01.12.2022 | Hintergrund

Immer schneller, immer mehr? Wege zur nachhaltigen Bekleidung

Sekundarstufe, Grundschule

Seit einigen Jahren geht der Trend zu "Fast Fashion": Kleidung, die günstig gekauft, kaum getragen und schnell wieder abgelegt wird. Häufig wird sie in Ländern hergestellt, in denen die Auswirkungen auf die Umwelt und die Arbeitsbedingungen der Menschen kaum beachtet oder kontrolliert werden. Wie kann Mode menschen- und umweltfreundlicher werden?

Nachhaltige Mode für bessere Produktions- und Arbeitsbedingungen

Mode ist für viele Menschen ein wichtiges Thema. Viele haben Spaß daran, sich mit den wechselnden Modetrends zu beschäftigen und häufig neue Kleidung zu kaufen. Sogenannte "Fast Fashion" hat einen bedeutenden Anteil am Modemarkt. Der Begriff steht für preisgünstige Mode, die nur eine kurze Zeit getragen und bald durch neue Trends ersetzt wird. Möglich wird das Phänomen durch die billige Produktion in anderen Ländern, meist in Südostasien.

Seit einigen Jahren erleben jedoch auch "Fair-Fashion"-Labels einen Zuwachs: Nachhaltige Kleidung ist zum Trend in der Nische geworden. Zahlreiche Initiativen fördern nachhaltige, "bewusste" Mode, auch große Händler haben zunehmend nachhaltige Ware im Angebot. Die Produktvielfalt wächst: Bio-Jeans, vegane Sneaker, faire T-Shirts. Es gibt Kleidung aus recycelten Fasern und sogenannte Zero-Waste-Kollektionen: Hier wird der Stoffzuschnitt so geplant, dass möglichst kein Abfall entsteht. Auch wenn der Marktanteil nachhaltiger Bekleidung aktuell noch bei nur 1,5 Prozent liegt, achten viele Konsument*innen zunehmend auf nachhaltigen Konsum.

Ein Umdenken begann in der Textilbranche mit dem Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Dhaka in Bangladesch im Jahr 2013. Er warf ein grelles Schlaglicht auf die menschenunwürdigen Produktionsbedingungen in der Branche. Nach offiziellen Angaben kamen damals über 1.100 Menschen ums Leben, mehr als 2.400 wurden verletzt. In dem Gebäude waren mehrere Textilfirmen untergebracht. Trotz Warnungen vor einem Einsturz hatten die Angestellten weiterarbeiten müssen.

Neben sozialen und gesundheitlichen Problemen hat die Textilproduktion auch ökologische Auswirkungen. Beispielsweise werden für den Anbau von Baumwolle Pestizide eingesetzt und viel Wasser verbraucht. Oft wird Baumwolle in Gegenden angebaut, die ohnehin unter Wassermangel leiden. Außerdem werden in der Herstellung der Kleidungsstücke viele Chemikalien eingesetzt, die ins Abwasser gelangen oder zum Teil direkt in die Umwelt geleitet werden.

Globalisierung und "Fast Fashion"

Die Textilindustrie gehört zu den wichtigen Konsumgüterbranchen in Deutschland. Sie beschäftigte 2021 ungefähr 60.000 Menschen. Die Branche ist stark von der Globalisierung geprägt, weshalb in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren ein Drittel der Textil- und Bekleidungsunternehmen aufgeben musste. Viele Betriebe verlagerten ihre Herstellung zunächst nach Südeuropa, später auch nach Süd- und Ostasien, um die Produktionskosten zu drücken und auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben. Der allergrößte Teil der in Deutschland gekauften Bekleidung wird daher importiert. Die Herkunftsländer sind vor allem China, Bangladesch und die Türkei.

Weltweit hat sich die Textilproduktion in den Jahren 2000 bis 2016 mehr als verdoppelt. Es wird erwartet, dass die Produktion bis 2030 um rund 60 Prozent steigt.

Schnelle Produktion, schneller Konsum

Eine ganze Reihe von Einzelhandelsketten bietet Textilien zu betont niedrigen Preisen an. Zudem werden neue Trends und Kollektionen in immer kürzeren Abständen auf den Markt gebracht. In der Folge tauschen Verbraucher*innen ihre Kleidungsstücke immer häufiger aus.

