03.12.2020 | Hintergrund

Nachhaltig handeln im Alltag

Grundschule, Sekundarstufe

Von Bio-Obst über fairen Kaffee und Öko-Jeans bis hin zu ethischen Finanzprodukten: Wer im Alltag nachhaltig handeln will, kann in fast allen Lebensbereichen auf entsprechende Produkte zurückgreifen. Labels und Siegel erleichtern die Auswahl. Doch was bedeuten sie? Bei Zweifeln helfen Verbraucherportale und Siegel-Apps.

Für die Deutschen zählen Umwelt- und Klimaschutz zu den wichtigsten Aufgaben der Gegenwart, so eine Studie, die das Bundesumweltministerium (BMU) 2020 veröffentlicht hat. Alle zwei Jahre werden im Auftrag des Ministeriums Bürgerinnen und Bürger nach ihrem Umweltverhalten befragt. Das Ergebnis: Das Problembewusstsein für Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes nimmt kontinuierlich zu.

Viele Menschen sind sich bewusst, dass sie über ihre Kaufentscheidungen Ressourcen schonen, Müll vermeiden oder Arbeitsbedingungen in fremden Ländern verbessern können. Zahlreiche Labels und Siegel versprechen den Verbraucherinnen und Verbrauchern, die richtige Wahl zu treffen. Aber welche Labels bieten wirklich einen Nutzen? Welche sind nur ein grüner Anstrich ("Greenwashing") für ein wenig nachhaltiges Produkt?

Labels und Gütesiegel: Konsumwegweiser im Alltag

Eines der bekanntesten Siegel ist der Blaue Engel. Viele kennen ihn von Schreibheften und Collegeblöcken. Er garantiert, dass die Schreibmaterialien aus Altpapier hergestellt wurden. Das Recycling spart wichtige Ressourcen und schützt so die Umwelt. Außerdem stellt das Siegel hohe Anforderungen an den Chemikalieneinsatz.

Der Blaue Engel ist das weltweit erste Umweltsiegel. Seit 1978 zeichnet er Produkte und Dienstleistungen aus. Den Blauen Engel tragen neben Geschenk- und Recyclingpapier auch viele andere Produkte wie Textilien, Farben und Lacke, Möbel, Wasch- und Reinigungsmittel sowie Dienstleistungen wie Carsharing, die besonders umweltfreundlich sind. Um das Siegel zu erhalten, müssen die Produkte und Dienstleistungen hohe Ansprüche in den Bereichen Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und Gebrauchstauglichkeit erfüllen. Die Grundsätze für die Vergabe des Siegels werden vom Bundesumweltministerium als Zeicheninhaber festgelegt, das Umweltbundesamt steuert die fachliche Expertise bei. Die Entscheidung und Prüfung der Vergabe des Siegels geschieht durch die unabhängige Jury Umweltzeichen und das Deutsche Institut für Kennzeichnung und Gütesicherung (RAL gGmbH).

Ähnlich wie der Blaue Engel funktioniert das EU-Umweltzeichen (EU Ecolabel). Zeicheninhaberin ist seit 1992 die Europäische Kommission. Die Vergabe an Unternehmen in Deutschland regelt auch hier die RAL gGmbH.

Labels und Gütesiegel gehen also über die gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflichten hinaus, zu denen gewöhnlich nur Preis- und Mengenangaben sowie Inhaltsstoffe und Sicherheitshinweise gehören. Labels vermitteln zusätzliche Informationen zu ökologischen, Sicherheits- oder Sozialstandards, zur Qualität der Produkte oder ihrer Herkunft.

Besonders viele Siegel kennzeichnen Nahrungsmittel. Der Naturschutzbund Deutschland hat auf seinem Internetportal allein in diesem Bereich 57 verschiedene Produktkennzeichnungen untersucht.

Eines davon ist das staatliche Bio-Siegel für Lebensmittel. Das grüne Sechseck, in dem in schwarzen Buchstaben "Bio" steht, kennzeichnet seit 2001 Produkte aus kontrolliert biologischem Anbau. Das Bio-Siegel garantiert, dass bei der Produktion von Gemüse, Obst und Getreide keine chemischen und synthetischen Pflanzenschutz- und Düngemittel verwendet wurden.

Fleisch und Milchprodukte, die mit dem Siegel ausgezeichnet sind, stammen von Tieren, die artgerecht gehalten wurden und denen ausreichend Platz zur Verfügung steht. Außerdem ist Gentechnik gänzlich verboten.

Für das deutsche Bio-Siegel gelten mit der EU-Ökoverordnung dieselben Kriterien wie für das EU-Bio-Siegel. Dieses Siegel wurde 2010 eingeführt. Es ist ein Blatt aus weißen Sternen auf grünem Hintergrund. Häufig kennzeichnen beide Label dasselbe Produkt, da sie für dieselben Standards stehen. Das ist eine Ausnahme, denn unterschiedliche Siegel stehen gewöhnlich für unterschiedliche Standards.

