26.04.2018 | Hintergrund

SDGs und Agenda 2030: Der Begriff Nachhaltigkeit und die Rolle der Schule

Die Erde doppelt
Grundschule, Sekundarstufe

Die Welt muss sich auf nachhaltige Weise weiterentwickeln, um auch für zukünftige Generationen gute Lebensperspektiven zu erhalten: Diesem Leitbild haben sich die Staaten der Welt verpflichtet. In der Agenda 2030 der Vereinten Nationen haben sie einen Katalog von Zielen formuliert. Bei ihrer Verwirklichung spielt Bildung eine zentrale Rolle. Sie soll die Kompetenzen für die Gestaltung einer nachhaltigen Gesellschaft zu vermitteln.

Ein Wort macht Karriere

Der Begriff Nachhaltigkeit hat Eingang in den alltäglichen Sprachgebrauch gefunden. Das ist auf der einen Seite positiv, denn es gibt immer mehr Initiativen für eine nachhaltige Entwicklung, sei es von Wirtschaftsunternehmen, von Verbänden oder politischen Einrichtungen.

Auf der anderen Seite scheint der Begriff "Nachhaltigkeit" gleichzeitig an Aussagekraft zu verlieren. Er wird in so vielen verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens verwendet, dass er als trockener und sperriger Sammelbegriff verstanden werden kann. Die Anwendungsbereiche reichen von der Unternehmensverantwortung über Öko-Produktsiegel bis hin zum Klimawandel. Zudem wird der Begriff manchmal fälschlicherweise verwendet, während er anderswo im korrekten Zusammenhang gar nicht auftaucht.

Nachhaltigkeit im Unterricht: Hintergrund, Begriffe und Didaktik 

Zu diesem Thema zählen die folgenden drei Hintergrundtexte:

Was bedeutet Nachhaltigkeit?

Der Begriff Nachhaltigkeit ist mittlerweile 300 Jahre alt und wurde in der Forstwirtschaft geprägt. Nachhaltig wirtschaften heißt dort, nicht mehr Bäume zu fällen als nachwachsen. Moderner und allgemeiner ausgedrückt: Nachhaltig ist, was sowohl den Bedürfnissen der heute lebenden Menschen entspricht als auch die Möglichkeiten künftiger Generationen erhält. Auch in Zukunft soll die Menschheit in der Lage sein, ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Es geht um nicht weniger als darum, allen heute lebenden Menschen sowie unseren Kindern und Enkelkindern die Chancen zu wahren auf ein Leben in Würde, Gerechtigkeit und Frieden, auf soziale Sicherheit ebenso wie wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten bei gleichzeitigem Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen.

Anders ausgedrückt: Als nachhaltig gilt eine Entwicklung, die sowohl ökonomisch und ökologisch als auch sozial dauerhaft tragbar ist. In der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung von 2016 findet sich auch die Formulierung: Um Lebensgrundlagen und Lebenschancen der Menschheit dauerhaft zu sichern, müssen wir global denken und bei Ent-scheidungen heute stets schon das Morgen in den Blick nehmen. Gelegentlich wird dies in einem anschaulichen Begriff zusammengefasst: "Enkeltauglichkeit" beziehungsweise "Enkelgerechtigkeit".

Nachhaltige Entwicklung wird demnach als ein integrierter Ansatz verstanden, bei dem stets sowohl ökologische, ökonomische als auch soziale Entwicklungen – die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – beachtet werden als auch die zahllosen Wechselwirkungen zwischen diesen Dimensionen.

In älterer Literatur ist oft auch von den drei Säulen der Nachhaltigkeit die Rede: Ökologie, Ökonomie und Soziales. Teilweise wurde dieses Modell um eine vierte Säule erweitert, die Kultur. Das Säulenmodell wurde in der Fachdiskussion verworfen, weil es eine Trennung zwischen den einzelnen Säulen suggeriert.

