Wie PFC in die Umwelt gelangen
Sogenannte PFC sind seit einigen Jahren immer wieder Gegenstand von Medienberichten. Häufig geht es dabei um bestimmte Schadensfälle. Zum Beispiel wurden im Norden von Düsseldorf PFC im Grundwasser nachgewiesen. Bereits im Jahr 2006 waren im Hochsauerlandkreis besorgniserregende Verunreinigungen in Wasserproben nachgewiesen worden. In den Landkreisen Baden-Baden und Rastatt in Baden-Württemberg sind mehr als 400 Hektar Ackerflächen so belastet, dass bestimmte Kulturpflanzen nicht angebaut werden sollten und das Grundwasser nicht länger zur Trinkwassergewinnung genutzt werden kann. Zudem warnen Umweltorganisationen wie Greenpeace vor PFC in Alltagsprodukten wie Outdoor-Kleidung.
Die Verbreitung von PFC sorgt für Aufregung und Fachleute stufen die Chemikalien als bedenklich ein. Sie sind kaum abbaubar und verbleiben daher für einen sehr langen Zeitraum in der Umwelt. Einige PFC reichern sich in der Umwelt und in Organismen an und wirken zudem gesundheitsschädlich auf den Menschen.
Was sind PFC?
Per- und polyfluorierte Chemikalien sind ausschließlich anthropogenen Ursprungs. Das heißt, sie werden von Menschen geschaffen und kommen in der Umwelt natürlicherweise nicht vor. Insgesamt gehören zu dieser Stoffgruppe über 3.000 Verbindungen.
Chemisch betrachtet zählen PFC zu den organischen Verbindungen. Sie bestehen aus unterschiedlich langen Ketten von Kohlenstoffatomen, bei denen die Wasserstoffatome durch Fluoratome ersetzt sind. Bei polyfluorierten Chemikalien wurden die Wasserstoffatome teilweise durch Fluoratome ersetzt, bei perfluorierten Chemikalien vollständig. Die Bindung zwischen Kohlenstoff und Fluor ist so stabil, dass sie sich nur unter hohem Energieaufwand löst. Deshalb sind viele PFC in der Umwelt kaum oder gar nicht abbaubar.
Die bekanntesten Verbindungen aus der Gruppe der PFC sind PFOS (Perfluoroktansulfonsäure) und PFOA (Perfluoroktansäure). Diese Verbindungen sind bisher auch am besten untersucht.
Wo werden PFC verwendet?
PFC besitzen besondere Eigenschaften: Sie sind wasser-, fett- und schmutzabweisend, und darüber hinaus sehr stabil. Das bedeutet, dass sie sich nicht zersetzen und auch hohe Temperaturen aushalten. Deshalb werden sie seit über fünfzig Jahren bei der Herstellung vieler Industrie- und Alltagsprodukte eingesetzt.
Sie dienen zum Beispiel für Antihaftbeschichtungen bei Pfannen und Töpfen. Auch Oberflächen von Teppichen oder Möbeln werden mit ihnen beschichtet. Ebenso können sich in vielen beschichteten Papieren und Lebensmittelverpackungen PFC befinden, zum Beispiel in Pizzakartons oder Pappbechern. PFC werden von vielen Herstellern zur Imprägnierung von Outdoor-Textilien verwendet. Darüber hinaus können sie in vielen weiteren Produkten enthalten sein, wie in Baustoffen, Skiwachsen, Pestiziden und Feuerlöschschäumen.
Wie gelangen diese Stoffe in die Umwelt?
Per- und polyfluorierte Chemikalien können bereits bei ihrer Produktion oder der Herstellung von Produkten in die Umwelt gelangen. Auch durch den Gebrauch PFC-haltiger Produkte werden sie freigesetzt. Viele lokale Verunreinigungen sind die Folge des Einsatzes bestimmter Feuerlöschschäume, vor allem auf Flughäfen. Aber auch durch illegale Vorgänge wurden PFC in die Umwelt eingetragen, wie durch unzulässiges Mischen von PFC-belasteten Materialien mit Kompost, welche als „Düngemittel“ und sogenannte „Bodenverbesserer“ auf Ackerflächen ausgebracht wurden.
Manche PFC-Verbindungen sind flüchtig, das heißt, sie können schon bei Raumtemperatur verdampfen. So können sich zum Beispiel PFC aus Teppichen in der Luft von Innenräumen ausbereiten. Im Vergleich mit der Außenluft konnten in Innenräumen 30- bis 570-fach höhere Konzentrationen von PFC festgestellt werden, das geht aus einer Publikation des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2009 hervor.
Darüber hinaus breiten sich flüchtige PFC-Verbindungen in der Atmosphäre aus. Wenn sie sich mit festen Bestandteilen in der Luft verbinden, können sie mit dem Wind über weite Strecken transportiert werden. Durch den Niederschlag gelangen sie in den Boden und in Flüsse, Seen und Ozeane, wo sie mit den Meeresströmungen weitertransportiert werden.