Auch wenn an das Europäische und das deutsche Bio-Siegel umfangreiche Anforderungen geknüpft sind, haben andere Siegel noch anspruchsvollere Vorgaben in puncto Nachhaltigkeit. Dazu zählen Siegel wie die von Demeter, Naturland oder Bioland und anderen Anbauverbänden.

So müssen zum Beispiel Erzeuger, die nach den Vorgaben des Naturland- oder des Bioland-Siegels arbeiten, ihren Hof vollständig auf Bio-Produktion umstellen und können nur halb so viele Tiere auf einem Hektar halten wie Erzeuger, die nach den EU-Richtlinien arbeiten.

Die genannten Siegel stehen somit für einen höheren Anspruch an den ökologischen Anbau und die Verarbeitung von Nahrungsmitteln.

Siegel im Bereich der Nahrungsmittel garantieren aber nicht nur ökologische Standards. Das Fairtrade-Siegel hat beispielsweise unter anderem soziale Kriterien entwickelt. Ziel ist es, die Handelsbedingungen und damit auch das Leben für landwirtschaftliche Produzenten und Arbeiter in Entwicklungs- und Schwellenländern zu verbessern. Die Produzenten sollen zum Beispiel von fairen Preisen für Zucker, Kakao, Kaffee oder Bananen und der Etablierung langfristiger Handelsbeziehungen profitieren.

Um eine Fairtrade-Zertifizierung zu erhalten, müssen diese Produzenten, Händler und Unternehmen soziale, ökologische und wirtschaftliche Standards einhalten, das heißt, sie müssen faire Löhne an ihre Mitarbeiter zahlen, illegale und ausbeuterische Kinderarbeit verbieten und eine Gewerkschaftsfreiheit garantieren.

Ein neues staatliches Siegel für den Textilsektor ist der "Grüne Knopf". Zeicheninhaber ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Das Besondere: Um das Textilsiegel zu erhalten, muss nicht nur das Produkt, sondern auch das Unternehmen "als Ganzes" insgesamt 46 menschenrechtliche, soziale und ökologische Kriterien einhalten. Auch die Lieferketten werden dabei berücksichtigt.

Was steckt hinter Produktkennzeichnungen?

Die Vielfalt an Produktsiegeln ist groß. Einige Produktlabels weisen auf ganz bestimmte Eigenschaften hin. Dazu zählen Nachhaltigkeitslabels, bei denen neben ökologischen Gesichtspunkten auch soziale und wirtschaftliche Kriterien berücksichtigt werden. Andere Produktlabels sind Regionalzeichen. Sie weisen darauf hin, dass ein Produkt aus einer bestimmten Region kommt.

Neben Produktlabels gibt es unter anderem Eigenmarken und Firmenlabels wie die Bioproduktlinien der großen Supermarktketten, Gütezeichen wie das der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft e. V. (DLG) für Lebensmittel sowie Prüfzeichen wie die von TÜV und Stiftung Warentest.

Nur wenige Siegel haben eine rechtliche Grundlage, wie zum Beispiel das EU-Bio-Siegel oder das deutsche Bio-Siegel. Einige Siegel, die sogenannten Gütezeichen, werden nur vom Deutschen Institut für Kennzeichnung und Gütesicherung (RAL) vergeben. Strengste Maßstäbe bei Unabhängigkeit und Transparenz gelten für sogenannte "Typ 1 Umweltzeichen" nach ISO DIN EN 14024, wie beispielsweise der Blaue Engel.

Wege aus dem Siegel-Dschungel

Labels und Logos neu erfinden darf übrigens jeder. Es gibt laut EU-Gesetzgebung nur Einschränkungen bezüglich der Verwendung bestimmter Begriffe wie "bio"/"biologisch" und "öko"/"ökologisch". Auf diese Weise sind in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Nachhaltigkeitslabels und -logos entstanden.

Der Einfluss von Siegeln auf das Kaufverhalten ist jedoch begrenzt, denn mittlerweile gibt es eine unüberschaubare Vielzahl davon. Um Verbraucherinnen und Verbraucher eine bessere Übersicht im "Labeldschungel" zu bieten, betreibt die Bundesregierung das Internetportal www.siegelklarheit.de – dort werden in acht Produktkategorien Siegel und Label bewertet. Zeichensysteme, die dort als "gute" oder "sehr gute" Wahl ausgezeichnet werden, sind ambitioniert, transparent und vertrauenswürdig.

Kompetente Hilfe bietet ebenfalls die Internetplattform www.label-online.de vom Bundesverband "Die Verbraucher Initiative e.V."

Beide Plattformen informieren über Siegel und bewerten sie. Sie geben Antworten auf wichtige Fragen wie: Welche Labels bieten einen echten Nutzen für Umwelt und Verbraucher? Welche dienen eher als Feigenblatt? Welche zertifizieren die gesamte Produktions- und Lieferkette und welche nur das Endprodukt. Wie streng werden Chemikalien reguliert oder was schreiben die Siegel in puncto Recycling und Kreislauffähigkeit vor?

