Veröffentlicht auf Umwelt im Unterricht: Materialien und Service für Lehrkräfte – BMUV-Bildungsservice (http://www.umwelt-im-unterricht.de)

01.07.2021 | Hintergrund

Die Konkurrenz um knappe Flächen

Grundschule, Sekundarstufe

Die Nutzung von Flächen für Gebäude und Verkehrswege hat viele negative Auswirkungen auf die Umwelt. Doch der Bedarf an neuem Wohnraum ist groß. Neue Baugebiete entstehen meist am Rand der Städte und Gemeinden. Sie bringen auch den Bau neuer Verkehrswege mit sich. Um den Flächenverbrauch für Siedlungen und Verkehrsflächen einzudämmen, sollen verstärkt Brachflächen und leerstehende Gebäude innerhalb der Städte genutzt werden.

In Deutschland wird täglich durchschnittlich eine Fläche so groß wie etwa 73 Fußballfelder als Siedlungs- oder Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Diese Neuinanspruchnahme von Fläche nennt man auch Flächenverbrauch. "Fläche" lässt sich zwar im engeren Wortsinn nicht "verbrauchen". Flächen sind jedoch eine endliche Ressource.

Besonders viel gebaut wird an den Rändern von Städten und Gemeinden. Dort entstehen oft Neubaugebiete mit Einfamilienhäusern, die viel Platz brauchen. Auch Einkaufszentren und Gewerbegebiete siedeln sich häufig am Stadtrand an. Der Flächenverbrauch ist ein schleichendes Phänomen und das Bewusstsein für die Problematik ist nicht sehr weit verbreitet.  

Doch gelegentlich gibt es hitzige Diskussionen, bei denen der Flächenverbrauch eine wichtige Rolle spielt. Zum Beispiel, wenn es um den Bau von Wohnungen geht. In vielen Städten und Regionen in Deutschland gibt es nicht genug Wohnraum. Daher wurde im Mai 2021 im Bundestag das neue Baulandmobilisierungsgesetz verabschiedet. Kommunen können nun unter anderem leichter Bauland für Wohnungen zur Verfügung stellen. Während insgesamt breite für das Ziel herrscht, mehr Wohnraum zu schaffen, gibt es an dem Gesetz auch viel Kritik. So kritisieren Umweltverbände und die Grünen, dass es zu einer stärkeren "Zersiedelung" führen würde.

Auch die Frage, ob und wie der Neubau von Einfamilienhäusern mit dem Prinzip einer nachhaltigen Entwicklung vereinbar ist, sorgte 2021 für eine kontroverse öffentliche Debatte. Denn einerseits verbrauchen diese im Verhältnis zu Mehrfamilienhäusern viel mehr Fläche. Ein Haus mit Garten auf dem Land hat in der Regel eine schlechtere Klimabilanz als eine Wohnung in der Stadt. Denn bei Mehrfamilienhäusern leben auf weniger Fläche mehr Menschen und das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen des Gebäudes ist günstiger. Das spart Fläche, Energie und andere Ressourcen. Andererseits haben insbesondere viele Familien den Wunsch, in einem eigenen Haus zu leben, am liebsten "im Grünen". 

Auch Verkehrsprojekte sorgen immer wieder für kontroverse Diskussionen über die Prioritäten bei der Flächennutzung. Ein Beispiel sind die Proteste gegen den Neubau der Autobahn A 49 durch den Dannenröder Forst in Hessen. Umweltschützer/-innen und Landwirte/Landwirtinnen kritisieren zum Beispiel, dass für den Neubau von Straßen viele naturnahe Freiflächen verbraucht werden, dass Wälder gerodet werden und dass landwirtschaftliche Flächen verschwinden.   

Innerhalb von Städten sind Flächen besonders knapp. Vielerorts wird verstärkt über den Ausbau von Radwegen diskutiert. Oft sollen dabei Fahrbahnen und Parkplätze für Autos wegfallen. Auch dies sorgt zum Teil für heftige Diskussionen. 

