Wie traditionelle Feste zu Konsum-Events werden
Feste und Anlässe wie Weihnachten, Ostern, Muttertag oder der Valentinstag sind für viele Menschen von großer Bedeutung. Oftmals gehören dazu Traditionen, auf die sie sich freuen. An Weihnachten zum Beispiel auf besinnliche Feiertage zusammen mit der Familie.
Meist wird großer Aufwand getrieben, um das Fest entsprechend zu feiern. Dazu gehören zum Beispiel passende Dekoration, Essen oder Geschenke. Insbesondere die Vorweihnachtszeit ist geprägt von den Vorbereitungen für das Fest. Das greifen auch Unternehmen auf. Für den Handel ist der Umsatz zur Weihnachtszeit teilweise von entscheidender Bedeutung, weil er einen beträchtlichen Teil des Jahresumsatzes ausmachen kann.
Während sich die Menschen einerseits auf das Fest freuen und die Wirtschaft auf gute Geschäfte hofft, wird die zunehmende Kommerzialisierung kritisiert. Das gilt insbesondere für Weihnachten.
Vertreter/-innen der christlichen Kirchen kritisieren, dass der eigentliche Sinn von Weihnachts- und Osterfest in den Hintergrund gerät.
Medien und Umweltorganisationen weisen darauf hin, dass unkritischer Konsum zu beträchtlichen Umweltbelastungen führen kann – und soziale Folgen hat. Oft werden die Millionen Weihnachtsbäume genannt oder die riesigen Mengen von Verpackungen, die an Weihnachten anfallen.
Auch für die Menschen, die sich eigentlich auf die Feste freuen, werden manche Aspekte zur Belastung. So beklagt in Umfragen regelmäßig ein beträchtlicher Teil, dass in der Weihnachtszeit die Vorbereitungen und der "Trubel" Stress auslösen. Viele denken im Zusammenhang mit Weihnachten vor allem an Rummel in den Einkaufsstraßen.
Wirtschaftsfaktor Konsum, Umweltfaktor Konsum
Anlässe wie Weihnachten und Ostern sind insbesondere in Geschäften und Einkaufsstraßen nicht zu übersehen. Das ist nicht nur Traditionspflege, sondern auch wirtschaftliches Interesse. Im Einzelhandel entfällt ein bedeutender Anteil des Jahresumsatzes auf das Weihnachtsgeschäft. Bei Spielwaren erreicht der Umsatz in den beiden Monaten November und Dezember fast 27 Prozent des Jahresumsatzes, so der Handelsverband Deutschland. Bei Büchern sind es knapp 25 Prozent, bei Unterhaltungselektronik 24 Prozent (Angaben für 2016).
Allein für Geschenke werden im Weihnachtsgeschäft rund 14 Milliarden Euro ausgegeben, so die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in ihrer Analyse zum Weihnachtsgeschäft 2017. Im Durchschnitt machen die Deutschen Geschenke im Wert von 278 Euro. Auch junge Menschen zwischen 14 und 24 Jahren geben bereits 140 Euro aus.
Zu den beliebtesten Geschenken zählen Bücher, Spielwaren und Bekleidung. Auch Kosmetik und Lebensmittel sowie Elektronik wie Handys und Tablets zählen dazu.
Insgesamt erwartet der Handelsverband im Weihnachtsgeschäft 2018 einen Umsatz von rund 100 Milliarden Euro. In den vergangenen Jahren ist der Umsatz damit deutlich gestiegen. Im Jahr 2005 lag er noch bei 82,2 Milliarden Euro. Damit ist das Weihnachtsgeschäft auch für die Wirtschaft insgesamt wichtig. Im Einzelhandel arbeiten rund drei Millionen Menschen.
Aus Sicht des Umwelt- und Klimaschutzes ist der private Konsum vor allem deshalb von Bedeutung, weil er Energie und Ressourcen benötigt und zu Treibhausgasemissionen führt. Das Umweltbundesamt weist darauf hin, dass steigende Ausgaben für den Konsum zu steigenden Umweltbelastungen führen. Dazu gehören zum einen direkte Folgen wie Emissionen beim Autofahren. Zum anderen aber führt der Verbrauch von Konsumgütern auch zu indirekten Folgen – zum Beispiel den Einsatz von Ressourcen im Ausland bei importierten Gütern.
Für jedes Fest das passende Produkt
Traditionelle Feste sind häufig mit speziellen traditionellen Produkten verbunden. Zu Weihnachten zum Beispiel werden Weihnachtsbäume gebraucht, zu Ostern gefärbte Eier. Daten zu einzelnen Produkten verdeutlichen deren Relevanz in Bezug auf die Umweltfolgen und den Ressourcenverbrauch.
