14.03.2024 | Hintergrund

Nutzen und Risiken der Raumfahrt

Sekundarstufe

Die Raumfahrt hat sich stark verändert. Während sie früher von staatlichen Projekten bestimmt war, sind zunehmend private Unternehmen aktiv. Immer wieder sorgen sie für Aufsehen, zum Beispiel mit innovativer Raketentechnologie oder Plänen für Weltraumtourismus. Mittlerweile wächst die Raumfahrt so stark, dass auch Risiken für Umwelt und Klima stärker in den Blick rücken. Dazu gehört auch der sogenannte Weltraumschrott. Welche Bedeutung hat die Raumfahrt für unsere Gesellschaft – und wie kann sie nachhaltiger werden?

Was ist der Anlass?

In den vergangenen Jahren sorgte die Raumfahrt zunehmend für Aufmerksamkeit in den Medien, zum Beispiel mit experimentellen Starts wiederverwendbarer Raketen , Touristenausflügen ins All oder Diskussionen über das umstrittene Geoengineering.

Auch wenn manche Pläne futuristisch klingen mögen, spielt die Raumfahrt schon heute eine wichtige Rolle für Wirtschaft, Wissenschaft und unseren Alltag. Die Anwendungen reichen von Wettervorhersagen über Navigation bis hin zu Kommunikation, zum Beispiel Internetverbindungen in entlegene Regionen oder Fernsehübertragungen.

Für den Klima- und Umweltschutz spielt die Raumfahrt sogar eine zentrale Rolle: Dank Fernerkundung durch Satelliten hat sich unser Verständnis des Erdsystems in den vergangenen Jahrzehnten enorm verbessert. Um den Zustand unserer Erde zu verstehen und zu bewerten, ist die Technik im Weltall unerlässlich.

Mittlerweile wächst die Raumfahrt allerdings so rasant, dass auch Risiken für Umwelt und Klima stärker in den Blick rücken. Dazu gehört der sogenannte Weltraumschrott.

Die Zahl der Raketenstarts hat sich vervielfacht und wird weiterwachsen. In der Wissenschaft und in der Politik wird daher darüber diskutiert, wie wir mit den Veränderungen in der Raumfahrt umgehen sollten. Die Bundesregierung zum Beispiel hat im September 2023 eine neue Raumfahrtstrategie beschlossen. Darin spielen auch Nachhaltigkeit und Umweltschutz eine große Rolle.

Welche problematischen Entwicklungen gibt es?

Einerseits bringt die Raumfahrt großen Nutzen mit sich. Die satellitengestützte Erdbeobachtung, die für Umwelt- und Klimaschutz eine große Rolle spielt, ist ein Beispiel. Andererseits gibt es auch Risiken. Dazu gehören Belastungen der Umwelt durch Treibhausgase, Ressourcenverbrauch, Schadstoffe und Weltraumschrott.

Die Belastungen werden durch das starke Wachstum in der Raumfahrtbranche voraussichtlich noch weiter ansteigen.

Gleichzeitig ist der erdnahe Weltraum eine begrenzte Ressource, die durch die zunehmende Nutzung immer knapper wird. Es wird enger auf einigen Erdumlaufbahnen, nicht nur durch die aktiven Satelliten. Auch alte und kaputte Satelliten sowie Weltraumschrott sammeln sich dort an. Wenn immer mehr Objekte um die Erde kreisen, müllt der Erdorbit zu und ist nicht mehr sicher nutzbar. Weltraumschrott kann aktive Satelliten und andere Raumfahrzeuge gefährden. Die Internationale Raumstation (ISS) zum Beispiel wurde bereits etliche Male von kleinen Teilen getroffen, die glücklicherweise nur geringe Schäden verursacht haben. (Siehe auch Abschnitt: Wie groß ist das Problem mit dem Weltraumschrott?)

Daher ist es wichtig, dass Weltraummissionen nachhaltiger werden.

Welche Bedeutung hat das Thema?

Die Raumfahrt nachhaltig zu entwickeln, ist zum einen wichtig, weil ihre Anwendungen eine große Bedeutung haben und kaum zu ersetzen sind. Zum anderen entwickelt sich die Raumfahrt zurzeit sehr schnell, die Zahl der Raketenstarts und die Zahl der Satelliten im Orbit hat sich innerhalb kurzer Zeit vervielfacht.

Die Bedeutung der Raumfahrt wird deutlich, wenn man sich einen Tag ohne Satelliten vorstellt: Viele Medienübertragungen, Telefon- und Datenverbindungen würden ausfallen, Flugzeuge und Schiffe könnten nicht mehr richtig navigieren, Wetter- und Umweltbeobachtungen würden unterbrochen und der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei würden wichtige Daten fehlen. Der Ausfall der Satelliten hätte außerdem massive Folgen für die Wissenschaft und die nationale Sicherheit.

