19.09.2024 | Hintergrund

Das Bio-Siegel und nachhaltiger Konsum

Bio-Siegel der Europäischen Union
Sekundarstufe, Grundschule

Der Markt für Bio-Produkte in Deutschland boomt. Fast alle Supermärkte bieten Lebensmittel aus ökologischer Herstellung an. Doch was genau zeichnet Bio-Lebensmittel aus – und welchen Beitrag leisten sie zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit?

Der deutsche Markt für Bio-Produkte wächst: Die Umsätze der Bio-Betriebe und der Anteil an Produkten aus ökologischer Produktion am Lebensmittelmarkt steigen. 2023 setzten die Händler*innen die Rekordsumme von 16 Milliarden Euro um, nachdem der Umsatz 2022 vor allem inflationsbedingt zurückgegangen war. Das ist achtmal mehr als im Jahr 2000. Auch die Zahl der Ökobetriebe ist in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen – mit Ausnahme eines leichten Rückgangs 2023 –, obwohl die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe insgesamt sinkt.

Während die Bedeutung von Bio-Lebensmitteln zunimmt und viele Menschen sie bewusst kaufen, werden manche Aspekte in Medien und Gesellschaft kontrovers diskutiert. Häufig wird zum Beispiel die Annahme genannt, dass biologisch erzeugte Lebensmittel teurer seien. Auch Gesundheit ist immer wieder Thema: Sind Biolebensmittel gesünder? Ähnliche Fragen gibt es zu den Vor- und Nachteilen von Biowaren für Klima, Umwelt und Tierwohl (mehr dazu im Abschnitt "Wie Biolandbau die Umwelt schont – und was er nicht kann").

Trotz mancher Einschränkungen und Ausnahmen: Für die Umwelt haben Biolebensmittel insgesamt klare Vorteile. Die deutsche Politik fördert daher ihre Produktion.

Warum ist ein Wandel bei der Lebensmittelproduktion nötig?

Wie wir essen, beeinflusst nicht nur unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Es wirkt sich auch auf Umwelt und Klima aus und auf die Artenvielfalt.

Das ist sehr vielen Menschen bewusst. Die meisten Menschen in Deutschland wollen gesund und nachhaltig essen. Laut Ernährungsreport 2023 ist es 91 Prozent der Menschen wichtig, sich gesund zu ernähren. 74 Prozent legen Wert darauf, dass Lebensmittel umwelt- und ressourcenschonend produziert werden.

Trotz dieser Ansprüche sind die durchschnittlichen Ernährungsgewohnheiten nicht gesund und nachhaltig, gemessen z.B. an fachlichen Empfehlungen wie die der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE). Das zeigt, dass ein Bewusstsein für nachhaltige Ernährung nicht reicht, um ein entsprechendes Essverhalten im Alltag umzusetzen. Es gibt viele Hindernisse: das Angebot ist groß und unübersichtlich, die Informationen zum Thema sind komplex, oder es fehlen schlicht das Wissen, Zeit oder Geld. Die Rahmenbedingungen machen es uns schwer, uns nachhaltig zu ernähren.

Doch eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten ist nötig, nicht nur aus gesundheitlichen Gründen. Denn die vorherrschende Produktionsweise von Lebensmitteln schadet Umwelt, Biodiversität und Klima (mehr dazu im nächsten Abschnitt). 

Um die schädlichen Auswirkungen zu reduzieren, braucht es ein nachhaltiges Ernährungssystem (siehe auch Thema: Welche Landwirtschaft brauchen wir?). Zum Ernährungssystem gehören die Produktion der Rohstoffe in der Landwirtschaft, die Verarbeitung und der Konsum von Lebensmitteln sowie die Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen diesen Bereichen.

Ökologisch angebaute Lebensmittel spielen für ein nachhaltiges Ernährungssystem eine wichtige Rolle. Deutschland fördert die ökologische Landwirtschaft daher mit politischen Maßnahmen und hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 einen Flächenanteil von 30 Prozent zu erreichen.

Wie relevant sind die Auswirkungen der Lebensmittelproduktion für Umwelt und Klima?

Unser Lebensmittelkonsum wirkt sich in erheblichem Maße auf das Klima aus. Laut Weltklimarat ist das globale Ernährungssystem grob geschätzt für 21 bis 37 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. In Deutschland beträgt der Anteil etwa ein Fünftel (20 Prozent) der Treibhausgasemissionen.

