22.02.2018 | Hintergrund

Wölfe – Schutz für eine umstrittene Tierart

Ein Wolfspaar
Grundschule, Sekundarstufe

Seit dem Jahr 2000 gibt es wieder wildlebende Wölfe in Deutschland. Während Fachleute dies als Erfolg für den Artenschutz werten, sorgen einzelne Begegnungen mit Wölfen immer wieder für Aufsehen oder gar Skepsis. Wie viel Platz gibt es in der heutigen Kulturlandschaft noch für das Raubtier Wolf?

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts galt der Wolf in Deutschland als ausgerottet. Es war eine Sensation, als 1996 in der Lausitz ein in freier Wildbahn lebender Wolf gesichtet wurde. Doch seitdem im Jahr 2000 nachgewiesen wurde, dass ein Wolfsrudel in der Lausitz Nachwuchs bekam, gilt der Wolf wieder als heimische Art. Und er fasst weiter Fuß, so kommentiert das Bundesamt für Naturschutz (BfN) die Entwicklung des Bestandes. Im Monitoringjahr 2016/2017 waren in Deutschland insgesamt 60 Wolfsrudel, 13 Wolfspaare und drei sesshafte Einzelwölfe bestätigt.

Die Zahlen zeigen, dass die Art immer noch sehr selten ist. Die Erhaltungssituation der Wölfe gilt als insgesamt ungünstig, so das BfN.  Doch obwohl es ausgesprochen unwahrscheinlich ist, in Deutschland einem Wolf zu begegnen, sorgen die Tiere für viel Aufsehen.

Immer wieder erscheinen Berichte über Begegnungen mit dem Wolf, in denen Skepsis gegenüber den Tieren deutlich wird. Zum Beispiel, wenn bekannt wird, dass Wölfe Schafe reißen, wie im Oktober 2017 bei Heilbronn. Oder wenn sich die Tiere Menschen, Haustieren oder Siedlungen nähern. So wurde Anfang 2018 ein Wolf im Landkreis Görlitz mit Genehmigung der Behörden erschossen, weil er Hunde getötet hat. In wenigen weiteren Fällen wurden in den vergangenen Jahren Abschussgenehmigungen für sogenannte Problemwölfe erteilt.

Ebenfalls Anfang 2018 war der Wolf Gegenstand einer teilweise hitzigen Bundestagsdebatte. Während einige Abgeordnete vor Gefahren für Nutztiere oder sogar für Menschen warnten und forderten, die Jagd auf Wölfe zu erlauben, bezeichneten andere dies als Panikmache.

Die Debatte und viele der Medienberichte über die Tiere scheinen eine Einschätzung des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zu bestätigen: Der Wolf ist eine der umstrittensten Tierarten Europas. Seine Rückkehr nach Deutschland wirft die Frage auf, wie viel Platz der Mensch dem Wolf in der heutigen Kulturlandschaft lässt.  

Wie haben sich Wölfe in Deutschland verbreitet?
Wölfe waren einst die am weitesten verbreitete Säugetierart der Erde. Sie lebten in fast allen Lebensräumen der Nordhalbkugel. Doch Wölfe wurden jahrhundertelang verfolgt. In weiten Teilen Nord- und Mitteleuropas wurde die Art ausgerottet. Im Gebiet des heutigen Deutschland waren Wölfe um 1850 so gut wie verschwunden. Das letzte Tier wurde im Jahr 1904 erschossen. 

In den vergangenen Jahrzehnten nahm die Zahl der Tiere in Europa wieder zu, und diese kehren in manche ihrer früheren Lebensräume zurück. Bereits seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wanderten immer wieder einzelne Tiere aus Polen nach Deutschland ein. Sie überlebten jedoch nicht: Im Laufe der Zeit wurden mindestens 28 Wölfe erschossen, fünf überfahren.  

Mitte der 1990er-Jahre siedelte sich in der Lausitz, einer Region an der polnischen Grenze in Sachsen, wieder ein Wolf an. Im Jahr 2000 wurde nachgewiesen, dass dort ein Rudel lebte. Da junge Wölfe auf der Suche nach einem eigenen Revier oft weite Strecken zurücklegen, breiteten die Wölfe sich rasch in Deutschland aus.  

