15.02.2024 | Hintergrund

Klimawandel, Jahreszeiten und Ökosysteme

Austreibende Blumenzwiebeln; Aufnahme außerhalb der Erde.
Sekundarstufe, Grundschule

Der Klimawandel lässt die Durchschnittstemperaturen steigen. Das führt nicht nur zu häufigeren extremen Wetterereignissen, sondern verschiebt auch die Abläufe in der Natur. Das kann drastische Folgen für einzelne Arten haben und sich auf ganze Ökosysteme auswirken.

Ungewöhnliche Wetterbeobachtungen sorgen für Aufmerksamkeit. Dazu zählen nicht nur extreme Ereignisse wie die Dürre der vergangenen Jahre oder heftige Unwetter. Häufiges Thema ist auch auffällig mildes Wetter in den ersten Monaten des Jahres. Wenn traditionelle „Frühlingsboten“ der Natur, wie die Blüten von Forsythien oder zurückkehrende Zugvögel, ungewöhnlich früh gesichtet werden, wird oft in regionalen Medien darüber berichtet. Auch die unangenehmen Folgen eines vorgezogenen Frühlingsbeginns sind immer wieder Thema: Menschen, die gegen Pollen allergisch sind, spüren dann ungewöhnlich früh die Symptome.

Dass solche Beobachtungen immer häufiger ungewöhnlich früh gemacht werden, ist kein Zufall. Es gehört zu den Folgen der Klimakrise. Seit dem Jahr 2000 wurden neun der zehn wärmsten Jahre in Deutschland gemessen, so der Deutsche Wetterdienst (DWD). 2023 war im Durchschnitt das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen. (Mehr zu den Grundlagen des Klimawandels im Thema Wodurch wird das Klima beeinflusst?)

Fachleute beobachten, dass sich die Pflanzenwelt durch die Klimaveränderungen deutlich verändert hat. Viele Pflanzen blühen früher im Jahr oder treiben früher Blätter aus als vor einigen Jahrzehnten. Das belegen Beobachtungen, die zum Beispiel der DWD sammelt.

Die Verschiebungen können Ökosysteme und Gesundheit belasten

Die Veränderung der Durchschnittstemperaturen kann sich drastisch auf bestimmte Arten auswirken. Dies wiederum kann sich auf Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen den Arten auswirken und somit Folgen für ganze Ökosysteme haben. (Details siehe nachfolgende Abschnitte.)

Die Auswirkungen auf einzelne Arten können sehr unterschiedlich sein. Zum Beispiel kann bei bestimmten Vogelarten ein kürzerer Winter dazu führen, dass sie mehr Jungvögel aufziehen. Andere Arten bekommen dagegen Probleme, zum Beispiel wenn in Zeiten des erhöhten Futterbedarfs während der Brut Nahrung fehlt, weil sich die Abläufe bei Pflanzen und Insekten verschoben haben.

Da unterschiedliche Arten nicht in derselben Weise und Geschwindigkeit auf klimatische Veränderungen reagieren, können sich Artengemeinschaften verändern oder komplett verschwinden und Ökosysteme sich stark wandeln. Gestörte Ökosysteme jedoch können viele für den Menschen wichtige Leistungen nicht mehr ausreichend erbringen.

Hinzu kommen Folgen für die menschliche Gesundheit. Die in Deutschland häufigste allergische Erkrankung ist der Heuschnupfen. Einer der häufigsten Auslöser sind Birken- und Gräserpollen. Es ist davon auszugehen, dass Probleme durch Pollenallergien durch den ⁠Klimawandel⁠ zunehmen, sowohl hinsichtlich der Häufigkeit als auch hinsichtlich der Stärke der Beschwerden.

Welche Veränderungen sind zu beobachten?

Die Veränderungen der natürlichen Abläufe sind deutlich. Insgesamt verlängerte sich die ⁠ Vegetationsperiode⁠ in Deutschland seit 1961 um rund zwei Wochen. Die Vegetationsperiode ist die Zeit des Jahres, in der Pflanzen wachsen, blühen und Früchte tragen.

Besonders deutlich sind die Auswirkungen der Klimaveränderungen im Frühjahr: Gemessen an den Entwicklungen in der Natur beginnt der Frühling deutlich früher.