Die Konkurrenz um Flächen wird durch den Klimawandel noch verstärkt. Denn angesichts von häufiger werdenden Hitzeperioden und Starkregenereignissen spielen Grünflächen, die Begrünung von Gebäuden und die Entsiegelung von Flächen eine zunehmend wichtige Rolle.

Während es großen Druck gibt, immer weitere Flächen für Siedlungszwecke zu nutzen, sind Landschaften ohne menschlichen Einfluss besonders wichtig. Denn sie sind bedeutsam für die biologische Vielfalt, aber auch für die Erholung der Menschen in der Natur. Fläche ist eine wertvolle Ressource, und weil sie begrenzt ist, muss sparsam damit umgegangen werden.

In einigen politischen Initiativen wird dies bereits berücksichtigt. So hat die Bundesregierung sich seit 2002 in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel gesetzt, den Flächenverbrauch in Deutschland stark zu verringern – auf unter 30 Hektar pro Tag bis zum Jahr 2030. Bis 2050 wird sogar das Flächenverbrauchsziel "Netto-Null" angestrebt, die sogenannte Flächenkreislaufwirtschaft (siehe unten).

Immer mehr Fläche wird verbraucht

Die von Menschen für Städte, Gemeinden und Straßen genutzte Fläche nimmt immer stärker zu. Rechnet man alle Siedlungsflächen in Deutschland auf die Einwohnerzahl um, ergibt sich eine Siedlungsfläche pro Einwohner/-in von 618 Quadratmetern. Diese Zahl hat sich seit 1950 mehr als verdoppelt – damals waren es durchschnittlich 300 Quadratmeter. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen Stadt und Land. In Städten mit über 500.000 Einwohnern kommen auf eine Person umgerechnet 219 Quadratmeter Siedlungsfläche, in Gemeinden mit weniger als 2.000 Einwohnern sind es 1500 Quadratmeter.

Die Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche hat sich seit dem Jahr 2000 jedoch erheblich verlangsamt. So betrug ihr täglicher Anstieg in den Jahren 1997 bis 2000 im Schnitt noch 129 Hektar am Tag, das entspricht etwa 180 Fußballfeldern. In den Jahren 2016 bis 2019 waren es dann rund 52 Hektar täglich, was einer Fläche von circa 73 Fußballfeldern entspricht. Das ist eine positive Entwicklung, doch das Ziel der Bundesregierung ist, den Flächenverbrauch noch weiter zu senken. 

Was genau sind Siedlungs- und Verkehrsflächen?

Siedlungsflächen umfassen Gebäude und gebäudebezogene Freiflächen für unterschiedliche Nutzungen wie Wohnen, Arbeiten, Bildung, Verwaltung, aber auch Friedhöfe oder Erholungsflächen wie Sportanlagen, Campingplätze, angelegte Parks und Grünanlagen. Auch Betriebsflächen wie Lager und Halden, Anlagen der Ver- und Entsorgung gehören dazu. Zu den Verkehrsflächen zählt man Straßen, Wege, Plätze und Schienen. Sogenanntes Abbauland (Braunkohletagebaue, Kiesabbau etc.) wird in den Flächenstatistiken herkömmlicherweise nicht mitgerechnet.

Was sind die Folgen des Flächenverbrauchs für die Umwelt?

Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung sind freie, naturnahe Flächen und ihre Böden sehr wichtig, zum Beispiel als Lebensräume für Tiere und Pflanzen und auch mit ihren Funktionen für den Klimaschutz, etwa als Kohlenstoffspeicher.

Wenn Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke genutzt werden, gehen häufig wertvolle (Acker-)Böden verloren. Somit reduzieren sich land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen, die zur Gewinnung von Nahrungsmitteln und nachwachsenden Rohstoffen benötigt werden und die auch der Erholung vieler Menschen dienen. Ortschaften breiten sich weiter aus und ländliche Gebiete werden zersiedelt. Dies trägt auch zur Bedrohung der biologischen Vielfalt bei.