Heute umfasst das Verbreitungsgebiet sieben Bundesländer: Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Bayern und Niedersachsen. Die Zahl der Wölfe hat deutlich zugenommen: Während das erste Rudel im Monitoringjahr 2000/2001 bestätigt wurde, waren es 2010/2011 deutschlandweit sieben Rudel, sieben Paare und sechs sesshafte Einzelwölfe. Heute (Monitoringjahr 2016/2017) leben in Deutschland insgesamt 60 Wolfsrudel, 13 Wolfspaare und drei sesshafte Einzelwölfe. Das Verbreitungsgebiet hat sich jedoch nicht in dem Maß ausgeweitet, wie es die Zunahme der Rudelzahlen vermuten ließe. Vielmehr hat sich die Population in einem vom Osten Deutschlands in den Nordwesten reichenden Korridor verdichtet. Die meisten Wölfe leben in Brandenburg und Sachsen. 

In anderen Bundesländern gibt es immer wieder Sichtungen oder Funde einzelner Wölfe. So wurden im März und April 2015 in Hessen zwei Wölfe auf Autobahnen angefahren und getötet. Weitere Sichtungen gab es unter anderem in Nordrhein-Westfalen. Bisher hat sich dort aber kein Wolf angesiedelt.  

Der Naturschutzbund (NABU) hält es für realistisch, dass sich Wölfe weiter in Deutschland ausbreiten.  

Wie leben Wölfe?
Grundsätzlich können sich Wölfe an die verschiedensten Lebensräume anpassen, auch an die Kulturlandschaft Mitteleuropas. Sie können in enger Nachbarschaft mit Menschen leben und sind nicht auf Wildnisgebiete angewiesen. In Italien zum Beispiel leben Wölfe in unmittelbarer Nähe von Rom. In Spanien leben einige Rudel in Getreidefeldern. Das BfN fasst zusammen, dass Wölfe in Europa vor allem dort überlebt haben, wo sie von den Menschen toleriert wurden. 

Wölfe leben im Rudel. Das sind Wolfsfamilien, die aus den Eltern und den ein- und zweijährigen Jungtieren bestehen. Im Alter von zehn bis 22 Monaten verlassen die Jungwölfe das Rudel. Ein Rudel erhebt Anspruch auf ein bestimmtes Territorium, das gegen andere Wölfe verteidigt wird. Daher ist die Zahl der Wölfe in einem Gebiet begrenzt. Wie groß die Territorien sind, hängt von den Beutetieren ab. In Polen beanspruchen die dort lebenden Wolfsrudel zwischen 150 und 350 Quadratkilometer. In Skandinavien reicht die Größe bis über 2000 Quadratkilometer.  

Wölfe, die aus einem Rudel abwandern, können sehr weite Strecken zurücklegen. Es wurden Wanderungen von mehreren hundert Kilometern nachgewiesen. Unter günstigen Bedingungen kann sich die Art also schnell ausbreiten.  

Beutetiere der Wölfe sind in Mitteleuropa vor allem Rehe, Rothirsche und Wildschweine. Wölfe töten die Tiere, die sie am leichtesten erreichen können. Daher werden oft alte, kranke oder schwache Tiere zur Beute, aber auch Jungtiere. In Südeuropa ernähren sich Wölfe zum Teil auch von Haustieren und Abfall.  

Gefahren drohen Wölfen vor allem durch den Menschen. Vor allem die Zerschneidung der Landschaft durch Verkehrswege ist für Wölfe ein Problem. Allein im Jahr 2017 wurden in Deutschland 51 tote Wölfe aufgefunden. Davon starben 36 durch einen Verkehrsunfall, vier wurden illegal getötet. 

Was steckt hinter der Diskussion über Wölfe?
Für Aufsehen sorgen Wölfe vor allem, weil sie Raubtiere sind, vor denen die Menschen seit jeher Respekt haben. Die Vorstellung vom "bösen Wolf" ist jedoch tatsächlich nur ein Märchen. Wölfe gehen Menschen in der Regel aus dem Weg, denn diese gehören nicht ins Beuteschema der Tiere.  

Dennoch schüren Wölfe Ängste und Misstrauen bei den Menschen, weil sie immer wieder Schafe oder andere Nutztiere reißen, sehr selten auch Haustiere. Denn wie andere Wildtiere bevorzugen sie leichte Beute. Bereits kurz nach der Wiederansiedlung in Deutschland kam es in Sachsen zu einem Angriff, der die Bedenken zu bestätigen schien: Wölfe rissen im Jahr 2002 bei Mühlrose 33 Schafe. Seitdem kommt es immer wieder vor, dass Wölfe Schafe reißen.