Das Ernährungssystem ist mitverursachend für das sogenannte Artensterben, den weltweit zu beobachtenden Verlust von Arten beziehungsweise der biologischen Vielfalt, und es ist weltweit verantwortlich für 80 Prozent der Landnutzungsänderung. Mehr dazu im Thema Biodiversität weltweit: Der Zustand der Natur.

Einen besonders großen ökologischen Fußabdruck haben tierische Lebensmittel. Ihre Erzeugung geht mit einem hohen Einsatz endlicher Ressourcen wie Wasser, fruchtbarer Böden, Phosphor und fossiler Energien einher. Rund 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen weltweit werden für die Produktion tierischer Lebensmittel genutzt, darunter 67 Prozent Gras- und Weideland. Vergleichswerte für den ökologischen Fußabdruck verschiedener pflanzlicher und tierischer Lebensmittel finden sich in einer vom Umweltbundesamt beauftragten Studie.

Mehr dazu im Thema: Welche Landwirtschaft brauchen wir?

Wie kommt es zu Umweltbelastungen durch die Lebensmittelproduktion?

Die Landwirtschaft hat ihre Produktivität enorm gesteigert. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnte in Deutschland? ein*e Landwirt*in vier Personen mit Lebensmitteln versorgen. Heute sind es rund 140 Personen.

Grund für diese Produktivitätssteigerung sind technische Fortschritte und der Einsatz von leistungsstarken Maschinen, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sowie Fortschritte in der Züchtung. Diese Intensivierung hinterlässt Spuren.

Zu den Ursachen der Beeinträchtigung der Umwelt zählen insbesondere:

  • unerwünschte Wirkungen von Pflanzenschutzmitteln, die dazu führen, dass die Artenvielfalt abnimmt und sich die Gewässervielfalt angrenzender Biotope verschlechtert,
  • Verschlechterung der Bodenqualität durch Bodenbearbeitung und Einsatz von Maschinen,
  • Freisetzung von Treibhausgasen und anderen Schadstoffen durch Düngemittel,
  • Belastung von Wasser- und Landökosystemen durch ein Übermaß von Stickstoffdünger, der in Gewässern zum Beispiel zu starker Algenbildung und Sauerstoffmangel führen kann,
  • klimaschädliche Lachgas- und Methanemissionen aus der Tierhaltung,
  • Verlust von natürlichen Lebensräumen in der Agrarlandschaft durch Entfernung von vielfältigen natürlichen Landschaftselementen wie Hecken, Weiher oder Ackerrandstreifen.

Für die Erzeugung von Lebensmitteln wird außerdem Wasser benötigt. Die benötigte Menge sieht man dem Produkt nicht an, sie wird daher als "virtuelles Wasser" bezeichnet. Wo genügend Wasser vorhanden ist, ist der Wasserbedarf für Lebensmittel unproblematisch. Jedoch kann der Wasserbedarf der Landwirtschaft in Gebieten mit Wasserknappheit ein Problem werden. Dies ist in mehreren südeuropäischen Ländern bereits der Fall. Bekannt ist vor allem das Beispiel Südspaniens. Von dort stammt rund ein Viertel der Obst- und Gemüseimporte nach Deutschland? (Stand 2022).

Wasser wird außerdem bei der Verarbeitung von Lebensmitteln benötigt. Darüber hinaus wird Energie benötigt für Prozesse wie Trocknen, Garen und Kühlen.

Ein bedeutender Faktor für die Auswirkungen auf die Umwelt kann auch der Transport von Lebensmitteln sein. Viel diskutiert wird über sogenanntes "Flugobst". Ein Beispiel: Der CO2-Fußabdruck von Ananas liegt bei 0,6 kg CO2 pro kg beim Transport per Schiff und bei 15,1 kg CO2 pro kg beim Transport per Flugzeug.

Auch unsere Ernährungsweise spielt eine Rolle. So tragen Ernährungsweisen mit hohen Anteilen an tierischen Produkten maßgelblich zum Verlust der biologischen Vielfalt bei, da ihre Produktion mehr landwirtschaftliche Ressourcen und insbesondere Fläche für den Anbau von Futtermitteln oder für die Weidewirtschaft erfordert.

Hinzu kommt: Auf dem Weg vom Feld zum Teller wird ein Drittel aller Lebensmittel verschwendet. Durch die Verschwendung gehen nicht nur die Lebensmittel selbst verloren, sondern auch die zur Herstellung verwendeten Ressourcen.