Heute werden viele Kleidungsstücke nur für eine Saison gekauft und entsprechend minderwertig produziert. Wurden früher zwei Kollektionen im Jahr angeboten, sind es heute bis zu zwei im Monat. Manche Modeketten bieten sogar täglich neue Ware an. Was gut läuft, wird nachproduziert. Was liegen bleibt, wird preisreduziert angeboten und – sofern sich keine Abnehmer*innen finden – letztendlich entsorgt.

Diese weltweite Tendenz in der Textil- und Modebranche wird unter dem Begriff "Fast Fashion" zusammengefasst. "Fast Fashion" ist oftmals billig und ermöglicht eine kurzfristige Befriedigung von Konsumwünschen. Die Folge: Laut Greenpeace stapeln sich in deutschen Kleiderschränken heute viermal so viele Hosen, Jacken und Blusen wie 1980. Dabei werden viele Teile nie getragen.

Produktionsbedingungen und Konsumverhalten bedingen einander: Die Produktionsschritte verteilen sich weltweit auf diejenigen Standorte, an denen die geringsten Material- und Produktionskosten anfallen. Das ermöglicht niedrige Preise für die Konsument*innen. Deren Konsumgewohnheiten veranlassen wiederum viele Modeunternehmen, die Herstellungskosten so gering wie möglich zu halten. So werden viele Zulieferer unter Druck gesetzt und Umwelt- und Sozialstandards vernachlässigt.

Je nach Stufe im Herstellungsprozess unterscheiden sich die sozialen und ökologischen Folgen. Zusammengenommen werden die Stufen auch als "textile Kette" bezeichnet.


Die textile Kette (Vorlage: Umweltministerium Baden-Württemberg: Mode und Textil, Seite 2)

Ökologische Probleme der textilen Kette

Besonders starke Umweltbelastungen entstehen beim Anbau und der Produktion von Rohfasern sowie bei der Textilveredelung. So werden beim Baumwollanbau große Mengen Pestizide und Wasser eingesetzt. Um die Baumwolle für ein T-Shirt zu gewinnen, werden durchschnittlich 1,5 Kilogramm Saat-Baumwolle sowie und 15.000 Liter Wasser für die Bewässerung der Baumwollpflanzen verbraucht. Pestizide und Düngemittel sind insbesondere beim konventionellen Baumwollanbau ein Problem. Circa 14 Prozent des weltweiten Insektizidmarktes entfallen auf diesen Bereich.

Zur Textilherstellung werden gewöhnlich verschiedene Hilfsmittel eingesetzt. So werden beim Spinnen Öle und Faserpräparationen verwendet, und beim Weben werden die Garne mit Schlichtemittel überzogen, damit sie nicht so schnell reißen. Strickgarn wird mit Paraffin gewachst und Vliese mit Bindemitteln behandelt.

In der Textilveredelung werden die Stoffe für verschiedene Verwendungszwecke bearbeitet: Sie werden gebleicht, gefärbt, bedruckt und so behandelt, dass sie beim Waschen in der Waschmaschine nicht einlaufen, dass sie wasserabweisend oder -aufnehmend sind oder glänzen.

Auf diese Weise kommen bei einem T-Shirt bis zu sechs Kilogramm Textilchemie zum Einsatz. Nach der Verarbeitung werden alle diese Mittel ausgewaschen und gelangen oft über das Abwasser in die Umwelt – in Flüsse, Meere, in den Boden und in Pflanzen. Einige Stoffe können sich auch in Lebewesen anreichern – im Blut, in Organen und im Gewebe. Das kann zu Gesundheitsschäden führen.

Die Umweltfolgen sind in Asien besonders schwerwiegend. Denn dort wird der größte Teil der Kleidung produziert. Mit weitem Abstand steht China an der Spitze der Weltproduktion von Textilien und Bekleidung, gefolgt von Bangladesch und der Türkei. Neun von zehn Kleidungsstücken werden in diesen Ländern gefertigt.

Auch der Energiebedarf für die Herstellung sowie der lange Transport bis in den Handel stellt eine Umweltbelastung dar. Ein T-Shirt verursacht bereits bei seiner Herstellung etwa 6 bis 7 Kilogramm Kohlenstoffdioxid. Wenn dieses Kleidungsstück, dessen Rohbaumwolle aus den USA und dessen Polyesterfaseranteil aus Fernost stammt, in der EU gewebt, in Tunesien geschneidert und wieder in der EU verkauft wird, hat es zudem bereits eine halbe Erdumrundung hinter sich.