Inzwischen lassen sich PFC in sämtlichen im Wasser lebenden Tieren nachweisen, so beispielsweise in Fischen und Robben. Erhöhte Gehalte dieser Chemikalien wurden auch in der Leber von Eisbären, Füchsen und Eisvögeln nachgewiesen.
Im Boden können PFC-Verbindungen über die Wurzeln von Pflanzen aufgenommen und gespeichert werden. Das ist beispielsweise bei Gräsern der Fall, aber auch bei Nutzpflanzen wie Kartoffeln oder Weizen. Auch Nutztiere wie Rinder, Schweine oder Hühner können die Chemikalien mit der Nahrung aufnehmen, sodass PFC-Gehalte auch in Fleisch und Eiern gemessen wurden. Die gesundheitlichen Leitwerte der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit werden jedoch durch die Nahrungsaufnahme dieser Produkte nicht überschritten.
Vom Boden aus gelangen PFC-Verbindungen durch das Sickerwasser in das Grundwasser. Gut wasserlösliche, in der Regel kurzkettige Verbindungen breiten sich im Grundwasser aus. Mit dem Grundwasser gelangen diese Stoffe wiederum in Flüsse, Seen und die Ozeane. Da vielerorts das Grundwasser als Trinkwasser genutzt wird, kann die Qualität des Trinkwassers leiden. Eine Reinigung ist sehr aufwendig und teuer. So mussten in Baden-Württemberg Trinkwasserbrunnen geschlossen werden.
Viele PFC-Verbindungen gelangen mit Abwässern in Kläranlagen, wo die meisten von diesen Verbindungen nicht abgebaut werden können. Quellen für PFC-haltige Abwässer sind in Nordrhein-Westfalen insbesondere die Galvanik-Industrie, speziell die Kunststoffgalvanik, sowie die Oberflächenveredelung und die Metallverarbeitung. Aber auch beim Reinigen von Textilien gelangen PFC in das Abwasser. In der Kläranlage reichert sich ein Teil dieser Chemikalien im Klärschlamm an, während ein anderer Teil mit dem gereinigten Abwasser in die Flüsse und Seen fließen kann.
Was sind die Gefahren für Mensch und Umwelt?
PFC können hauptsächlich durch Essen und Trinken, also durch Wasser und Nahrung, in den menschlichen Körper aufgenommen werden. Eine weitere Quelle sind erhöhte Konzentrationen in der Luft von Innenräumen.
Einige PFC-Verbindungen werden vom menschlichen Körper gut aufgenommen und reichern sich im Blut an. Bei einer Schwangerschaft gelangen sie in den Blutkreislauf des ungeborenen Kindes und werden an Säuglinge über die Muttermilch weitergegeben. Einmal in den Körper aufgenommen, können manche Verbindungen dort relativ lange verbleiben; bei PFOA und PFOS dauert es beispielsweise vier bis sechs Jahre, bis sich die Konzentration halbiert hat.
Welche gesundheitlichen Auswirkungen diese Chemikalien auf Menschen und Tiere haben können, wurde bislang vor allem bei den Verbindungen PFOA und PFOS untersucht. Beide Stoffe gelten zwar für den Menschen nur als gering akut toxisch – das heißt, sie wirken nicht sofort giftig. Allerdings zeigten Langzeitstudien mit Mäusen und Ratten, dass diese Verbindungen die Entstehung von Tumoren wie Leberkrebs fördern. Darüber hinaus wirkten sich die Stoffe negativ auf die Fortpflanzungsfähigkeit und das Immunsystem der Versuchstiere aus.
Bei Menschen, die über einen längeren Zeitraum erhöhte PFC-Gehalte mit dem Trinkwasser aufgenommen hatten, wurde ein Zusammenhang zwischen der Höhe der PFC-Konzentrationen im Körper sowie der Fruchtbarkeit und dem Geburtsgewicht von Neugeborenen festgestellt. Außerdem kam es zu Auswirkungen auf das Immunsystem, den Fettstoffwechsel und die Schilddrüsenhormone.
PFC-Verbindungen sind für die Umwelt vor allem deshalb als kritisch einzustufen, da sie eine hohe Persistenz besitzen. Das heißt: Einmal ausgesetzt verbleiben sie sehr lange in der Umwelt. Man geht davon aus, dass fast alle jemals produzierten PFC-Verbindungen sich noch heute in der Umwelt befinden. Stoffe, die derart langlebig und gesundheitlich bedenklich sind und sich in Organismen anreichern, können zu langwierigen Problemen für die Umwelt und die Gesundheit von Menschen und Tieren führen.
Welche Lösungsansätze gibt es?