Diese Entwicklung ist unter anderem durch phänologische Daten des DWD belegt. Phänologie ist die wissenschaftliche Untersuchung von periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen in der Natur. Dafür liefern deutschlandweit viele Hundert Ehrenamtliche Daten an den DWD.

Sie beobachten eine ganze Reihe von Pflanzen, die umgangssprachlich als „Frühlingsboten“ bezeichnet werden. Zu den Vorboten des Frühlings zählen zum Beispiel blühende Schneeglöckchen, Weiden oder Winterjasmin. Je nach Witterung und Standort öffnen sie meist Ende Februar oder Anfang März ihre Blüten.

Etwas später folgen Forsythien, noch später die Obstbäume. Die Apfelblüte gilt bei Fachleuten als Zeichen für den Beginn des sogenannten Vollfrühlings.

Je nach Witterung kann sich der Zeitpunkt der Blüte von Jahr zu Jahr unterscheiden. Um langfristige Veränderungen beurteilen zu können, werden daher Durchschnittswerte für längere Zeiträume betrachtet.

Demnach begann die Haselblüte im Zeitraum 1991 bis 2020 durchschnittlich am 14. Februar. Das ist mehr als zwei Wochen früher als in der vorherigen Periode von 1961 bis 1990, so der DWD. Apfelbäume blühen im Vergleich zu den 1970er-Jahren rund 20 Tage früher.

Wie wirken sich die Veränderungen auf Tier- und Pflanzenarten aus?

Die Veränderungen der Entwicklungsprozesse in der Natur können für bestimmte Tier- und Pflanzenarten zum Problem werden, denn viele Arten sind auf bestimmte Entwicklungen angewiesen. Wenn diese sich verschieben, kann dies Nahrungsbeziehungen gefährden.

Das Risiko betrifft nicht alle Arten gleichermaßen, sondern vor allem die spezialisierten. Im Gegensatz dazu könnten weniger spezialisierte beziehungsweise anpassungsfähigere Arten davon sogar profitieren.

Ein Beispiel ist die Beziehung zwischen Blütenpflanzen und deren Bestäubern. Manche Insektenarten sind auf bestimmte Blüten spezialisiert. Findet die Blüte ungewöhnlich früh statt, bevor die Insekten nach dem Winter aktiv werden, könnten sich Bestäuber und Blütenpflanzen „verpassen“. Dann würden einerseits die Insekten weniger Nahrung finden, andererseits würden den Pflanzen Bestäuber fehlen.

Solche Wechselwirkungen gibt es auch bei Vögeln, insbesondere bei Zugvögeln. Die Brutzeit vieler Vogelarten ist eng mit dem Zeitpunkt im Jahr verknüpft, an dem es ein Maximum an Nahrung gibt. Wenn Vogelzug und Nahrungsangebot zeitlich nicht zusammenpassen, kann die Nahrung knapp werden.

Zum Beispiel kehrt der Trauerschnäpper, der südlich der Sahara überwintert, Ende April nach Deutschland zurück. Er benötigt weiche Schmetterlingsraupen, um seine Jungen zu ernähren. Die haben sich inzwischen allerdings schon verpuppt, wenn die Jungvögel sie als Nahrung brauchen. Die Folge ist, dass die Brut des Vogels schwächer ist und mehr Küken im Nest verhungern.

Auch beim Goldregenpfeifer hängt der Bruterfolg davon ab, wann das Beuteinsekt der Vögel schlüpft, in diesem Fall Schnaken.

Bei den Zugvogelarten in unseren Breiten wird in den vergangenen Jahrzehnten ein früherer Heimzug, ein zunehmend späterer Wegzug, eine Verkürzung der Zugstrecken und häufigeres Überwintern im Brutgebiet beobachtet.

Was bedeuten die Veränderungen für den Menschen?

Wenn sich die Bedingungen für die Entwicklung von Pflanzen ändern, betrifft dies auch Nutzpflanzen. Zum Teil sind diese nicht negativ. So könnte es in manchen Regionen Deutschlands zukünftig möglich sein, Kulturen anzubauen, die ein wärmeres Klima mögen. Dazu gehören Sojabohnen, die bereits zunehmend in Deutschland angebaut werden.

