutet darauf hin, dass möglicherweise die Eisschilde in der Antarktis irreversibel instabil werden.

Wenn die Treibhausgasemissionen nicht drastisch reduziert werden, kann der Meeresspiegel in den kommenden Jahrhunderten sogar mehrere Zentimeter pro Jahr ansteigen. Werden sie hingegen so reduziert, dass das Zwei-Grad-Ziel erreicht wird, kann der Anstieg bis 2300 auf einen Meter begrenzt werden.

Wie verändert die Klimakrise die Meeresökosysteme?

Mit der klimabedingten Neuverteilung der Arten und dem Rückgang der Vielfalt im Meer sind wichtige Lebensgrundlagen der Menschen bedroht. Wenn Nahrungsketten zusammenbrechen, wird auch für viele Menschen an den Küsten die gewohnte Nahrung knapp. Wenn Mangrovenwälder an den Küsten schwinden und Wirbelstürme häufiger werden, beeinträchtigt das den Küstenschutz. Mit dem ansteigenden Meeresspiegel werden bei Extremwasserständen niedrig liegende Gebiete häufiger überflutet und erodieren. Das gefährdet nicht nur menschliche Siedlungen, sondern auch Tiere und Pflanzen an den Küsten.

Die zunehmende Versauerung stellt insbesondere für kalkbildende Lebewesen wie Korallen und Muscheln, deren Skelette beziehungsweise Schalen aus Kalziumkarbonat bestehen, ein Problem dar. Für den Aufbau benötigen sie bestimmte Moleküle (Karbonat-Ionen) aus dem Meereswasser, deren Konzentration vom pH-Wert des Wassers abhängig ist. Dieser wiederum hängt vom CO2-Gehalt der Atmosphäre ab: Wenn der CO2-Gehalt in der Atmosphäre steigt, sinkt der ph-Wert des Wassers – es versauert - und die Konzentration der Karbonat-Ionen sinkt. Die Folge: Die Schalenbildung von Muscheln und Schnecken wird erschwert - sie können sich nicht mehr ausreichend vor Fressfeinden schützen.

Mit steigenden Temperaturen und Überdüngung treten Gebiete mit verringertem Sauerstoffgehalt im Ozean - sogenannte tote Zonen - häufiger auf. Dies führt zu einem übermäßigen Pflanzenwachstum, zum Beispiel Algenblüten, und dem Wasser wird übermäßig viel Sauerstoff entzogen. Bei höheren Temperaturen beschleunigt sich der Stoffwechsel der Lebewesen und damit auch ihre Sauerstoffaufnahme.

Die klimabedingten Veränderungen in der Umwelt stören Wechselbeziehungen in den Nahrungsnetzen wie Räuber-Beute-Beziehungen: Jede Veränderung bei einer Art wirkt sich sehr wahrscheinlich auch auf die anderen Mitglieder des Nahrungsnetzes aus: Dabei werden die Veränderungen vom Plankton über Fische bis hin zu Seevögeln und Meeressäugern in der Nahrungskette nach oben durchgegeben.

Das lässt sich auch an den Ökosystemen in Nord- und Ostsee beobachten: Weil sich die flachen Meeresgebiete besonders schnell erwärmen, wandern wärmeliebende Arten ein. Heimische Arten wandern hingegen nach Norden in kältere Gewässer ab.

Fische wie der Kabeljau benötigen zum Laichen im Winter kühlere Temperaturen, gleichzeitig wandern wärmeliebende Arten wie die Streifenbarbe oder der Wolfsbarsch ein. Ein weiteres Beispiel ist die Pazifische Auster, die ursprünglich zu Zuchtzwecken eingeführt wurde. Sie breitet sich im wärmeren Meereswasser inzwischen selbstständig aus. Im Wattenmeer verdrängt sie zunehmend die heimischen Miesmuscheln, deren Bestände unter den warmen Wintern leiden. Vorteilhaft für die Auster ist auch, dass heimische Vogelarten wie Eiderente und Austernfischer sie nicht fressen.