Wie ökologischer Landbau die Umwelt schont

Der ökologische Landbau reduziert in vielen Bereichen die Umweltfolgen der Landwirtschaft. Er ist eine weitgehend ressourcenschonende und umweltverträgliche Wirtschaftsform. Mitunter wird er auch "biologischer Landbau" oder kurz "Bio-Landbau" genannt.

Die Vorteile des ökologischen Landbaus liegen darin, dass Böden und Gewässer besser vor schädlichen Stoffeinträgen geschützt und eine artgerechtere Tierhaltung unterstützt werden. Das wichtigste Prinzip zum Schutz für Boden und Gewässer ist ein möglichst geschlossener Stoffkreislauf. Das bedeutet, dass Pflanzenbau und wenn vorhanden Tierhaltung miteinander verbunden und in Balance gebracht werden.

Biobäuer*innen setzen zudem keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel und keine mineralischen Dünger ein. Das trägt zum Schutz der Gewässer und Biodiversität bei. Gedüngt wird stattdessen mit organischen Düngern wie Mist, Kompost, Kleepellets oder es werden stickstoffbindende Pflanzen als Zwischenkultur auf den Böden angebaut. In der Folge gelangen weniger Nährstoffe in die Gewässer, die dann u.a. weniger mit Nitrat belastet sind.

Ökologische Landwirtschaft sorgt für bessere Lebensbedingungen für die Organismen, die im Boden leben und ihn stabilisieren. So schützen etwa Zwischenfrüchte und Untersaaten den Boden vor Erosion.

Auch artgerechte Tierhaltung folgt im Biolandbau strengeren Kriterien. Tiere bekommen mehr Platz, Licht, frische Luft und Auslauf im Freien. Das Tierfutter für erwachsene Tiere muss seit 2022 zu 100 Prozent ökologisch produziert werden. Biolandwirte dürfen keine Mittel zur Wachstumsförderung verwenden und Medikamente wie Antibiotika nur im Notfall einsetzen.

Siegel kennzeichnen Bio-Lebensmittel

Wie erkennt man Lebensmittel aus ökologischer Herstellung? Nur, wenn die Vorschriften der Europäischen Union befolgt werden, darf sich Landbau ökologisch oder biologisch nennen. In Deutschland sind die Bezeichnungen "Öko" und "Bio" gesetzlich geschützt und an entsprechenden Siegeln erkennbar.

Für ökologisch wirtschaftende Betriebe gelten strenge Regeln dafür, welches Saatgut, Futtermittel und Betriebsmittel eingesetzt werden dürfen. Diese Vorgaben werden jährlich kontrolliert. Ein Betrieb darf zudem nicht kurzfristig diese Bezeichnung führen: er muss je nach Kultur eine zwei- bis dreijährige Umstellungsphase durchlaufen.

Die Bio-Siegel der EU und aus Deutschland erleichtern Verbraucher*innen die Orientierung. Das EU-Bio-Logo kennzeichnet Bio-Produkte in der gesamten Europäischen Union; auch ökologische Produkte aus Nicht-EU-Ländern tragen dieses Siegel. Diese Produkte erfüllen dann im gesamten Binnenmarkt die gleichen Standards.

Zusätzlich gibt es das deutsche Bio-Siegel, das aber die gleichen Anforderungen hat wie das EU-Siegel. Wieso gibt es zwei Siegel? Das deutsche Siegel wurde 2001 eingeführt, das EU-Bio-Logo gibt es in dieser Form erst seit 2010. Das deutsche Bio-Siegel wird wegen seiner Bekanntheit auch heute noch verwendet. 


Abbildungen: EU-Bio-Logo und Deutsches Bio-Logo

Für verarbeitete Lebensmittel gilt: Nur Produkte, die keine künstlichen Farbstoffe, künstlichen oder naturidentische Aromen, synthetischen Süßstoffe oder gentechnisch veränderten Organismen enthalten, bekommen das Siegel. Sie dürfen nicht mit ionisierenden Strahlen (Radioaktivität) behandelt worden sein. Verarbeitete Lebensmittel müssen zu mindestens 95 Prozent Zutaten aus Öko-Anbau enthalten. Um das zu garantieren, werden die Herstellerbetriebe mindestens einmal pro Jahr kontrolliert.