Ein weiteres Portal, der NABU-Siegel-Check, hat sich auf Lebensmittel spezialisiert. Das Portal klärt darüber auf, ob die Produkte ökologisch empfehlenswert sind. Ganz praktisch ist, dass man den Siegelcheck – wie auch www.label-online.de – als App auf das Smartphone laden und die Informationen so beim Einkaufen direkt nutzen kann.

Greenwashing mit Ökolabels?

Verbraucherschutz- oder Umweltorganisationen kritisieren immer wieder Fälle von "Greenwashing" mithilfe von Labels. Viele Unternehmen machen sich mit einem Ökosiegel umweltbewusster als sie wirklich sind. Einen "grünen Stempel" geben sich Unternehmen heute gerne, weil das Bewusstsein für nachhaltiges Leben unter der Bevölkerung in den letzten Jahren stark gewachsen ist.

Greenwashing (auf Deutsch Grünwaschen) bezeichnet – angelehnt an das Oxford Dictionary – eine Strategie, mit der sich Unternehmen ein ökologisches Image verschaffen, indem sie gezielt Desinformationen verbreiten. Mit Desinformationen ist nicht unbedingt die Unwahrheit gemeint. Oft sind die "grünen Behauptungen" des Unternehmens sogar wahr, das Kerngeschäft der betroffenen Firma ist allerdings meist nicht umweltfreundlich. Mit anderen Worten: Die Unternehmen lenken von anderen Problemen, die ihre Produkte verursachen, ab. Gerne wird auch auf Verpackungen mit Umwelteigenschaften geworben, die längst gesetzlich geregelt (verboten) sind, wie zum Beispiel "FCKW-freie" Deodorants.

Das Bundesumweltministerium hat gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie und dem Umweltbundesamt die Broschüre "Umweltinformationen für Produkte und Dienstleistungen" veröffentlicht, die alle Aspekte der rechtlich zulässigen Werbung mit Umweltaussagen abdeckt.

Labels allein genügen nicht

Es gibt kein Allround-Nachhaltigkeitslabel, das alle Aspekte der Nachhaltigkeit abdeckt und gleichzeitig transparent und zuverlässig ist. Vielmehr gibt es verschiedene Labels für verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit sowie für verschiedene Bereiche wie die Lebensmittel-, Textil-, Kosmetik- oder Tourismusbranche. Verbraucherinnen und Verbraucher, die ihre Alltagsentscheidungen an Prinzipien der Nachhaltigkeit ausrichten möchten, sollten sich beispielsweise über die genannten Portale und Apps informieren.

Über die Beachtung von Siegeln hinaus raten jedoch Institutionen wie die Verbraucherzentralen oder das Umweltbundesamt dazu, selbst auf weitere Kriterien zu achten. So weisen die Verbraucherzentralen darauf hin, dass saisonal geerntetes Gemüse und Obst aus der Region fast immer klimafreundlich sind. Wer jedoch mit dem Auto zum Supermarkt fährt, macht diesen Vorteil allerdings schnell wieder zunichte.

Alternativen zum Kauf von Produkten

In der Diskussion über nachhaltigen Konsum wird gelegentlich darauf hingewiesen, dass allein der Kauf bestimmter Produkte nicht als nachhaltiges Handeln bezeichnet werden kann. Vielmehr geht es darum, einen insgesamt verträglichen Lebensstil zu führen. Kritiker führen an, dass Ökoprodukte mittlerweile bei kaufkräftigen jungen Zielgruppen geradezu als Statussymbole gehandelt würden. Diese Gruppe würde zwar auf nachhaltige Produkte achten, dafür aber vergleichsweise viel konsumieren und mobiler sein.

Es gibt eine wachsende Zahl von Initiativen und Unternehmen, die genau dort ansetzen und darauf zielen, den Kauf neuer Produkte zu begrenzen und somit die damit verbundenen Umweltbelastungen zu verringern. Ein Ansatz ist, Produkte zu nutzen, statt zu besitzen – Carsharing ist das bekannteste Beispiel.

Wer an Weihnachten oder zu Geburtstagen garantiert zu 100 Prozent ökologisch schenken möchte, kann auch spenden. Beispielsweise für den Schutz von bestimmten Naturgebieten wie dem Regenwald oder für eine nachhaltige Entwicklung. Auch sozial ausgerichtete Hilfsorganisationen bieten Spenden mit nachhaltiger Wirkung für die Empfänger an. Zahlreiche Organisationen stellen für die Spende gerne eine individualisierte Geschenkeurkunde aus im Namen des zu Beschenkenden.

Übrigens können auch Organisationen mit einem Siegel ausgezeichnet werden: Das DZI-Spendensiegel verdeutlicht, dass eine Organisation verantwortungsvoll mit den Spenden umgeht.

Weiterführende Links

Informations- und Bewertungsportal der Bundesregierung
www.siegelklarheit.de

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung; Grüner Knopf
www.gruener-knopf.de

Bundesumweltministerium: Blauer Engel
www.blauer-engel.de

Label online: Informations- und Bewertungsportal zu Labels in Deutschland
https://label-online.de

Info- und Bewertungsportal des NABU im Bereich Lebensmittel
www.siegelcheck.nabu.de

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