Ob es an solchen Schäden liegt oder am traditionellen Misstrauen: Speziell Wölfe haben in Deutschland bis heute ein schlechtes Image. So gaben in einer Umfrage des Bundesamtes für Naturschutzes von 2013 zwar 65 Prozent der Befragten an, dass ihnen Natur umso besser gefällt, je "wilder" sie ist. Doch gleichzeitig gaben 41 Prozent an, es nicht gut zu finden, wenn sich Wölfe in Deutschland verbreiten. Der Wolf erhielt damit den höchsten Wert der Ablehnung unter den Tierarten. Allerdings gaben gleichzeitig 44 Prozent an, die Verbreitung des Wolfes gut zu finden.  

Wie können Menschen und Wölfe miteinander auskommen? 
Wölfe stehen in Deutschland unter strengem Schutz. Sie fallen unter die Bestimmungen verschiedener Artenschutzregelungen auf internationaler Ebene, im Bundes- sowie im Landesrecht. Sie genießen unter anderem höchsten Schutzstatus gemäß der sogenannten Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) der EU und gehören zu den streng geschützten Arten gemäß Bundesnaturschutzgesetz.  

Doch in Deutschland gibt es fast keine ursprüngliche Wildnis mehr. In Schutzgebieten wie den Nationalparks gibt es keine Gebiete, die ausreichend groß sind, um als Lebensraum für Raubtiere wie Wölfe zu dienen. Fast die gesamte Fläche Deutschlands besteht aus sogenannten Kulturlandschaften. Hier prägt der Mensch das Landschaftsbild. In Deutschland wird mehr als die Hälfte der Fläche landwirtschaftlich genutzt. Auch Wälder werden überwiegend bewirtschaftet. Großen Raum nehmen zudem Siedlungs- und Verkehrsflächen ein, wo der Mensch naturgemäß besonders aktiv ist.  

Behörden und Naturschutzorganisationen bemühen sich daher darum, ein Auskommen von Wölfen und Menschen zu ermöglichen. Auf Länderebene wurde darum das sogenannte „Wolfsmanagement“ eingerichtet. Auf Bundesebene gibt es zudem eine Dokumentations- und Beratungsstelle zum Wolf. 

Zum Wolfsmanagement gehört das Monitoring – das heißt die Überwachung der Wolfsvorkommen. Es wird untersucht, wie viele Wölfe im jeweiligen Bundesland leben und wohin sie sich bewegen.  

Weitere zentrale Aufgaben sind die Öffentlichkeitsarbeit sowie der Schutz von Nutztieren. Die Öffentlichkeitsarbeit soll unter anderem Sorgen und Ängste der Bevölkerung aufgreifen und unbegründete Vorurteile abbauen helfen. Es gibt geschulte Ansprechpartner sowie eine zentrale Informationsstelle. 

Zum Schutz von Nutztieren werden Tierhalter unterstützt und bewährte Herdenschutzmethoden angewendet. Dazu gehören der Aufbau von Zäunen und der Einsatz von Herdenschutzhunden. Wenn trotzdem Nutztiere getötet werden, gehört es zu den Aufgaben des Wolfsmanagements, zu untersuchen, ob Wölfe als Verursacher in Frage kommen. 

Zur Förderung der Akzeptanz gehört auch, dass Nutztierhalter und -halterinnen Entschädigungen erhalten können, falls tatsächlich Nutztiere durch Wölfe gerissen werden. In den Bundesländern, in denen Wölfe auftreten, wird nach Übergriffen auf Nutztiere der Schaden untersucht. Wenn er tatsächlich durch Wölfe verursacht wurde, zahlen Landesbehörden eine Entschädigung.  

Der Wolf stellt keine besonderen Ansprüche an seinen Lebensraum. Wichtig ist für ihn das Vorhandensein seiner Hauptbeutetiere: Reh-, Rot- und Schwarzwild. Geeignete wildreiche Lebensräume, die durch Straßen und Bahnstrecken zerschnitten werden, können wieder vernetzt werden. Dazu können zum Beispiel Grünbrücken über Autobahnen oder Durchlässe angelegt werden. Davon würden neben Wölfen auch viele andere Arten profitieren, zum Beispiel Luchs, Wildkatze und Rothirsch.  

Weiterführende Links

Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf
https://www.dbb-wolf.de/die-dbbw 

Bundesamt für Naturschutz: Der Wolf (Canis lupus) – Bestand, Prävention und Einschätzung von Wolfsverhalten
https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/presse/2017/Dokumente/Pressehintergrund_Wolf_2017bf.pdf 

Kontaktbüro Wölfe in Sachsen
http://www.wolf-sachsen.de

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