Allerdings muss sich die Landwirtschaft auch auf Hitzeperioden, Trockenheit und mehr Unwetter einstellen. Dabei können zum Beispiel bodenschonende und wassersparende Anbauverfahren eingesetzt werden.

Menschen mit Allergien müssen mit zunehmenden Belastungen rechnen. Zum einen verschieben sich Blütezeiten und somit der Pollenflug. Zum anderen kann auch die Ausbreitung exotischer Gewächse zu Gesundheitsproblemen führen. Zum Beispiel findet sich die allergieauslösende Beifuß-Ambrosie immer häufiger in Deutschland.

Wie anpassungsfähig sind Arten und Ökosysteme?

Grundsätzlich gibt es mehrere Möglichkeiten, wie Arten auf Klimaveränderungen reagieren können. Sie können ausweichen oder sich anpassen. Wenn dies nicht in ausreichendem Maße gelingt, kann das bestimmte Populationen oder den Bestand der Art gefährden.

Bei vielen Arten ist zu beobachten, dass sie ausweichen. Die räumliche Verbreitung vieler Tier- und Pflanzenarten verändert sich.

Ein weiterer Aspekt ist, dass die Klimaveränderungen die Ausbreitung sogenannter invasiver Arten begünstigen. Das sind Arten, die durch den Einfluss des Menschen in einen neuen Lebensraum gelangen, sich dort etablieren und den Bestand der natürlich vorkommenden Arten schädigen, zum Beispiel durch Verdrängen. Invasive Arten gelangen teilweise absichtlich in neue Verbreitungsgebiete, zum Beispiel weil sie als Nutzpflanzen eingeführt werden. Unabsichtlich können Arten zum Beispiel mit der Fracht von Lkw oder Flugzeugen in neue Regionen gelangen. (Mehr dazu im Thema des Monats „Fremde“ Arten – Was heißt hier „Invasion“?)

Welche Folgen speziell die zeitlichen Veränderungen der natürlichen Entwicklungsprozesse – wie der früher eintretende Frühling – für die biologische Vielfalt sowie Strukturen und Funktionen von Ökosystemen haben, ist bisher kaum erforscht.

Insgesamt jedoch verändert der Klimawandel teils massiv die Lebensräume von Tieren und Pflanzen und bedroht so auch direkt und indirekt die Artenvielfalt.

Ökosysteme schützen – für Biodiversität und Klima

Ökosysteme sind nicht nur betroffen durch die Folgen des Klimawandels. Sie spielen auch eine zentrale Rolle, wenn es um Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen geht. Ökosysteme erbringen verschiedene Leistungen, die nicht zuletzt für uns Menschen wichtig sind.

Dazu gehört der natürliche Klimaschutz. Ökosysteme speichern das Treibhausgas Kohlendioxid. Durch das Wachstum der Vegetation, durch Torfbildung in Mooren und Humusbildung in natürlichen Grasflächen und Wäldern wird Kohlenstoff gebunden.

Gestörte Ökosysteme können solche Leistungen nicht mehr im vollen Maße erbringen, weshalb ihr Schutz von großer Bedeutung ist. Die Erhaltung und Wiederherstellung von Ökosystemen kann als ein Ansatz für Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel verstanden werden. Fachleute sprechen von naturbasierten beziehungsweise ökosystembasierten Ansätzen. Darunter fallen alle Maßnahmen, die die Beziehungen zwischen den Arten und innerhalb des Ökosystems stärken. Wenn Ökosysteme stabil sind, verbessert dies die Chancen, dass sie sich an veränderte Klimabedingungen anpassen.

Hier setzt unter anderem das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) der Bundesregierung an. Ziel ist es, Ökosysteme zu schützen, zu stärken und wiederherzustellen, damit sie natürliche Klimaschützer bleiben können.

Weiterführende Links zum Thema

Umweltbundesamt: Veränderung der jahreszeitlichen Entwicklungsphasen bei Pflanzen

NABU (Naturschutzbund Deutschland) e. V.: Der Klimawandel verschiebt die Vegetationsphasen der Pflanzen

Deutscher Wetterdienst: Phänologie im Klimawandel – Verschiebung der phänologischen Jahreszeiten

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