Durch die zunehmende Bebauung von Flächen werden vielerorts auch die Möglichkeiten für künftig gegebenenfalls erforderliche Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel genommen, zum Beispiel für den Hochwasserschutz. 

Flächenverbrauch und Versiegelung

Flächenverbrauch ist nicht gleichzusetzen mit der Versiegelung von Böden. Knapp die Hälfte (46 Prozent) der Siedlungs- und Verkehrsflächen wird versiegelt. Siedlungsflächen und Verkehrsflächen umfassen jedoch auch unbebaute und nicht versiegelte Böden, zum Beispiel Stadtparks, Sportplätze, Golfplätze und so weiter.

Versiegelung macht Böden undurchlässig für Niederschläge und zerstört die natürlichen Bodenfunktionen wie Wasser- und Kohlenstoffspeicherung, Bodenfruchtbarkeit sowie Lebensraum für Organismen. 

Auf versiegelten Flächen fließt der Niederschlag in die Kanalisation ab. Bei Starkregenereignissen ist diese jedoch oft überlastet und es kann in urbanen Gebieten zu Hochwasser kommen. Solche Starkregenereignisse nehmen infolge des Klimawandels zu. Siehe dazu auch das Thema der Woche Boden ist wertvoll.

Je mehr Flächen versiegelt werden, desto wärmer wird es außerdem in den Städten. Denn Steine, Beton und Asphalt heizen sich im Sommer stärker auf als unbebauter Boden. Um dem zunehmenden Klimawandel zu begegnen, müssen Städte mehr Parks und Grünflächen einplanen. 

Landwirtschaft, Siedlungen, Natur – wie werden Flächen genutzt?

Es gibt in Deutschland nur noch wenige naturnahe Flächen und nur noch wenige zusammenhängende natürliche Lebensräume ohne Barrieren wie Siedlungen, Straßen, Bahnlinien, Kanäle oder Überlandleitungen. 

Deutschland hat eine Gesamtfläche von 357.581 Quadratkilometern. Mehr als die Hälfte davon (50,7 Prozent, Stand 2019) wird landwirtschaftlich genutzt. Dieser Anteil sinkt langsam, während der Anteil der Fläche für Siedlung und Verkehr stetig steigt. 2019 lag er bei 14,4 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands. Wälder und Gehölze nehmen 31,0 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands ein, Seen und Gewässer 2,3 Prozent und "sonstige Flächen" wie Abbauland, Felsen oder ungenutzte Vegetationsflächen 1,6 Prozent.

Einige Gebiete mit einer besonderen Bedeutung für den Fortbestand heimischer und oft gefährdeter Tier- und Pflanzenarten werden zu Schutzgebieten erklärt, zum Beispiel zu Naturschutzgebieten und Nationalparks. Die Fläche dieser streng geschützten Gebiete nimmt zu. Insgesamt standen 2016 rund 4,4 Prozent der Landfläche Deutschlands unter strengem Naturschutz. Siehe dazu auch das Thema der Woche Wild und wichtig: Warum es Schutzgebiete gibt.

Bedrohte Artenvielfalt und Böden

Die biologische Vielfalt in Deutschland ist erheblich gefährdet. Das Bundesamt für Naturschutz bezeichnet den Zustand der Artenvielfalt als alarmierend. Ein Drittel aller Arten in Deutschland steht auf der Roten Liste der gefährdeten Tiere, Pflanzen und Pilze, so der Artenschutzreport 2015. Zu den wichtigsten Gründen für die Bedrohung der biologischen Vielfalt zählen vor allem die Zerstörung von Lebensräumen und die Nutzung der Landschaft durch den Menschen – aus Sicht des Naturschutzes oft eine sogenannte Übernutzung, zum Beispiel durch intensive Landwirtschaft.