Neben dem deutschen und EU-Bio-Siegel gibt es weitere Siegel von Anbauverbänden wie Demeter, Bioland und Naturland. Alle ihre Produkte entsprechen mindestens den EU-Vorschriften für ökologischen Anbau. Teilweise sind die Vorgaben der Verbände strenger, etwa bei Demeter. Hier dürfen zum Beispiel Kühen die Hörner nicht entfernt werden. 

                

Abbildungen: Logos der Anbauverbände Demeter, Bioland und Naturland

Welchen Beitrag leistet die Öko-Landwirtschaft zur nachhaltigen Ernährung?

Wie eingangs erwähnt, wollen die meisten Menschen in Deutschland gesund und nachhaltig essen. Viele greifen dabei bewusst zu Bio-Lebensmitteln.

In der Regel ist dies eine gute Entscheidung. Biolebensmittel sind in der Gesamtbetrachtung besser für die Umwelt als vergleichbare konventionelle Produkte. Die Vorteile hat unter anderem eine Studie des Thünen-Instituts bestätigt, des Bundesforschungsinstituts für Landwirtschaft. Der ökologische Landbau ist eine besonders ressourcenschonende und umweltverträgliche Form der Landwirtschaft, die sich am Prinzip der ⁠Nachhaltigkeit⁠ orientiert. Er spielt eine wichtige Rolle für ein nachhaltiges Ernährungssystem.

Über einige der oben genannten Umweltbelastungen durch die Lebensmittelproduktion gibt das Bio-Siegel jedoch keine Auskunft – zum Beispiel über mögliche Wasserknappheit im Anbauland, Flächenbedarf, Transportmittel oder Energiebedarf für die Kühlung.

Auch im ökologischen Landbau wirken sich bestimmte Lebensmittel stärker auf die Umwelt aus als andere. Vor allem tierische Lebensmittel wie Rindfleisch und Milchprodukte sind wie in der konventionellen Tierhaltung mit hohen Treibhausgasemissionen verbunden.

Wie kann die nachhaltige Produktion von Lebensmitteln gefördert werden?

Bis 2050 soll es für alle Menschen in Deutschland möglich und einfach sein, sich gut zu ernähren. Dieses Ziel hat sich die Bundesregierung in ihrer Ernährungsstrategie gesetzt. Um dies zu erreichen, soll die Ernährung pflanzenbetont sein, mit möglichst ökologisch erzeugten, saisonal-regionalen Lebensmitteln und so wenig Lebensmittelabfällen wie möglich.

Hinter der Strategie steckt die Einsicht, dass die Veränderungen an verschiedenen Stellen ansetzen müssen und Zeit brauchen. Dabei geht es nicht nur um persönliche Ernährungsgewohnheiten, sondern auch die Rahmenbedingungen. Eine zentrale Rolle spielt das Angebot von Lebensmitteln. Zum Beispiel soll es die Kennzeichnung von Lebensmitteln künftig leichter machen, gesunde und nachhaltige Lebensmittel zu wählen.

Der Öko-Landbau spielt für das nachhaltige Ernährungssystem eine wichtige Rolle und soll weiter gefördert werden.

Was kann ich selbst tun?

Durch den persönlichen Ernährungsstil können wir großen Einfluss auf unseren Umweltfußabdruck nehmen. Doch im Detail kann Ernährung schnell sehr kompliziert werden, denn es gibt bei der Umweltbewertung viele Aspekte zu beachten. Häufig ist es nicht leicht, die entsprechenden Informationen für einzelne Produkte zu bekommen.

Das Umweltbundesamt empfiehlt, sich an einer Kurzformel zu orientieren: "Weniger tierische Produkte, mehr Bio". Dies sind die zentralen Stellschrauben für eine nachhaltigere Ernährung. Denn wer wenige[r] tierische Produkte und bevorzugt Bio-Lebensmittel kauft, hilft mit, die Umweltbelastungen durch die Landwirtschaft zu reduzieren.

Darüber hinaus rät das Umweltbundesamt, Lebensmittelabfälle zu vermeiden und möglichst saisonal und regional einzukaufen.

Details und die Hintergründe finden sich auf der Internetseite des Umweltbundesamtes.

Weiterführende Links

UBA: Biolebensmittel tragen zum Umwelt- und Tierschutz bei

BMEL: Bio-Siegel

UBA: Ökolandbau

UBA: Umweltbelastungen der Landwirtschaft

Oekolandbau.de

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