16.11.2023 | Hintergrund

Geoinformationen, Kartendienste und Fragen der nachhaltigen Entwicklung

Satellitenbild von der Erde
Grundschule, Sekundarstufe

Geoinformationen beziehungsweise Geodaten sind raumbezogene digitale Informationen. Diese können wichtige Erkenntnisse zu Fragen des Umwelt- und Naturschutzes sowie zur nachhaltigen Entwicklung liefern. Bund, Länder und Kommunen sowie viele Institutionen machen Geoinformationen zunehmend über das Internet zugänglich. Wie können die Daten genutzt werden und wie funktionieren Geoinformationssysteme?

Die Digitalisierung und der Schutz von Umwelt und Klima gelten als sogenannte Megatrends, und sie sind auf vielfältige Weise miteinander verbunden. Digitale Technologien sind gleichzeitig Herausforderung und Chance für den Schutz von Umwelt und Klima, so das Bundesumweltministerium in seiner Umweltpolitischen Digitalagenda. (Mehr im Thema Die Energiebilanz der Digitalisierung)

Zu den Chancen gehört, dass sie eine bessere Umweltpolitik ermöglichen: Daten und digitale Technologien helfen, den Zustand der Umwelt besser zu beobachten und diese zu schützen. (Mehr im Thema Umweltdaten: Erheben, verstehen, handeln)

Eine zentrale Rolle spielen dabei sogenannte Geoinformationen. Das sind Informationen, die sich auf einen bestimmten Ort beziehen. Sie werden oft auch als Geodaten bezeichnet.

Der heutige Stand des Wissens über das Klima und die Klimakrise wäre nicht möglich ohne digitale Technologien und Geoinformationen. Für den Ausbau erneuerbarer Energien werden geeignete Standorte für Solar- und Windenergieanlagen analysiert. Und für die Verkehrswende werden Daten über Verkehrsströme gebraucht.

Warum ist das wichtig?

Fragen im Bereich von Umwelt- und Naturschutz haben in der Regel einen räumlichen Bezug. Das bedeutet, dass es wichtig ist zu wissen, um welchen Ort es geht. Beispiele sind Fragen wie: Wie hat sich das Klima in den vergangenen Jahren in Deutschland verändert und welche zukünftigen Veränderungen sind zu erwarten? Wobefinden sich die Messstationen für Luftschadstoffe? In welchen Zonen kann ein Stadtgebiet umwelt- und sozialverträglich wachsen? Was grenzt an das Naturschutzgebiet, und wie wird dieses durch den Menschen beeinflusst?

Die Analyse von Geoinformationen kann eine wichtige Entscheidungsgrundlage sein. Denn bei vielen Fragen geht es darum, wie sich bestimmte Standorte oder Räume entwickeln beziehungsweise wie sich bestimmte Entscheidungen dort auswirken – auch auf die dort lebenden Menschen und auf die Natur. Ein Beispiel sind die Folgen des Klimawandels. Ein anderes Beispiel ist die Bewertung von Standorten, etwa für Windkraftanlagen oder den Bau von Stromtrassen.

Die praktische Arbeit mit Geoinformationen geschieht mithilfe von Software, den sogenannten Geoinformationssystemen (GIS). Sowohl die Leistungsfähigkeit der Software als auch die verfügbaren Daten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm weiterentwickelt. Es liegen immer mehr Daten vor, und auch ihre Qualität nimmt zu. Einen großen Anteil daran haben Erdbeobachtungssatelliten und Daten von den zahlreichen Sensoren, die heute zum Beispiel in Fahrzeugen, industriellen Anlagen oder der Umweltüberwachung eingesetzt werden. Immer mehr Daten sind über das Internet verfügbar, und neben komplexer Analysesoftware für Fachleute existieren auch leicht zu bedienende Internetanwendungen zur Darstellung und Auswertung der Daten.

Auch im Alltag nutzen wir mittlerweile tagtäglich Apps, die Geodaten verwenden und sie in Form von Karten nutzbar machen. Zum Beispiel zeigen Navigations-Apps, wo gerade Stau herrscht, und Wetter-Apps zeigen, wann voraussichtlich Regenwolken über unseren Standort ziehen.

Enorme Möglichkeiten für Wirtschaft, Forschung und Umweltschutz

Geoinformationen bergen viele Möglichkeiten in verschiedenen Anwendungsgebieten. 