Die Art der Flächennutzung wirkt sich auf die biologische Vielfalt und die Umwelt aus. Der weit überwiegende Teil der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland wird intensiv bewirtschaftet, mit oft negativen Folgen für die Böden. Der Anteil des umweltverträglicheren und bodenschonenderen Ökolandbaus liegt bei nur 10,1 Prozent (Stand: 2020). Siehe auch das Thema des Monats Für Lebensmittel, Natur- und Klimaschutz: Welche Landwirtschaft brauchen wir?

Für den Klimaschutz spielen die Reduzierung des CO2-Austoßes oder Möglichkeiten zur Speicherung von Kohlenstoff eine wichtige Rolle. Wissenschaftler/-innen haben errechnet, dass mit jedem Hektar Fläche, der für Siedlungen und Verkehr beansprucht wird, durchschnittlich 60 Tonnen weniger Kohlenstoff im Oberboden gespeichert werden können.

Großer Bedarf an Wohnraum

Während freie Flächen wichtig für den Umwelt- und Klimaschutz sind und die Landwirtschaft viel Fläche benötigt, ist auf der anderen Seite der Bedarf an Wohnraum groß. Vor allem in Großstädten haben Menschen mit kleinerem Geldbeutel oder auch Alleinstehende Probleme, eine passende und bezahlbare Wohnung zu finden.

Menschen mit höherem Einkommen wünschen sich hingegen oft größere Wohnungen oder Häuser und viele junge Familien wünschen sich ein Haus mit Garten. Diese sind in Städten ebenfalls eher selten und noch dazu oft sehr teuer.

In Deutschland werden gleichwohl immer mehr und immer größere Wohnungen gebaut, die Wohnfläche pro Person steigt. Dies liegt vor allem daran, dass mehr Menschen in Single-Haushalten leben und daran, dass mit zunehmendem Alter die durchschnittlich genutzte Wohnfläche steigt. Beispielsweise weil die Kinder aus dem Haus ausziehen oder der/die Lebenspartner/-in verstirbt. Im Jahr 2019 gab es in Deutschland rund 42,5 Millionen Wohnungen, das waren rund 1,9 Millionen mehr als im Jahr 2011 (+ 4,6 Prozent). Die Wohnfläche pro Kopf nahm in Deutschland zwischen 2011 und 2019 durchschnittlich von 46,1 m² auf 47 m² zu. Eigenheime und große Wohnungen nehmen immer noch zu, obwohl die Haushalte durchschnittlich immer kleiner werden und es immer häufiger Ein-Personen-Haushalte gibt (39,7 Prozent). 

Die meisten neuen Wohnungen entstehen in Neubauten, die häufig in neu ausgewiesenen Baugebieten am Stadtrand, in Vororten oder auf dem Land errichtet werden. Daher ist die Errichtung von Wohnraum ein bedeutender Treiber der Flächen-Neuinanspruchnahme in Deutschland.

Zersiedelung und Verkehr – ein Teufelskreis?

Folgen von Zersiedelung

Mit einer zunehmenden und oft ungeordneten Ausbreitung der Städte und Gemeinden in unbebaute Bereiche hinein, der sogenannten Zersiedelung, gehen nicht nur Freiflächen wie landwirtschaftliche Flächen und fruchtbare Böden verloren. Es gibt weitere direkte und indirekte Umweltfolgen.

Die zurückgelegten Wege werden länger, es kommt zu mehr Verkehr mit Kraftstoffverbrauch und Belastungen durch Lärm und Abgase, zu mehr Staus und damit Bedarf an weiteren Straßen, also zusätzlichem Flächenverbrauch – eine Art Teufelskreis. Mehr Gebäude bedeuten zudem einen erhöhten Energieverbrauch für Heizung, Kühlung und Beleuchtung, was zu höheren CO2-Emissionen führt.