Unsere technischen Begleiter in der Erdumlaufbahn sind also immens wichtig für das Funktionieren unserer Gesellschaft.

Fachleute sehen in der Raumfahrt außerdem große Chancen für die Wirtschaft. Sie könnte neue Geschäftsfelder für Unternehmen bieten.

Insgesamt hat die Menschheit bereits über 17.000 Objekte in den Weltraum geschickt. Dazu zählen Satelliten, Sonden und bemannte Raumschiffe. Der Anteil privater Firmen steigt. 2016 gab es noch rund 200 private Missionen, die in den Weltraum abhoben, mittlerweile sind es weit über 2.000 – jedes Jahr. Das ist ein Anstieg um das Zehnfache. Allein das Starlink-Netzwerk der Firma SpaceX besteht aus über 5.000 Satelliten im Erdorbit.

Wie entwickelt sich die Raumfahrt zurzeit?

Die Entwicklung des Weltraummarkts verläuft derzeit sehr schnell. In diesem Zusammenhang ist oft von "New Space" die Rede. Mit diesem Schlagwort werden die Veränderungen zusammengefasst: Während bis in die 2000er-Jahre Raumfahrt hauptsächlich staatlich betrieben wurde, hat sich nun eine stark durch private Unternehmen geprägte Branche entwickelt.

Neben staatlichen Institutionen wie der US-amerikanischen NASA und Ländern wie China sind private Unternehmen wie SpaceX, BlueOrigin und Virgin Galactic wichtige Akteure.

Die Unternehmen produzieren, liefern und betreiben Raumfahrzeuge, Satelliten und bodenbasierte Ausrüstung, und sie führen Raketenstarts durch und bringen Last ins All – etwa zur Internationalen Raumstation (ISS).

SpaceX etwa sorgt mit Starlink für eine Internetversorgung in Gebieten, die nicht gut ans bodengebundene Netz angebunden ist. Auch Deutschland ist am internationalen Markt im Weltraum beteiligt, insbesondere beim Satellitenbau.

Wie nutzen wir die Raumfahrt?

Es gibt viele Anwendungen. Eine besonders wichtige Rolle spielt die Erdbeobachtung. Satelliten beobachten unseren Planeten aus dem All und liefern uns Daten und Bilder. Diese Beobachtungen aus dem All haben einen enormen Beitrag zum Verständnis unseres Planeten und seines Klimasystems geleistet.

Satelliten liefern unter anderem Informationen über Luft- und Bodentemperaturen, über die Ozonschicht, den Zustand der Meere, die Eismassen und die Beschaffenheit der Erdoberfläche.

Satellitenbeobachtungen nutzen wir auch im Alltag. Dazu gehören die Wettervorhersage sowie Kartendienste wie Google oder Apple Maps. Die Landschaften, die man dort sieht, sind teilweise Satellitenbilder, teilweise auch Luftaufnahmen.

Ein Beispiel für die Erdbeobachtung aus dem All ist das europäische Copernicus-Programm. Es liefert mit seinen Satelliten unter anderem Daten für den Umweltschutz, die Klimaüberwachung und die Einschätzung von Naturkatastrophen.

Ohne Satellitendaten wäre auch das Projekt "Destination Earth" (DestinE) nicht möglich. Damit will die Europäische Union einen sogenannten digitalen Zwilling der Erde entwickeln. Gemeint ist eine Simulation, die hilft, Veränderungen im Erdsystem nachzuvollziehen, etwa Extremwetterereignisse und andere natürliche und menschengemachte Klimaveränderungen.

Im "Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz" hat die Bundesregierung festgehalten, dass sie die Potenziale der Fernerkundung für den natürlichen Klimaschutz weiter erschließen will.

Wie umwelt- und klimaschädlich ist die Raumfahrt?

Die starke Zunahme der Raketenstarts wirft die Frage auf, wie sich die damit verbundenen Emissionen auswirken. Die Auswirkungen der Raumfahrt auf das Klima werden derzeit insgesamt noch als relativ gering eingeschätzt. Zwar stoßen Raketen große Mengen an Treibhausgasen aus, doch die Starts machen nur ein Prozent der CO2-Emissionen der Luftfahrt aus. Die Luftfahrt wiederum ist insgesamt für nur etwa drei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich.

Anders als Flugzeuge fliegen Raketen aber senkrecht durch alle Schichten der Atmosphäre. Ob ihre Treibhausgase und anderen Schadstoffemissionen weiter oben in der Atmosphäre eine besonders starke Klimawirkung entfalten, wird noch erforscht.

Wie groß ist das Problem mit dem Weltraumschrott?