Nachhaltigkeit bezeichnet demnach keinen Themenbereich, im Gegensatz zum Beispiel zu Naturschutz oder Klimawandel. Nachhaltigkeit ist vielmehr ein Handlungsprinzip, das auf alle Bereiche angewendet werden kann.

Nachhaltige Entwicklung: erklärtes Leitbild auf allen politischen Ebenen

In den vergangenen Jahrzehnten ist nachhaltige Entwicklung zum erklärten Leitbild auf vielen Ebenen geworden. Die Bundesregierung verfolgt eine Nachhaltigkeitsstrategie, die EU hat bereits 1997 im Vertrag von Amsterdam die nachhaltige Entwicklung zum übergeordneten Ziel der gemeinsamen Politik erklärt. Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen hatten sich zuvor, 1992 in Rio de Janeiro, zu nachhaltiger Entwicklung verpflichtet und die sogenannte Agenda 21 beschlossen. Im Jahr 2000 formulierten sie in der sogenannten Millenniumserklärung Aufgabenstellungen für die internationale Politik im 21. Jahrhundert, die acht Millenniumsentwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDGs).

Daran anknüpfend haben die Vereinten Nationen im Jahr 2015 bei ihrem Gipfeltreffen in New York die sogenannte Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beschlossen. Dabei haben sie sich erstmals auf feste Ziele geeinigt, die mit konkreten Fristen verbunden sind. Sie werden als 17 Nachhaltigkeitsziele bezeichnet. Oft wird auch in deutschsprachigen Veröffentlichungen die englische Bezeichnung "Sustainable Development Goals" verwendet, kurz SDGs.

Zu den 17 Nachhaltigkeitszielen zählen unter anderem die weltweite Beseitigung von Hunger und Armut, die Versorgung mit "sauberer" Energie, Klimaschutz und der Schutz des Lebens unter Wasser und an Land.

Auch auf der Ebene der Länder und Kommunen spielt Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle. Dem trägt das SDG Nr. 11 Rechnung: "Nachhaltige Städte und Siedlungen". Nicht zuletzt orientieren sich Unternehmen zunehmend an den Prinzipien der Nachhaltigkeit – auch diesbezüglich gibt es ein SDG (Nr. 9).

Von Rio zum BNE-Aktionsprogramm

Bereits auf der berühmten UN-Konferenz von Rio de Janeiro im Jahr 1992 spielte auch Bildung eine zentrale Rolle. Laut der Agenda 21 ist sie ein zentraler Faktor für nachhaltige Entwicklung.

Wenn die Vereinten Nationen bei einem weltweit wichtigen Thema Handlungsbedarf sehen,
rufen sie eine Weltdekade aus. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist ein solches Thema. Beim UN-Weltgipfel in Johannesburg 2002 wurden die Jahre 2005 bis 2014 zur Dekade "Bildung für nachhaltige Entwicklung" erklärt.

An die UN-Dekade knüpft das UNESCO-Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung an, das den Zeitraum 2015 bis 2019 umfasst. Ziel ist, das Nachhaltigkeit noch stärker im Bildungssystem zu verankern.

Auch in der Agenda 2030 spielt Bildung eine zentrale Rolle. Es gilt als eine wichtige Voraussetzung für das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele, dass alle Kinder und Jugendlichen weltweit eine hochwertige Bildung erhalten. Und Bildung ist ausdrücklicher Teil der Agenda. Ziel 4 der 17 Nachhaltigkeitsziele lautet: "Für alle Menschen inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sowie Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen sicherstellen."

Was ist "Bildung für nachhaltige Entwicklung"?

Das im Zusammenhang mit der entwicklungspolitischen Diskussion auf UN-Ebene entstandene Konzept einer Bildung für nachhaltige Entwicklung ist ein Querschnittskonzept, keine Ergänzung beziehungsweise kein Teilbereich bestehender Lehrpläne. Sie zielt auf eine Neuorientierung aller Bildungsbereiche, um im gesamten Bildungswesen das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung zu verankern.