Damit trägt die Branche auch zur Klimakrise bei: Wenn das Wachstum der Textilbranche so weitergeht wie bisher, wird sie laut einer Analyse der Ellen MacArthur Foundation bis zum Jahr 2050 ein Viertel der weltweit zulässigen CO2-Emissionen verursachen – wenn die globale Erwärmung unter zwei Grad Celsius begrenzt werden soll.

Soziale Probleme der textilen Kette

Weltweit arbeiten etwa 60 Millionen Menschen für Textil- und Bekleidungsunternehmen. Die meisten von ihnen leben in Entwicklungs- und Schwellenländern. Dort sind die Sozialstandards häufig ungenügend. Das kann zu menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen und Unfällen führen, wie die Katastrophe in Bangladesch 2013 zeigte.

Zu diesen Arbeitsbedingungen zählen Löhne, die nicht den notwendigen Lebensunterhalt abdecken, Arbeitszeiten von bis zu 16 Stunden täglich, teilweise sieben Tage die Woche. Kennzeichnend sind auch die Vernachlässigung von Arbeits- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, ein fehlender Gewerkschaftsschutz und mangelhafte Sicherheitsstandards der Fabrikgebäude. Immer wieder kommt es in Zulieferfirmen zu Unfällen wie Bränden und dem Einsturz von Gebäuden.

Nachhaltige Liefer- und Produktionsketten

Am nachhaltigsten ist Kleidung dann, wenn die Produktion sozialökologisch erfolgt. Sozial bedeutet, dass keine Kinder- und Zwangsarbeit oder anderweitige Menschen- und Völkerrechtsverletzungen geduldet werden. Stattdessen wird auf angemessene Bezahlung und vertretbare Arbeitsbedingungen geachtet. Die Bildung von Gewerkschaften, die sich für verbesserte Arbeitsbedingungen einsetzen, darf nicht unterbunden werden.

Ökologisch heißt, dass nachhaltige Materialien verwendet werden, also Rohstoffe, deren Produktion mit möglichst wenig Umweltschäden verbunden ist. Bio-Baumwolle etwa ist Baumwolle, die ökologisch angebaut wird. Das heißt, für ihren Anbau werden keine chemischen, sondern organische Pflanzenschutzmittel und Dünger verwendet. Außerdem darf kein gentechnisch verändertes Saatgut verwendet werden. Ein Hinweis darauf lässt sich auf dem eingenähten Etikett im Kleidungsstück finden. Aktuell liegt der Anteil an Bio-Baumwolle weltweit bei etwa einem Prozent.

Der hohe Flächen- und Wasserbedarf der Baumwollpflanzen ist allerdings auch bei der Bio-Baumwolle ein Problem. Lein- und Hanfpflanzen können hier eine Alternative sein, da sie deutlich weniger Wasser und Boden brauchen. Sie wurden früher in Mitteleuropa angebaut und für die Textilproduktion verwendet: Das Wort "Leinen" kommt übrigens von Lein, aus dessen Stängelfasern die Leinfäden hergestellt wurden.

Ökologisch heißt auch, dass in der Verarbeitung und Produktion der Einsatz von umweltschädlichen Chemikalien vermieden oder zumindest auf das Nötigste reduziert wird. Bei der Produktion kann auch darauf geachtet werden, dass möglichst kein Abfall anfällt – das ist etwa in der Zero-Waste-Produktion der Fall.

Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?

Mehr Transparenz und Kontrolle entlang der textilen Kette kann für mehr Nachhaltigkeit sorgen: angefangen bei der Kontrolle der Anbaubedingungen, über Transport und Logistik bis hin zum Verkauf. Nachhaltigkeitssiegel lenken hierbei die Aufmerksamkeit und damit auch die Nachfrage der Konsument*innen nach nachhaltigen Produkten.

Am einfachsten ist es bei Baumwolltextilien, auf Bio-Qualität zu achten. Hier gibt es inzwischen Angebote auch von großen Handelsunternehmen in fast allen Preiskategorien.

Empfehlenswerte Siegel listet das Informationsportal der Bundesregierung www.siegelklarheit.de, das die Siegel im Hinblick auf ihre Glaubwürdigkeit, Umweltfreundlichkeit sowie Sozialverträglichkeit bewertet. Zu den als sehr gut eingestuften Siegeln zählen unter anderem der Blaue Engel (Textilien), das EU Ecolabel (Textilien), Fairtrade (Baumwolle), Naturland (Textilien) und Made in Green by Oeko-Tex®.