An Orten, an denen erhöhte PFC-Konzentrationen festgestellt wurden, wurden Maßnahmen getroffen, um eine weitere Ausbreitung dieser Schadstoffe zu verhindern. Dies betrifft insbesondere das Grund- und Trinkwasser sowie die Versorgung mit Nahrungsmitteln. Beispielsweise wurden Trinkwasserbrunnen geschlossen und spezielle Aufbereitungsanlagen errichtet, die das Grundwasser von PFC-Verbindungen reinigen. Auf belasteten landwirtschaftlichen Anbauflächen werden nur noch bestimmte Pflanzen angepflanzt, die PFC nicht oder nur in sehr geringem Maße aufnehmen.
Dringend erforderlich ist eine umfassende Vorsorgepolitik, die den Einsatz von PFC-Verbindungen auf das Nötigste beschränkt. Das Vorsorgeprinzip gehört zu den Leitlinien der Umweltpolitik in Deutschland und in der EU. Die Vorsorge soll verhindern, dass Gefahren überhaupt erst entstehen. Das gilt auch, wenn es Unsicherheit über mögliche Gefahren gibt oder Zusammenhänge zwischen Ursachen und Schäden noch nicht vollständig bekannt sind. In solchen Fällen kann ein Risiko bestehen, dass Schäden eintreten. Risikovorsorge bedeutet, vorbeugend zu handeln, um Schäden von vornherein zu vermeiden. Im Zusammenhang mit PFC geht es um beides.
Das Umweltbundesamt setzt sich im Rahmen der Vorsorge für ein weltweites Chemikalien-Management ein. Demnach muss beim Einsatz von Chemikalien immer die Frage beantwortet werden, welcher gesellschaftliche Nutzen und welcher Schaden daraus entsteht.
Auf EU-Ebene ist seit dem Jahr 2007 die Europäische Chemikalienverordnung in Kraft, die sogenannte REACH-Verordnung. Sie beruht auf dem Grundsatz, dass Hersteller und Anwender von Chemikalien dafür verantwortlich sind, dass von der Verwendung der Chemikalien keine Risiken ausgehen. Ein Ziel von REACH ist, alle besonders besorgniserregenden Chemikalien zu ersetzen und stattdessen andere Stoffe oder Technologien zu verwenden.
Der Umgang mit bestimmten PFC-Verbindungen wurde auf diese Weise in der EU bereits geregelt. So ist es seit 2008 bis auf einige Ausnahmen verboten, PFOS zu verwenden. Ab 2020 gilt auch ein Verbot für PFOA sowie Salze und Verbindungen, aus denen bei Abbauprozessen PFOA entstehen können.
Grundlage ist die Regelung zur Vermeidung der weltweiten Verbreitung von PFOS im Stockholmer Übereinkommen: PFOS wurde darin als „langlebiger organischer Schadstoff“ eingestuft, dessen Verwendung eingeschränkt werden soll.
Es werden allerdings noch viele weitere PFC-Verbindungen produziert beziehungsweise befinden sich im Umlauf. Die „klassischen“ Verbindungen PFOS und PFOA werden fortlaufend durch andere PFC ersetzt, deren Eigenschaften und Verhalten in der Umwelt uns vor neue Herausforderungen stellen. Deutschland setzt sich dafür ein, weitere dieser Verbindungen zu regulieren. So hat Deutschland 2017 gemeinsam mit Schweden einen Vorschlag bei der Europäischen Chemikalienbehörde (ECHA) zur weiteren Beschränkung von Perfluorcarbonsäuren mit einer Kohlenstoffkette von neun bis 14 Atomen und ihren Vorläuferverbindungen eingereicht.
Darüber hinaus gibt es von einigen Herstellern Bestrebungen, bekannte PFC-Verbindungen durch andere chemische Stoffe zu ersetzen. Insbesondere im Bereich der Outdoor-Bekleidung haben sich einige Firmen freiwillig dazu verpflichtet, in Zukunft auf den Einsatz dieser Stoffe zu verzichten. Hier haben auch Verbraucherinnen und Verbraucher Einfluss: Sie können gezielt PFC-freie Produkte wählen.
Und auch bei fluorhaltigen Feuerlöschschäumen wird versucht, auf PFC-freie Alternativen zurückzugreifen. In den Fällen, in denen dies nicht möglich ist, muss der Einsatz auf unverzichtbare Brandeinsätze beschränkt werden und das Löschwasser – wenn möglich – aufgefangen und ordnungsgemäß entsorgt werden.
Weiterführende Links
Umweltbundesamt: Per- und polyfluorierte Chemikalien
https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/chemikalien-reach/stoffgruppen/per-polyfluorierte-chemikalien-pfc#textpart-1
Umweltbundesamt: Per- und polyfluorierte Chemikalien: Einträge vermeiden - Umwelt schützen
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/per-polyfluorierte-chemikalien
Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz (07/2017):
Persistente organische Kontaminanten in Lebensmitteln. Exposition, Gefährdungspotenzial und gesundheitliche Bewertung
https://www.springermedizin.de/persistente-organische-kontaminanten-in-lebensmitteln/12332162?fulltextView=true
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