Veröffentlicht auf Umwelt im Unterricht: Materialien und Service für Lehrkräfte – BMUV-Bildungsservice (http://www.umwelt-im-unterricht.de)

27.06.2024 | Hintergrund

Buy now, pay later – Kleinkredite als Verschuldungsrisiko für Jugendliche (Kurzfassung)

Sekundarstufe, Grundschule

Bei jüngeren Menschen nehmen Probleme mit Verschuldung zu. Ein Grund sind scheinbar unkomplizierte Finanzierungsangebote, die vor allem im Online-Handel verbreitet sind. Warum sind die Angebote für den Handel und für junge Menschen attraktiv, und wie können Verbraucher*innen sich vor Verschuldung schützen?

Einkaufen hat sich über die vergangenen Jahrzehnte stark verändert: Vor allem jüngere Menschen kaufen immer häufiger im Internet ein. Über 90 Prozent der 25- bis 44-Jährigen haben dem Statistischen Bundesamt zufolge schon einmal online eingekauft.

Mit den Online-Einkäufen haben sich auch neue Bezahlformen etabliert. Vor allem sogenannte "Buy now, pay later"-Angebote haben sich in den vergangenen Jahren stark verbreitet. Sie werden häufig über Zahlungsdienstleister wie Paypal oder Klarna angeboten. Dabei können Produkte gekauft werden, die erst nach 30 Tagen bezahlt werden müssen. Auch eine Zahlung in mehreren Raten ist oft möglich.

Viele Unternehmen werben gezielt mit diesen Angeboten. Sie richten sich vor allem an junge Menschen. Für diese sind sie verlockend, denn junge Menschen haben oft wenig Geld, aber ein großes Bedürfnis, sich neue oder angesagte Dinge zu kaufen.

Wie groß ist das Problem der Verschuldung unter Jugendlichen?

In der Trendstudie Jugend in Deutschland 2022/2023 gaben 20 Prozent aller Jugendlichen an, Schulden zu haben.

Anders als ältere Menschen haben junge Menschen vor allem Schulden bei Telekommunikations- und Online-Handelsunternehmen. 38 Prozent der 20- bis 24-Jährigen gaben an, Schulden bei Online-Händlern zu haben. Diese Zahl ist über die vergangenen Jahre immer weiter angestiegen.

Überwiegend handelt es sich dabei um geringe Summen. 2021 betrugen die Schulden bei Online- und Versandhändler im Durchschnitt 587 Euro, sie machten insgesamt zwei Prozent der gesamten durchschnittlichen Schulden in Deutschland aus.

Das bedeutet allerdings nicht, dass diese Schulden deshalb harmlos sind. Gerade weil junge Menschen oft wenig Geld zur Verfügung haben, kann sie das Abbezahlen geringer Schulden finanziell überfordern. Das Geld, das in das Abbezahlen der Kredite und in die Zinsen fließt, fehlt dann an anderer Stelle, etwa für notwendige Ausgaben wie Miete, Strom und Lebensmittel oder um am sozialen Leben teilnehmen zu können, für Sport, Ausflüge, Kino oder Theater.

Aber Schulden belasten nicht nur das Konto, sondern auch die Gesundheit. Eine schlechte finanzielle Situation und ständige Sorgen, ob laufende Kosten und Rechnungen bezahlt werden können, sind auch psychisch sehr belastend.

Welche neuen Bezahlformen gibt es?

Die Möglichkeit, Waren im Internet (oder aus Versandkatalogen) zu kaufen und erst später zu bezahlen, gibt es schon lange: den klassischen Rechnungskauf. In diesem Fall versendet der Händler die Ware und der Kunde oder die Kundin erhält eine Rechnung, die er oder sie bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bezahlen muss.

Das Risiko des Rechnungskaufs liegt vor allem bei den Händlern. Falls der oder die Käufer*in nicht bezahlt, müssen sie sich selbst darum kümmern, wie sie an ihr Geld kommen. Deshalb bieten viele Händler*innen keinen Kauf auf Rechnung an oder nur in Ausnahmefällen.

Dafür haben sich über die vergangenen Jahre viele neue Finanzierungsangebote für Einkäufe im Internet entwickelt. Sie sollen Händler und Verbraucher*innen Sicherheit bieten. Aber sie sollen auch den Absatz stärken, also potenzielle Kund*innen dazu anregen, leichter und mehr Waren zu kaufen – selbst dann, wenn sie gerade eigentlich kein Geld dafür haben.

Diese Finanzierungsmodelle werden in den meisten Fällen nicht, wie im Fall des klassischen Rechnungskaufs, von den Händler selbst angeboten, sondern von spezialisierten Finanzunternehmen wie Paypal oder Klarna. Diese wickeln für die Verkäufer*innen die Bezahlung ab.

Für Verbraucher*innen scheint das zunächst viele Vorteile zu haben. So gibt es oft die Möglichkeit, die Ware direkt zu kaufen, aber erst 30 Tage oder noch später zu bezahlen ("Buy now, pay later"), oder direkt einen kleinen Kredit abzuschließen und die Ware in Raten über die nächsten Monate abzubezahlen.

Wenn die Summe bis zum Ablauf der Frist bezahlt wird, entstehen dabei keine Probleme und auch keine zusätzlichen Kosten. Anders sieht es aus, wenn nach Ablauf der Frist nicht bezahlt werden kann. Zwar bieten Zahlungsdienstleister wie Paypal oder Klarna oft die Möglichkeit, die Zahlung noch weiter nach hinten zu verschieben oder zu pausieren. Oft entstehen dafür aber zusätzliche Kosten.