Weil sie ein großes Potenzial für die Wirtschaft haben, werden sie gelegentlich als "digitaler Rohstoff" bezeichnet. Sie können nicht nur helfen, bestehende Abläufe zu verbessern. Sie können auch neue Produkte oder Dienste ermöglichen.

Auch in der Forschung sowie im Umwelt- und Naturschutz gibt es zahllose Anwendungen. So liefern Satelliten mit ihren Daten zur Erdatmosphäre eine entscheidende Grundlage für die Klimaforschung.

Im Umwelt- und Naturschutz werden Satellitenbilder und digitale Modelle von Landschaften eingesetzt, um ganze Ökosysteme zu überwachen und zu erforschen. So können Fachleute beinahe in Echtzeit beobachten, wie Tierherden wandern, wie sich Waldbrände auswirken, ob sich Fischereiflotten an die Regeln für Fischfang und den Meeresschutz halten oder wo größere Mengen des Treibhausgases Methan entweichen.

Was genau sind Geoinformationen?

Unter dem Begriff Geoinformationen werden alle Daten mit direktem oder indirektem Bezug zu einem bestimmten Standort oder geografischen Gebiet verstanden. Unterschieden wird zwischen grundlegenden Informationen (Geobasisinformationen beziehungsweise Geobasisdaten) und fachspezifischen Informationen (Fachinformationen).

Die sogenannten Geobasisinformationen sind grundlegende Informationen über die Beschaffenheit der Erdoberfläche beziehungsweise eines Geländes (topografische Informationen) sowie die Nutzungs- und Eigentumsverhältnisse am Grund und Boden (Liegenschaftskatasterinformationen). Dazu gehören zum Beispiel der Verlauf von Gewässern, Höhenlinien, Straßen oder die Umrisse von Flur-/Grundstücken und Ortschaften.

Die mit dem bestimmten Ort verknüpften Fachdaten, beziehungsweise Sachinformationen, können zum Beispiel die Einwohnerzahl eines Wohngebiets oder die Lärmbelastung entlang einer Straße sein.

Was sind Geoinformationssysteme (GIS)?

Geoinformationen werden mithilfe von Software verarbeitet, mit sogenannten Geoinformationssystemen (GIS). Sie dienen zur Erfassung, Bearbeitung, Analyse und nicht zuletzt zur Visualisierung der raumbezogenen Daten. Ergebnisse werden in der Regel wie klassische analoge Karten dargestellt, die man auch in Schulatlanten findet. Beispiele sind topografische oder thematische Karten, Stadtpläne oder Straßenkarten.

GIS ermöglichen zunehmend aber auch die Wiedergabe einer dritten oder sogar vierten Dimension. So vermitteln dreidimensionale Untergrund- sowie digitale Gelände- und Gebäudemodelle heute einen Eindruck, wie bewegt der Boden unter unseren Füßen ist, wie aufnahmefähig der Untergrund ist für Zwecke der Endlagerung oder wie gut sich Funksignale unserer Mobiltelefone ausbreiten können. 

Die Einbindung der vierten Dimension ermöglicht es, die Verhältnisse zu verschiedenen Zeitpunkten zu vergleichen, zum Beispiel die Dürresommer der vergangenen Jahre.

Bei professionellen Anwendungen wird sehr komplexe GIS-Software eingesetzt. Es gibt jedoch auch einfachere GIS, die sich für die Schule eignen. Einige sind über das Internet nutzbar (WebGIS). Dazu gehören Diercke WebGIS (Westermann-Verlag) und ArcGIS Online (Esri).

Zudem existieren webbasierte Dienste, die den Umgang mit Geoinformationen ermöglichen. Für einige Anwendungen eignen sich auch webbasierte interaktive Karten oder Satellitenbilderdienste wie Google Earth. Diese zeigen meist jedoch nur bestimmte, vordefinierte Informationen an. Dienste, die keine oder nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten bieten, die Daten zu bearbeiten oder eigene Daten hinzuzufügen, werden oft als "Viewer" bezeichnet. Die amtlichen Geobasisdaten für Deutschland zum Beispiel können unter basemap.deals detaillierte Karte angezeigt werden.