Infolge der Zersiedelung sinkt die Auslastung von Infrastrukturen, was sich noch verstärkt, wenn die Bevölkerung durch den demographischen Wandel schrumpft. Der Aufwand pro Einwohner/-in zum Erhalt der technischen Infrastruktur wie Versorgungsleitungen, Kanalisation, Verkehrswege und so weiter steigt. Je geringer die Nutzerdichte, desto weniger rentabel sind auch öffentliche Verkehrsmittel. Die Folge: Das Angebot schrumpft. Damit steigt die Abhängigkeit vom motorisierten Individualverkehr und so weiter. Ähnliche Folgen treffen auch soziale Infrastrukturen wie Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser.

Auch Einkaufszentren und Gewerbegebiete siedeln sich oft am Stadtrand oder im Umland von Städten an, weil das Bauland dort günstiger ist und große Parkplätze angeboten werden können. Auch dies trägt dazu bei, dass Menschen zunehmend auf Pkw angewiesen sind, um dort einzukaufen oder zu arbeiten.

Hohe Mobilität braucht Verkehrsfläche

Die Menschen in Deutschland sind im langfristigen Vergleich insgesamt auf immer längeren Strecken unterwegs – und das bei einer kaum veränderten Anzahl der täglichen Wege. Gut 80 Prozent des Personenverkehrsaufwandes gehen in Deutschland auf den motorisierten Individualverkehr zurück, vor allem auf Pkw. Im Jahr 2015 betrug der gesamte Personenverkehrsaufwand rund 1.179 Milliarden Personenkilometer, das waren fast 13 Prozent mehr als im Jahr 2000. Der Bestand an Kraftfahrzeugen nimmt kontinuierlich zu: Zwischen 2008 und 2016 wuchs der Bestand um 9 Prozent bei Pkw, um 20 Prozent bei Lkw und um 13 Prozent bei motorisierten Zweirädern. Siehe dazu auch das Thema der Woche Mobil ohne Auto.

Dieses hohe Verkehrsaufkommen sorgt für einen großen Bedarf an neuen Straßen und Schienen. Täglich werden durchschnittlich 17 Hektar Fläche pro Tag für neue Verkehrswege ausgewiesen.

Zerschneidung der Landschaft

Mit dem Aus- oder Neubau von Straßen, Bahnlinien und Flugplätzen werden Lebensräume zerschnitten, die früher zusammenhingen. In der Folge können Wildtiere sich nicht mehr so frei bewegen, sie sind in ihrem arttypischen Verhalten eingeschränkt und großräumige Wanderungen werden unterbunden. Populationen werden in "Lebensrauminseln" isoliert, dadurch ist auch der wichtige Austausch von Erbgut bei der Fortpflanzung bedroht.

Was wird zur Reduzierung des Flächenverbrauchs unternommen?

Städte und Gemeinden sollen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestaltet werden, so lautet eines der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG 11). Dazu zählt zum einen, allen Menschen den Zugang zu angemessenem, sicherem und bezahlbarem Wohnraum und zu sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Verkehrssystemen zu sichern, aber eben auch eine nachhaltige Siedlungsplanung zu verstärken. Daraus lässt sich in Zusammenspiel mit dem Nachhaltigkeitsziel 15, in dem unter anderem der Erhalt natürlicher Lebensräume und biologischer Vielfalt angestrebt wird , die Zielsetzung ableiten, den Flächenverbrauch zu reduzieren oder zu stoppen.

Das Bundeskabinett beschloss im Januar 2017 in der "Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie – Neuauflage 2016", dass bis zum Jahr 2030 der Flächenverbrauch in Deutschland auf unter 30 Hektar pro Tag verringert werden soll. Der Klimaschutzplan vom November 2016 beschreibt die Leitplanken für ein grundsätzliches Umsteuern in Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Weg zu einem treibhausgasneutralen Deutschland. Seither strebt die Bundesregierung bis 2050 sogar das Flächenverbrauchsziel Netto-Null (Flächenkreislaufwirtschaft – siehe unten) an.