So werden jährlich knapp 30 Millionen Weihnachtsbäume in Deutschland verkauft. 2,4 Millionen von ihnen werden aus dem Ausland importiert. Die Gänse für das traditionelle Gänseessen stammen zum größten Teil aus dem Ausland. Gut 5.600 Tonnen wurden 2016 importiert, davon 3.500 Tonnen aus Polen und 2000 Tonnen aus Ungarn.
Importierte Weihnachtsbäume werden zum Teil unter problematischen Bedingungen angebaut, so das Umweltbundesamt. Sie wachsen meist in eigens angelegten Christbaumkulturen. Dabei werden oft intensiv Insektizide, Herbizide und Mineraldünger eingesetzt. Das schadet den Böden, Gewässern und Ökosystemen. Außerdem können Weihnachtsbäume mit Chemikalien behandelt sein und die Gesundheit belasten, wenn sie im Wohnzimmer stehen.
Oft diskutiert wird auch die vermehrte Beleuchtung an Weihnachten. Sie erhöht nicht nur den Stromverbrauch. Wenn sie an Fenstern und in Gärten angebracht werden, können die Lichterketten auch zu Irritationen bei bestimmten Tieren führen.
Zudem werden viele Produkte und Dekorationsmaterial nur kurz oder einmalig verwendet. An Weihnachten kommt zum Beispiel eine große Menge Verpackungsmaterial für Geschenke hinzu.
Woher kommen die Ostereier?
Auch zu anderen Anlässen gibt es nicht nachhaltige Entwicklungen im Bereich des Konsums. So werden zu Ostern große Mengen Eier zusätzlich benötigt. Der Bedarf wird zu 30 Prozent durch Importe gedeckt. Speziell bei gefärbten Ostereiern gilt jedoch nicht die strenge Kennzeichnungspflicht wie für rohe Eier, so die Verbraucherzentrale. Sie können daher auch aus Käfighaltung stammen.
Wie gehen Unternehmen mit den Festen um?
Unternehmen sind darauf angewiesen, ihre Produkte und Leistungen verkaufen zu können. Darum betreiben sie Marketing. Das bedeutet: Sie richten ihre Angebote danach aus, was am Markt nachgefragt wird, und kommunizieren das an ihre Kundinnen und Kunden.
Anlässe wie Weihnachten gelten aus Marketing-Sicht als Chance, um Kundinnen und Kunden anzusprechen. Weihnachten spielt eine besondere Rolle, weil es ohnehin zu den Traditionen gehört, sich gegenseitig Geschenke zu machen und mithilfe von Dekorationsartikeln Weihnachtsstimmung zu erzeugen. Auch zu anderen Anlässen haben die Kundinnen und Kunden traditionell bestimmte Bedürfnisse: Am Valentinstag oder Muttertag verschenken viele Menschen Blumen, an Ostern sind Ostereier und Frühlingsdeko gefragt.
Dementsprechend greifen Handel und Werbebranche diese Anlässe auf, um den Konsum anzuregen. Zu Weihnachten und Ostern gibt es Marketing-Aktionen, die längst als Standard gelten. Und die Unternehmen bemühen sich, neue Ideen zu entwickeln, um sich im Wettbewerb Vorteile zu verschaffen. In Branchenmedien wird dies ausführlich diskutiert.
Dabei werden auch gesellschaftliche Trends aufgegriffen und gefördert. So hat es sich erst in den vergangenen Jahren in Deutschland etabliert, Halloween zu feiern. Mittlerweile gehört auch dieser Anlass zu den Marketing-Standards.
Zu neuen Marketing-Ansätzen gehört auch, gezielt neue Anlässe zu schaffen. Dazu zählt zum Beispiel die Rabatt-Aktion "Black Friday", die eigentlich mit dem amerikanischen Feiertag Thanksgiving zusammenhängt. Noch vor wenigen Jahren beteiligten sich in Deutschland nur die wenigsten Händler daran , bei den Kunden und Kundinnen war er so gut wie unbekannt. Doch der Bekanntheitsgrad ist enorm gewachsen. Im Jahr 2018 schätzt die Gesellschaft für Konsumforschung den Gesamtumsatz auf bis zu 2,4 Milliarden Euro.
Wie funktioniert Werbung?
Um die Kundinnen und Kunden auf ihre Angebote aufmerksam zu machen, betreiben Unternehmen Werbung, zum Beispiel mittels Anzeigen, Plakaten, Fernsehspots oder in sozialen Netzwerken im Internet. Mit Werbung soll das Verhalten der Kundinnen und Kunden beeinflusst werden.