So bietet das Umweltbundesamt zum Beispiel interaktive Karten zur Lärmbelastung oder zur Belastung durch verschiedene Luftschadstoffe. Das Bundesamt für Naturschutz bietet ebenfalls mehrere Kartendienste, zum Beispiel zu Schutzgebieten in Deutschland. Beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bietet ein Geoportal mit einem dahinterliegenden Informationssystem ausgewählte, bundesweite Strahlungsinformationen. 

Die Funktionsweise von Geoinformationssystemen

GIS verbinden Informationen mit Orten, indem sie Daten auf verschiedenen Ebenen ("Layers") übereinanderlegen und zu einer Ergebniskarte verbinden. Die nachfolgende Abbildung veranschaulicht ein Beispiel. Die Ebenen umfassen eine Karte des Stadtgebiets von Köln einschließlich des nahegelegenen Flughafens, die Ergebnisse von Lärmmessungen und -Berechnungen in der Umgebung des Flughafens sowie die Bevölkerungsdichte im Stadtgebiet. Wenn diese Ebenen übereinandergelegt und verglichen werden, ist leicht erkennbar, welche Bereiche wie stark von Lärm betroffen sind. Zudem lässt sich ermitteln, wie viele Menschen betroffen sind und ob es alternative Flugrouten geben könnte, die die Stadtbevölkerung von Lärm entlasten könnten.

Umgang mit Geoinformationen gehört zu den Kompetenzen für die "digitale Welt"

Entsprechend der großen Bedeutung von Geoinformationen für Wirtschaft, Forschung und Politik ist der Umgang mit ihnen in der Schulbildung verankert. Die Rahmen- und Kernlehrpläne der Bundesländer für das Fach Geografie beziehungsweise Erdkunde sehen vor, dass die Schüler*innen Kompetenzen im Umgang mit raumbezogenen Daten erwerben und mit GIS arbeiten.

Raumanalysen und Geoinformationen spielen auch in der Diskussion über zeitgemäße Bildung in der "digitalen Welt" eine Rolle. So gehören die Analyse, Interpretation und Bewertung von Daten zu den von der Kultusministerkonferenz (KMK) genannten Kompetenzen in der digitalen Welt. Darüber hinaus eignen sich GIS, um Kompetenzen im Bereich Produzieren und Präsentieren zu üben, etwa: digitale Werkzeuge anwenden, Informationen weiterverarbeiten und in bestehendes Wissen integrieren.

GIS sind zudem ein Beispiel dafür, wie sich "digitale Bildung" und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) wechselseitig ergänzen können.

Neuer Blick auf Räume

Auf diese Weise lassen sich zu vielfältigen Fragestellungen hilfreiche Schlüsse ziehen. Insbesondere die Möglichkeit, verschiedenartige Informationen auf mehreren Ebenen miteinander in Verbindung zu bringen, kann neue Einblicke bei der Beurteilung eines Gebietes ermöglichen. 

Orte lassen sich unter den verschiedensten Gesichtspunkten bewerten, zum Beispiel bei der Suche von Standorten für Windenergieanlagen. Werden topografische Informationen und Daten zu Windgeschwindigkeiten übereinandergelegt, lassen sich Standorte mit einem guten Potenzial direkt auf der Karte ablesen. Wird auf weiteren Ebenen zum Beispiel die Lage von Naturschutzgebieten und Bebauungsplänen ergänzt, werden mögliche Einschränkungen für die Standortsuche deutlich.

Als es noch keine GIS gab, wurden Karten häufig auch schon mithilfe mehrerer Ebenenkarten erstellt. Dafür wurden transparente Folien verwendet, die auf einem Leuchttisch übereinandergelegt wurden. Anschließend konnte eine zusammenfassende Ergebniskarte gezeichnet werden. Computer und GIS erleichtern dies enorm. 

Zusätzliche Möglichkeiten verspricht die Verwendung Künstlicher Intelligenz (KI). Sie kann dabei unterstützen, Umweltdaten besser auszuwerten. KI kann unter anderem helfen, sehr große Datenmengen zu analysieren und bestehende Analyseverfahren zu optimieren und zu automatisieren.

Woher kann ich Daten beziehen?

Vor allem öffentliche Stellen führen raumbezogene Daten. "Führen" bedeutet, dass sie für den Datenbestand und dessen Qualität verantwortlich sind. Bei der Erhebung von Daten wirken teilweise auch ehrenamtlich tätige Privatpersonen oder Verbände mit. 