Viel diskutiert wird über die Zunahme des sogenannten Weltraumschrotts. Wenn Satelliten kaputtgehen, sammeln sich Teile davon im Orbit. Obwohl sie nicht mehr funktionsfähig sind, kreisen sie noch um die Erde. Sie können klein sein wie ein Farbsplitter oder groß wie ein ganzer Wettersatellit. Nach 60 Jahren Raumfahrt schwirren heute Millionen kleiner und größerer Teile von Müll um unseren Planeten. Schätzungen der NASA zufolge wiegen sie zusammen über 9.000 Tonnen.

In der Erdumlaufbahn kann es zu Kollisionen mit dem Weltraumschrott kommen, bei denen noch funktionierende Satelliten beschädigt werden. Dabei können Tausende neuer Fragmente entstehen, die dann die Nutzung der Umlaufbahnen noch gefährlicher machen.

Müssen zerstörte Satelliten ersetzt werden, bedeutet das eine zusätzliche Umweltbelastung durch Produktion neuer Geräte und ihren Transport ins All. Und auch beim Wiedereintritt von Satelliten in die Atmosphäre könnte es Umweltbelastungen geben: Dabei entstehenden Metalle in der Stratosphäre, die Einfluss auf die lebenswichtige Ozonschicht haben könnten.

Wie kann die Raumfahrt nachhaltiger werden?

Zu den wichtigsten Innovationen der Raumfahrt in den vergangenen Jahren gehören wiederverwendbare Trägerraketen. Sie können Satelliten oder Nutzlast für die ISS in den Erdorbit bringen und anschließend wieder landen und erneut genutzt werden, anstatt zu verglühen. Außerdem sind viele Satelliten heute sehr klein. Das bedeutet, dass Ressourcen effizienter eingesetzt werden. Das ist auch aus Sicht der Umwelt ein Vorteil.

Die Weltraumindustrie arbeitet daran, die Wiederverwendbarkeit weiter zu verbessern. Auch in anderen Bereichen wird daran gearbeitet, die Auswirkungen der Raumfahrt auf die Umwelt zu verringern.

Um die Klimafolgen zu verringern und Luftverschmutzung zu vermeiden, wird über alternative Treibstoffe diskutiert. Erste Studien legen nahe, dass bestimmte Treibstoffe effizienter verbrennen und dadurch weniger klimaschädliche Gase produzieren.

Der Weltraumschrott wird bereits gezielt beobachtet und katalogisiert. Das gilt jedoch nur für Teile ab einer bestimmten Größe. Als wichtigste Maßnahme gegen Weltraumschrott gilt, ihn gar nicht erst entstehen zu lassen. Verschiedene internationale Organisationen arbeiten an Maßnahmen zur Vermeidung von Weltraummüll. Konkrete, verbindliche internationale Regeln zur Müllvermeidung im All gibt es bisher nicht.

Ein grundlegendes Regelwerk gibt es bereits, den 1967 geschlossenen Weltraumvertrag. Er legt die Grundsätze für friedliche Weltraumaktivitäten aller Länder fest. Laut dem Vertrag sind der Weltraum und die Himmelskörper Gemeingut der Menschheit. Eine zentrale Regelung ist, dass die einzelnen Staaten für ihre nationalen Raumfahrtaktivitäten verantwortlich sind. Darüber hinaus gibt es eine internationale Konvention zur Haftung für Schäden durch Objekte im All. Demnach sind die Staaten, die einen Start veranlassen, verantwortlich für mögliche Schäden, die durch die in den Weltraum gebrachten Objekte verursacht werden.

Der Vertrag hat jedoch große Lücken und gilt als veraltet. Aus der Wissenschaft gibt es Forderungen, einen internationalen Vertrag zum Schutz des Erdorbits abzuschließen. Dafür gibt es Vorbilder, wie das Schutzabkommen für Hochseegebiete.

Was kann ich selbst tun?

Die Raumfahrt ist ein faszinierendes Thema. Es gibt viele Möglichkeiten, sich näher damit zu beschäftigen, auch in der Bildungspraxis.

Große Raumfahrorganisationen wie die Europäische Weltraumorganisation (ESA) und ihr US-amerikanisches Pendant, die NASA, bieten im Internet viele Informationen über ihre Arbeit. Spannend ist etwa der YouTube-Channel der ESA und ihr Angebot für Kinder und für den Bildungsbereich.

Darüber hinaus bieten Raumfahrorganisationen und Forschungsprojekte oft sogar direkten Zugang zu Daten und Satellitenbildern. Die ESA informiert auf einer Internetseite über öffentlich zugängliche Erdbeobachtungsdaten.

Weiterführende Links

Deutsche Luft- und Raumfahrtagentur: Erdbeobachtung (Broschüre, PDF) 

Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB): New Space – neue Dynamik in der Raumfahrt

Bundesregierung: Raumfahrtstrategie (PDF)

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