Zu den Initiativen, die sich für mehr Nachhaltigkeit in der Textilbranche einsetzen, gehört das "Deutsche Bündnis für nachhaltige Textilien", das 2014 vom Bundesentwicklungsministerium initiiert wurde. Ziel der Partnerschaft zwischen Unternehmen, NGOs, Gewerkschaften, Standardorganisationen und der deutschen Regierung ist es, die globalen textilen Lieferketten nachhaltiger zu gestalten.

Das Nationale Programm für nachhaltigen Konsum (NPNK), das 2016 beschlossen wurde, bezieht sich auch auf Bekleidung. Unter anderem will die Bundesregierung mit verschiedenen Maßnahmen den Marktanteil zertifizierter, also mit Siegel versehener Kleidung erhöhen.

Die EU-Kommission hat im März 2022 die "EU-Textilstrategie" vorgestellt. Demnach wird es, wie bereits bei Produkten wie Waschmaschinen, verbindliche Vorgaben für das ökologische Design von Textilien geben. Das kann beispielsweise die Verwendung von Rezyklatfasern für Vliesstoffe oder Vorgaben zur Haltbarkeit von Textilien betreffen. Zusätzlich sollen EU-weit geltende Sammel- und Recyclingquoten eingeführt werden und ein echtes Recycling, das heißt ein Faser-zu-Faser-Recycling, gefördert werden. Diese Vorgaben sollen unter anderem durch die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung erreicht werden, sprich die Hersteller werden finanziell für den gesamten Lebenszyklus eines Bekleidungsstücks in die Verantwortung genommen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist eine möglichst lange Verwendung: So kann Kleidung etwa nach dem Erstgebrauch aufgearbeitet werden, wie es bei der Vorbereitung zur Wiederverwendung der Fall ist. In Secondhandläden können Kleidungsstücke wiederverkauft werden.

Wenn eine Wiederverwendung nicht mehr möglich ist, kann die Kleidung gezielt dem Recycling zugeführt werden. Wichtig ist dabei, dass die Kleidung nicht wie bisher nur zu Textilien mit geringerer Qualität, wie etwa Putzlappen, verarbeitet wird oder in der Reißspinnstoffindustrie landet. Stattdessen soll Kleidung so recycelt werden, dass die Qualität der Textilfasern im Sinne einer Kreislaufwirtschaft beibehalten wird. Aktuell findet ein solches Faser-zu-Faser-Recycling global jedoch nur in geringem Maße statt.

Was kann ich selbst tun?

Wer beim Kauf von Kleidung auf empfohlene und unabhängige Siegel achtet, trägt dazu bei, dass höhere Löhne gezahlt werden und die Umwelt weniger belastet wird.

Kleidung online zu erwerben, sollte gut überlegt sein. Denn zurückgeschickte Kleidung, etwa weil die Größe nicht passt, wird teilweise als Ausschussware vernichtet. Das ist für die Händler mitunter günstiger, als die Retouren zu überprüfen und wieder ins Sortiment aufzunehmen.

Wer in Secondhandläden zu gebrauchten Textilien greift, handelt noch nachhaltiger. Denn damit verzichtet man auf ein neues Kleidungsstück und verringert somit auch die mit der Produktion verbundenen Umweltauswirkungen. Bei Kinderkleidung sind Kleiderbasare mit Ware aus zweiter Hand, die oft von ehrenamtlicher Arbeit getragen werden, längst etabliert. Umgekehrt kann man selbst seine eigene gut erhaltene Kleidung weiterverkaufen oder tauschen.

Kleidung für besondere Anlässe lässt sich auch mieten oder ausleihen. Die Kleidungsstücke blockieren danach nicht ungenutzt den Kleiderschrank. Onlineportale bieten Outfits für Hochzeiten und Partys an.

Am nachhaltigsten ist es, seine eigene Kleidung möglichst lange aufzutragen, kleine Defekte zu reparieren oder ausgemusterte Stücke wiederaufzuarbeiten, also zu "upcyceln". "Slow Fashion" ist zudem eine gute Strategie, um sich nicht ständig wechselnden Modetrends zu unterwerfen und Opfer von "Fast Fashion" zu werden. Sollte die Kleidung nicht mehr nutzbar sein, ist eine umweltschonende Sammlung und Entsorgung (meist über Depotcontainer) wichtig, um eine hochwertige Verwertung zu fördern. Dabei sollte man darauf achten, dass auf jedem Depotcontainer oder auf Wertstoffhöfen die Altkleidersammler namentlich genannt werden. Viele Organisationen setzen sich mitunter für Transparenz und Fairness ein und stehen für einen verantwortlichen Umgang mit den gespendeten Textilien.

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