Damit wird eine Zielsetzung der Europäischen Kommission aufgegriffen. Diese Zielsetzung hat während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2020 Eingang in die Erwägungen für eine EU-Biodiversitätsstrategie gefunden und wurde im März 2021 auch in die weiterentwickelte Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen.

Auch der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE), der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) sowie der Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU) fordern, die Inanspruchnahme neuer Flächen zum Teil noch deutlich vor dem Jahr 2050 auf null zu reduzieren.

Maßnahmen und Instrumente

Die Bundesregierung will zum einen den Flächenverbrauch reduzieren, zum anderen sollen bestehende Siedlungsflächen und Verkehrsflächen besser genutzt werden.

Zu den Maßnahmen gehört eine nachhaltige Siedlungsentwicklung, die dem Prinzip "innen vor außen" folgt. Statt des Neubaus auf der "grünen Wiese" sollten Kommunen zunächst ihre Möglichkeiten zur Innenentwicklung prüfen und ausschöpfen, zum Beispiel Leerstände und Brachflächen nutzbar machen oder Baulücken schließen. Dabei sollten sie möglichst gleichzeitig auf Maßnahmen für ein besseres Stadtklima (Grünflächen, wenig Versiegelung, Fassadenbegrünung et cetera) achten. 

Die Bundesregierung strebt die Einführung einer sogenannten Flächenkreislaufwirtschaft an, die Umwandlung und Flächenrecycling einschließt. Stehen keine Möglichkeiten zur Nachverdichtung innerhalb der Städte und Gemeinden zur Verfügung, können auch Flächen auf der "grünen Wiese" in begrenztem Umfang in den offenen Flächenkreislauf einbezogen werden. Dafür werden vorher genutzte Flächen, die nicht baulich nachgenutzt werden können, renaturiert und aus dem Flächenkreislauf "entlassen".

Die Bundesregierung fördert zudem die Entwicklung neuer oder veränderter ökonomischer Instrumente (zum Beispiel im kommunalen Finanzausgleich, im Grundsteuerrecht und Baulandsteuerrecht, durch handelbare Flächenzertifikate), außerdem Konzepte zur Entsiegelung und Renaturierung, Management für Brachflächen, Verkehrsberuhigung und Weiteres. Instrumente, die dem Flächenschutz zuwiderlaufen, sollen überdacht werden. Die Eigenheimförderung wurde inzwischen eingestellt, aber auch die Pendlerpauschale steht in der Kritik. Hier gelte es, alternative Möglichkeiten für den gebotenen sozialen Ausgleich zu entwickeln.

Handel mit Flächenzertifikaten

Das Umweltbundesamt erprobt zudem ein neues Instrument zum Flächensparen in einem Modellversuch: den Handel mit Flächenzertifikaten. Er soll – in Anlehnung an den Handel mit ⁠CO2⁠-Emissions-Zertifikaten – finanzielle Anreize setzen für diejenigen Kommunen, die Innenentwicklung betreiben und Flächen sparen.

Verkehrswende

Auch eine Verkehrswende hin zu mehr öffentlichem Personennahverkehr, Zugreisen und Fahrradnutzung kann ein Beitrag zur Vermeidung von Flächenverbrauch sein. Denn weniger Autos benötigen weniger Park- und Verkehrsflächen, der Neubau von Straßen könnte reduziert oder vermieden werden. Bisher wird diese Verkehrswende vor allem in Zusammenhang mit der Abkehr von fossilen Brennstoffen und der Einsparung von CO2 und Luftschadstoffen diskutiert.