Bildung für nachhaltige Entwicklung zielt darauf, dass die Lernenden "Gestaltungskompetenz" erwerben. Das bedeutet: die Fähigkeit, aktiv und eigenverantwortlich die Zukunft mitzugestalten und so zu einer gerechten und umweltverträglichen Entwicklung der Welt beizutragen.

Dies setzt Wissen sowie bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten voraus. In diesem Zusammenhang werden oft verschiedene Teilkompetenzen genannt. Diese konkretisieren den Begriff Gestaltungskompetenz und lassen bereits erkennen, welche Themen und Methoden im Rahmen einer "Bildung für nachhaltige Entwicklung" besonders geeignet sind. Zu den Teilkompetenzen gehören unter anderem, dass die Schülerinnen und Schüler...

  • vorausschauend denken und handeln,
  • die eigenen Leitbilder und die anderer reflektieren und
  • selbstständig planen und handeln können.
  • Handlungsentscheidungen treffen unter Berücksichtigung der Folgen für andere Weltregionen und zukünftige Generationen.

Eine ausführliche Darstellung der Kompetenzen enthält der Hintergrundtext "Nachhaltigkeit im Unterricht: Themen und Projekte planen".

Welche Rolle spielt Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Schule?

Bildung für nachhaltige Entwicklung beziehungsweise die damit verbundenen Kompetenzen haben spätestens seit Beginn der UN-Dekade in allen Bundesländern Eingang in die Lehr- beziehungsweise Bildungspläne gefunden, allerdings nicht immer explizit. Teilweise ist Nachhaltige Entwicklung im Schulgesetz verankert, gilt als Leitidee, wird als Bildungs- und Erziehungsauftrag genannt oder ist in curricularen Vorgaben berücksichtigt.

Mit der Weiterentwicklung der entwicklungspolitischen Agenda werden auch die Konzepte im Bildungsbereich weiterentwickelt und konkrete Aktionen weitergeführt. So hat die sogenannte Nationale Plattform BNE hat unter dem Vorsitz des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Juni 2017 den Nationalen Aktionsplan Bildung für Nachhaltige Entwicklung verabschiedet. Er benennt Handlungsbereiche und Maßnahmen dazu, wie Bildung im Sinne der Agenda 2030 im Deutschen Bildungssystem umgesetzt werden kann.

Die 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 bieten dabei neue Vorteile für die Bildungsarbeit, so eine Studie des Rates für Nachhaltige Entwicklung: Insbesondere die Visualisierung der Ziele in Form von Icons biete sehr viel Orientierung. Demnach vermittelt die Darstellung das Gefühl, dass die Ziele zusammengehören und in die gleiche Richtung verweisen, gleichzeitig aber inhaltlich sehr verschiedene Themen beschreiben, die sehr unterschiedliche Maßnahmen erfordern.

Zwar ist laut dem Rat für Nachhaltige Entwicklung das Konzept der Nachhaltigkeitsziele bisher nur vereinzelt in den Bildungseinrichtungen angekommen. Doch würden sie dort wahrgenommen, wo bereits Bewusstsein für Umwelt- und Naturbildung, Globales Lernen oder Bildung für nachhaltige Entwicklung vorhanden sei. Der neue Rahmen der Nachhaltigkeitsziele scheint den bereits Aktiven Schwung zu geben, so der Nachhaltigkeitsrat. Das klare Raster der Ziele führt demnach dazu, dass auch verstreute Nachhaltigkeitsinitiativen als Teil eines großen Ganzen angesehen werden und so an Bedeutung und Sichtbarkeit gewinnen.

Weiterführende Links

UNESCO: Einfluss der Bildung auf die 17 Nachhaltigkeitsziele
https://www.unesco.de/bildung/bildung-2030/bildung-und-sdgs.html

UNESCO-Weltaktionsprogramm: Was ist Bildung für nachhaltige Entwicklung?
http://www.bne-portal.de/de/einstieg/was-ist-bne

Umweltbundesamt: Transformatives Lernen durch Engagement
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/transformatives-lernen-durch-engagement

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