Eine weitere Datenquelle für Zwecke des Umwelt-, Natur- und Klimaschutzes sind Geofachdaten, die mithilfe von Erdbeobachtungsatelliten erhoben werden, wie dem Sentinel 5 P des europäischen Copernicus-Programms.

Auch das sogenannte Crowd-Sourcing gewinnt an Bedeutung, die Einbeziehung der Öffentlichkeit über das Internet. Das freie Kartenprojekt Openstreetmap ist ein herausragendes Beispiel dafür. Die Karten werden von Freiwilligen erstellt, die weltweit Wege, Gebäude und vieles mehr erfassen. Ein weiteres Beispiel ist sensor.community (früher luftdaten.info). Die Plattform zeigt die Daten eines Sensornetzwerks, das von Freiwilligen betrieben wird.

Aktuelle und zuverlässige Informationen über das von ihnen zu verwaltende Gebiet sind für Bund, Länder und Kommunen eine zentrale Grundlage für Entscheidungen. Die Kommunen verwalten die Bebauungspläne für ihr Gebiet. Die Bundesländer erheben Daten zum Straßenlärm. Lärm an Schienenwegen ist dagegen überwiegend Bundessache – die Daten sammelt daher das Eisenbahn-Bundesamt. 

Weil die erhobenen Daten auch über kommunale und Ländergrenzen hinweg von großer Bedeutung sind, gibt es zunehmende Bemühungen, die erhobenen Daten über Geodateninfrastrukturen zur Verfügung zu stellen. Dabei werden einheitliche Standards zum Datenaustausch vorgegeben. Ein zentraler Geodatenkatalog bietet einen Überblick über die vorhandenen Daten.

Die zentrale Anlaufstelle für Geodaten in Deutschland ist das Geoportal von Bund, Ländern und Kommunen. Dort kann in einem Katalog nach verfügbaren Daten auf den verschiedenen staatlichen Ebenen gesucht werden. Viele Daten sind online verfügbar und können direkt auf einer Karte angezeigt werden. Für viele Informationen steht auch eine Schnittstelle zur Verfügung, sodass sie in anderen GIS oder Kartenviewern angezeigt werden können. Diese Dienste werden als Web Map Service (WMS) bezeichnet. Zum Beispiel sind die amtlichen Vermessungsdaten verfügbar und können mit einem Viewer unter basemap.de angezeigt werden.

Bei Weitem nicht alle Daten der öffentlichen Verwaltung sind als WMS verfügbar. Daher kann es hilfreich sein, bei den jeweiligen öffentlichen Einrichtungen nachzufragen. Teilweise werden Daten auch als Datei per Download oder als Datenträger zur Verfügung gestellt.

Daten zur Umwelt sind ein bedeutender Bereich, weil sie die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung bilden. Für diesen Zweck müssen sie gut zugänglich, valide und zuverlässig sein. Das Umweltbundesamt baut darum derzeit die Plattform umwelt.info auf, die in Zukunft alle bundesweit öffentlich verfügbaren Informationen zu umweltbezogenen Themen zusammenführen soll.

Was kann ich selbst tun?

Viele Geoinformationen mit Umweltbezug sind gut verständlich und bieten die Möglichkeit, sich selbst zu informieren. Dies kann auch im Alltag hilfreich sein. Ein Beispiel sind die Karten des Umweltbundesamtes zur Luftqualität. Im beruflichen Alltag können sie wertvolle Informationen liefern, zum Beispiel für Standortanalysen.

In der Schule und in der außerschulischen Bildung bieten Geoinformationen die Grundlage für attraktive Projekte. Sie bieten eine anschauliche Möglichkeit, mit Daten zu arbeiten, und können viele Zusammenhänge im Bereich der nachhaltigen Entwicklung verständlich machen.

Eine Reihe von Projekten bietet zudem die Möglichkeit, selbst Daten beizusteuern und sich damit aktiv für Umwelt- und Naturschutz einzusetzen. Ein Beispiel ist die sensor.community. Neue Projekte finden sich regelmäßig auf der Citizen-Science-Plattform www.buergerschaffenwissen.de.

Weiterführende Links

Bundesumweltministerium: Umweltinformationen

Bundesumweltministerium: Die umweltpolitische Digitalagenda

Umweltbundesamt: Kartendienste im Überblick

Geoportal.de

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