Weltweit sind die Folgen der Klimakrise für marine Arten dramatisch: 2022 untersuchten Wissenschaftler*innen die Klimarisiken für marine Arten, die für die Fischerei relevant sind. Erwärmt sich die Erde bis zum Jahr 2100 nur um bis zu zwei Grad Celsius gegenüber dem Stand im vorindustriellen Zeitalter, ist die Hälfte dieser Meeresarten gefährdet. Steigen die Temperaturen um vier bis sechs Grad, sind sogar 87 Prozent der Arten stark gefährdet. Besonders unter Druck stehen hierbei die artenreichen tropischen Küstenregionen mit ihren Korallenriffen.

Klima und Meere schützen

Klimaschutz ist die grundlegende Maßnahme, um die Folgen der Klimakrise für die Meere abzumildern. Es gilt, mit vielen unterschiedlichen Maßnahmen die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre zu begrenzen, wie im Pariser Klimaabkommen vereinbart. Damit hätten die Meereslebewesen etwas mehr Zeit, sich an die Veränderungen in ihren Lebensräumen anzupassen.

Der Klimawandel ist nur einer von mehreren Stressfaktoren, da die Ökosysteme bereits durch Überfischung, Überdüngung, Verschmutzung und die Zerstörung von Lebensräumen unter Druck stehen.

Wenn Ökosysteme insgesamt intakt und stabil bleiben, können sie sich eher an die Veränderungen anpassen. Das bedeutet, dass die Meere noch besser als bisher geschützt werden müssen, zum Beispiel vor überhöhten Nährstoffeinträgen – unter anderem aus der Landwirtschaft – sowie vor Schadstoffen, aber auch vor dem Eintrag von Müll. Der Erhalt und die Einrichtung weiterer Meeresschutzgebiete ist wichtig, weil sie schädliche menschliche Aktivitäten begrenzen oder sogar ausschließen.

Deutschland hat dafür auf Grundlage der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) sowohl im Bereich des Weltnaturerbes Wattenmeer als auch in deutschen Gewässern jenseits der 12-Seemeilen-Zone Schutzgebiete als Bestandteil des europäischen Natura 2000-Netzes ausgewiesen und Regelungen zu ihrem Schutz getroffen.

Im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz (ANK) arbeitet die Bundesregierung an einer Meeresstrategie. Unter anderem will sie in Pilotgebieten Seegraswiesen erhalten und renaturieren sowie Makroalgen in ihrer Funktion als CO2-Senke erforschen. Überdies will sie Klimaschutzzonen in Meeresgebieten ausweisen, die kohlenstoffreiche Sedimente enthalten.

Was kann ich selbst tun?

Verbraucher*innen können darauf achten, nur Fisch und andere Meeresprodukte aus nachhaltiger Fischerei oder ökologischer Erzeugung zu beziehen. Eine Orientierung bieten dabei Zertifikate etwa des Marine Stewardship Council (MSC) oder des Aquaculture Stewardship Council (ASC).

Jede*r kann darauf achten, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Eine Ernährung, die tierische durch pflanzliche Lebensmittel ersetzt, entlastet nicht nur die marinen Ökosysteme. Mit dem Kauf von lokalen, weitgehend verpackungsfreien Lebensmitteln kann jede*r nicht nur Emissionen für die Produktion und Distribution einsparen, sondern auch Müll reduzieren. Die Meere werden nämlich auch durch Verpackungsmüll aus Plastik belastet.

Letztlich kann sich jede*r auf privater und beruflicher, gesellschaftlicher und politischer Ebene dafür einsetzen, dass das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens noch erreicht wird. Das betont auch der Weltklimarat in seinem aktuellen Sechsten Sachstandbericht.

Weiterführende Links

Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz

Umweltbundesamt: Klimawandel der Meere

Weltklimarat IPCC: Sonderbericht Ozean und Kryosphäre

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