Klimaschutz in Städten

In Städten spielen Maßnahmen zur Schaffung von Grün- und Freiflächen eine wichtige Rolle. Der Deutsche Städtetag betont in einer Stellungnahme, wie wichtig es sei, dass Städte angesichts des Klimawandels ein vielfältiges Netz an grünen Freiräumen entwickeln und pflegen und für grüne Infrastruktur sorgen. Es gibt zudem vielfältige Förderprogramme der Bundesländer und Kommunen, die die Begrünung von Gebäuden unterstützen. Einige Kommunen reduzieren auch die Abwassergebühren für Hauseigentümer/-innen, die Flächen auf ihren Grundstücken entsiegeln.

Vielen Menschen ist es wichtig, zentral in einer Großstadt und dabei möglichst ressourcenschonend und ökologisch nachhaltig zu leben. Es gibt seit einigen Jahren in mehreren Städten autofreie oder ökologisch orientierte Modellsiedlungen, in deren Planung auch der Aspekt, möglichst wenig Fläche zu beanspruchen und zu versiegeln, eine wichtige Rolle spielte.

Was kann ich selbst tun?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, selbst dazu beizutragen, Böden zu schützen und Flächen möglichst umweltverträglich und nachhaltig zu gestalten.

Wer ein Haus bauen will, sollte möglichst ein bestehendes Gebäude wiederherrichten und klimagerecht modernisieren. Der Energieaufwand ist in aller Regel geringer als der Neubau eines vergleichbaren Hauses. Zudem sollte wenig Fläche versiegelt werden, denn versiegelte Böden verlieren ihre Fruchtbarkeit für immer. Damit der Boden im Umfeld nicht zu stark verdichtet wird, sollten möglichst leichte Baufahrzeuge und Raupen genutzt werden. Auch eine Entsiegelung von Flächen ist möglich, in manchen Kommunen werden für solche Maßnahmen sogar die Abwassergebühren reduziert.

Eigene Flächen wie zum Beispiel Gärten können möglichst naturnah gestaltet werden, um Artenvielfalt und Bodenfunktionen zu schützen. Auch auf den Einsatz chemischer Pflanzenschutz- und Düngemittel sollte verzichtet werden. Siehe dazu auch das Thema der Woche Naturnahe Gärten: Artenvielfalt auf kleinem Raum.

Es ist zudem wichtig, geschützte Flächen zu respektieren. In Schutzgebieten, Nationalparks, Biosphärenreservaten etc. ist es wichtig, sich an die Regeln zu halten – zum Beispiel auf den Wegen zu bleiben, keine Pflanzen mitzunehmen oder Verschmutzungen zu hinterlassen. Siehe dazu das Thema der Woche Schutzgebiete, Wildnis und die Biologische Vielfalt.

Ein weiterer Beitrag zur nachhaltigen Flächennutzung ist es, umweltfreundliche Verkehrsmittel wie Bahnen, Busse oder das Fahrrad zu nutzen und wenn möglich, auf einen eigenen Pkw zu verzichten.

Auch ein reduzierter Fleischkonsum hilft, den Flächenverbrauch zu reduzieren. Denn die Nutztierhaltung ist besonders flächen- und ressourcenintensiv.

Weiterführende Links

Bundesumweltministerium: Themenseite Flächenverbrauch
https://www.bmu.de/themen/europa-internationales-nachhaltigkeit-digitalisierung/nachhaltige-entwicklung/strategie-und-umsetzung/reduzierung-des-flaechenverbrauchs/

Umweltbundesamt: Flächensparen – Böden und Landschaften erhalten
https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/flaechensparen-boeden-landschaften-erhalten

Umweltbundesamt: Struktur der Flächennutzung
https://www.umweltbundesamt.de/daten/flaeche-boden-land-oekosysteme/flaeche/struktur-der-flaechennutzung#die-wichtigsten-flachennutzungen

Europäische Kommission: Befestigte Flächen – verborgene Kosten. Alternativen zu Flächenverbrauch und Bodenversiegelung
https://ec.europa.eu/environment/soil/pdf/SoilSealing-Brochure_de.pdf

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