Zur Frage, wie Werbung wirkt und zu einer Kaufentscheidung führt, gibt es zahlreiche Erklärungsansätze. Als Voraussetzung gilt, dass das Produkt zu den Einstellungen der Kundinnen und Kunden passt. Dem sogenannten Einstellungsmodell zufolge spielen dabei Emotionen, Motive und Wissen eine Rolle:
- Emotionen: Welche Gefühle werden mit dem Produkt verbunden?
- Motive: Ist das Produkt geeignet, bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen?
- Wissen: Welche Annahmen und Informationen zum Produkt sind vorhanden?
Zu Bedürfnissen zählen nicht nur Grundbedürfnisse wie das nach Nahrung, sondern auch erlernte beziehungsweise kulturell geprägte Bedürfnisse.
Viele Werbebotschaften haben einen sehr deutlichen Bezug zu diesen Faktoren. Sie knüpfen an die Einstellungen gegenüber Anlässen wie Weihnachten oder Mutter- und Valentinstag an. Typisch sind Verweise auf das, was sich die meisten Menschen wünschen: Zeit mit der Familie, Ruhe und Besinnlichkeit, Harmonie, Genuss.
Kritik am "Konsum-Rausch"
Während sich Unternehmen mit ihren Marketing-Bemühungen an den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden orientieren, wird dies gleichzeitig von verschiedenen Seiten kritisiert.
So empfinden viele Verbraucher/-innen manche Folgen des Marketings als übertrieben. In einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung gaben 60 Prozent der Befragten an, schon Anfang September Weihnachtsartikel im Handel gesehen zu haben. Einige schon im August. Die große Mehrheit der Befragten lehnt das ab.
Häufig kritisiert wird auch, dass der "Konsum-Rausch" dem eigentlichen Sinn von Anlässen wie Weihnachts- und Osterfest widerspricht. Viele Menschen empfinden es zudem als Belastung, dem kommunizierten Ideal von Weihnachten nacheifern zu müssen. Viele denken im Zusammenhang mit Weihnachten vor allem an Rummel in den Einkaufsstraßen.
Auch explizite Gegenbewegungen gibt es. So rufen manche Organisationen zum "Kauf-nix-Tag" beziehungsweise "Buy Nothing Day" auf, um gegen die "Shopping-Exzesse" am Black Friday zu protestieren.
Was gibt es für Lösungsmöglichkeiten?
Mit Blick auf den Ressourcenbedarf des privaten Konsums wird als Alternative der sogenannte nachhaltige Konsum diskutiert. Nachhaltig gilt Verbraucherverhalten, wenn bei Kauf und Nutzung von Konsumgütern auch Umwelt- und soziale Aspekte berücksichtigt werden. Dabei tragen Konsumentinnen und Konsumenten die Verantwortung, im Alltag entsprechend zu handeln.
Nachhaltiger Konsum ist zudem ein Thema der Politik. Die Bundesregierung hat ein Nationales Programm für nachhaltigen Konsum beschlossen, um diesen in verschiedenen Bereichen zu stärken.
Dies ist demnach eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Neben den Konsumenten/Konsumentinnen sind auch Industrie und Handel in der Verantwortung. Hier heißt es, entlang der gesamten Wertschöpfungskette unerwünschte ökologische und soziale Auswirkungen zu vermeiden.
Was kann ich selber tun?
Im Alltag helfen unter anderem Produktsiegel dabei, auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit zu achten. Dazu gehört zum Beispiel das staatliche deutsche Umweltzeichen "Blauer Engel". Wer beispielsweise zu Weihnachten nicht auf Geschenkpapier verzichten möchte, sollte dann jenes mit dem Blauen Engel aus 100 Prozent Recyclingpapier wählen. Weitere konkrete Tipps für verschiedene Bereiche hat das Umweltbundesamt auf seiner Internetseite zusammengefasst.
Darüber hinaus gibt es speziell zu Festen und Anlässen wie Weihnachten nicht nur Shopping-Tipps, sondern oft auch Ratgeber für kritischen und nachhaltigen Konsum. So hat das Umweltbundesamt eine Broschüre für Weihnachtszeit und Jahreswechsel herausgegeben. Die Behörde informiert auch über umweltschonende Weihnachtsbäume sowie über Ostereier.
Ähnliche Verbrauchertipps zu bestimmten Anlässen finden sich jeweils im Voraus in der Regel bei Verbraucherschutz- oder Umweltorganisationen und in manchen Medien.
Weiterführende Links
Umweltbundesamt: Konsum und Umwelthttps://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/konsum-umwelt-zentrale-handlungsfelder
Bundesumweltministerium: Nachhaltiger Konsum
https://www.bmu.de/themen/wirtschaft-produkte-ressourcen-tourismus/produkte-und-konsum/nachhaltiger-konsum/
Siegelklarheit.de: Wofür stehen Umwelt- und Produktsiegel?
https://www.siegelklarheit.de/home
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