Vor allem aber birgt das Angebot, auch bei nicht ausreichenden finanziellen Mitteln einzukaufen und Zahlungen weit in die Zukunft zu schieben, die Gefahr, die Übersicht über die eigenen Finanzen zu verlieren.

Während Kredite oder Schulden an sich nicht problematisch sind, solange sie pünktlich bezahlt werden können, ist Überschuldung – im Unterschied zur Verschuldung – ein großes Problem. Denn können die Rechnungen nicht mehr beglichen werden, führt das zu Mahn- und Inkassoverfahren, Kontosperrungen und negativen Einträgen bei Dienstleistern wie der Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung). Diese können gerade jungen Menschen große Probleme verursachen, denn mit einem negativen Schufa-Eintrag ist es schwerer, eine Wohnung zu mieten, einen Handyvertrag abzuschließen oder später noch einmal einen Kredit zu bekommen.

Auch wenn junge Menschen weniger Erfahrung im Umgang mit den eigenen Finanzen haben, zeigen Umfragen, dass sich die meisten der Risiken von Verschuldung bewusst sind: In einer Umfrage der Schufa gaben 88 Prozent an, dass sie bei "Buy now, pay later"-Angeboten ein hohes Risiko sehen, den Überblick über die eigenen Finanzen zu verlieren, und 82 Prozent fürchteten, dass solche Angebote dazu verleiten können, vorschnell Dinge zu kaufen, die gar nicht gebraucht würden.

Fast die Hälfte der jungen Menschen gab in der Studie an, die Zahlungsfrist bei "Buy now, pay later"-Angeboten schon einmal vergessen zu haben, und 19 Prozent fehlte in einem solchen Fall das Geld, um zu bezahlen.

Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?

In Deutschland gibt es bereits viele Regeln, die Verbraucher*innen schützen.

Allerdings ändern sich die Angebote im Online-Handel sehr schnell, und es kommen immer wieder neue Möglichkeiten des Kaufes und der Finanzierung hinzu, die von den bisherigen Regeln nicht abgedeckt sind. Oft handelt es sich um legale "Tricks", die die Käufer*innen zu mehr Käufen anregen sollen.

Regeln im Verbraucherschutz müssen daher immer wieder überarbeitet und angepasst werden. Dies gilt auch für die neuen Finanzierungsmechanismen wie "Buy now, pay later"-Angebote oder Minikredite für Konsumgüter. Diese sind bisher nicht unter die Richtlinien gefallen, die sonst für Kredite gelten, und konnten daher ohne weitere Prüfung angeboten oder abgeschlossen werden.

2023 haben die Länder der EU eine neue EU-Rahmenrichtlinie für Verbraucherkredite beschlossen, die Verbraucher*innen im Internet besser schützen soll. So sollen in den meisten Fällen künftig auch für kleine Kredite unter 200 Euro strengere Regeln gelten.

Die Richtlinie ist im November 2023 in Kraft getreten, die EU-Mitgliedstaaten haben nun zwei Jahre Zeit, um sie in nationales Recht zu übersetzen.

Mehr Bildung zu Finanz- und Wirtschaftsthemen fordern Verbraucherschutzorganisationen seit Langem. Eine Umfrage der Verbraucherzentralen zeigt, dass das auch die Bürger*innen so sehen: Eine große Mehrheit von 85 Prozent ist der Meinung, dass der Umgang mit Geld und Versicherungen in der Schulbildung bisher nicht ausreichend berücksichtigt werde und eine größere Rolle spielen sollte.

Auf der Kultusministerkonferenz 2013 haben die Bildungsminister*innen der Länder beschlossen, Verbraucherbildung in die Lehr- und Bildungspläne aufzunehmen. Jugendliche sollen also schon in der Schule lernen, das eigene Kauf- und Finanzverhalten kritisch zu überdenken und beim Einkaufen bewusste Entscheidungen zu treffen.

Was kann ich selbst tun?

Gerade für junge Menschen, die oft einen geringen finanziellen Spielraum haben, ist es daher wichtig, den Umgang mit den eigenen Finanzen und eine nachhaltige Form des Konsums zu lernen. Das bedeutet unter anderem, sich zu fragen: Was brauche ich wirklich? Können Dinge auch geliehen, getauscht oder kostenlos genutzt werden? Dies hilft nicht nur gegen Verschuldung, sondern auch gegen unnötigen Konsum, der die natürlichen Ressourcen stark belastet.

Insbesondere beim Online-Kauf gilt es, bedacht zu handeln und Spontankäufe, die oft durch Werbung oder kurzfristige "Angebote" ausgelöst werden, zu vermeiden. Die Verbraucherzentralen geben Tipps, wie Einkäufe im Internet sicher ablaufen und wie Risiken auch im Fall von "Buy now, pay later" verringert werden können.

Für junge Menschen ist es wichtig zu lernen, gut mit den eigenen Finanzen umzugehen. Dafür gibt es online zahlreiche Angebote, etwa den Finanzführerschein der Schuldnerberatung Essen, die Wirtschaftswerkstatt der Schufa oder das Bildungsmaterial der Stiftung Warentest.

Budget-Apps können helfen, Einnahmen und Ausgaben zu erfassen und den Überblick zu behalten, wie viel Geld pro Monat ausgegeben werden kann.

Schuldenberatungsstellen helfen kostenlos, bei finanziellen Schwierigkeiten eine Lösung zu finden und solche Fallen in Zukunft zu vermeiden.

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