18.05.2017 | Hintergrund

Fischfang in Europa

Fischerbote im Hafen
Grundschule, Sekundarstufe

Fisch ist eine wichtige Nahrungsquelle und Fischerei in vielen Ländern ein bedeutender Wirtschaftszweig. Doch die Bestände vieler Fischarten sind bedroht. Das ist nicht nur für die befischten Arten selbst gefährlich, sondern auch für die betroffenen Ökosysteme. Die Fischereipolitik soll helfen, die Fischbestände nachhaltig zu sichern. Was kann gegen Überfischung unternommen werden?

[Der Hintergrundtext wurde im Februar 2013 erstellt und im Mai 2017 umfassend überarbeitet.]

Weltweit ist Fisch für Millionen von Menschen eine wichtige Nahrungsquelle. Unter anderem an den Küsten Afrikas und Asiens stellt er oft das wichtigste Nahrungsmittel dar. Fischerei ist zudem vielerorts die wichtigste oder sogar die einzige Einkommensquelle. Auch in vielen Ländern Europas ist Fischerei ein bedeutender Wirtschaftszweig.

Doch Fischbestände sind begrenzt, viele werden über das langfristig verträgliche Maß hinaus ausgebeutet. Im Mittelmeer zum Beispiel gelten 93 Prozent der Fischbestände als überfischt, so die Europäische Kommission. Das bedeutet, dass die Bestände langfristig bedroht sind und ein erhöhtes Risiko besteht, dass sie ganz zusammenbrechen – wenn nicht geeignete Maßnahmen dagegen ergriffen werden. Damit steht nicht nur die Ernährung von Millionen von Menschen auf dem Spiel, sondern auch die Artenvielfalt des Meeres sowie ein ganzer Wirtschaftszweig.

Fisch als Nahrungsmittel

In der Europäischen Union wurden 2011 durchschnittlich 24,9 Kilogramm Fisch pro Kopf und Jahr gegessen – am meisten in Portugal (56,8 Kilogramm pro Kopf), Litauen (43,4 Kilogramm) und Spanien (42,4 Kilogramm), am wenigsten in Ungarn (5,3 Kilogramm). Deutschland liegt mit 14,2, Kilogramm auf Platz 20.

Drei Viertel des in der EU konsumierten Fischs stammt aus der Wildfischerei und ein Viertel aus Aquakultur, das bedeutet aus Fischzucht. Thunfisch, Lachs und Kabeljau zählen zu den beliebtesten Speisefischarten in der Europäischen Union (2012). Beim Verzehr gibt es jedoch von Land zu Land große Unterschiede. In Deutschland werden vor allem Lachs, Alaska-Seelachs, Hering und Thunfisch verzehrt (2015), dagegen gehören zum Beispiel in Spanien Seehecht, Lachs, Dorsch, Garnelen und Seebarsch (2015) zu den beliebtesten Speisefischen.

Fisch spielt eine wichtige Rolle für eine gesunde Ernährung. Er enthält unter anderem viel Eisen und Vitamine, Eiweiß und Jod. Fisch ist leicht verdaulich und viele Fischarten sind sehr fettarm.

Fischerei: ein bedeutender Wirtschaftszweig

In vielen Ländern der Europäischen Union ist Fischerei ein wichtiger Wirtschaftszweig. Seine Bedeutung ist allerdings in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich.

Insgesamt sind die EU-Fischer mit rund 85.000 Schiffen unterwegs (2015). Die Hauptfanggebiete liegen im Nordostatlantik (74,4 Prozent der Gesamtfänge in der EU im Jahre 2013), im Mittelmeer (8,5 Prozent) sowie im Mittleren Ostatlantik (7,8 Prozent). Am meisten werden EU-weit Heringe, Makrelen und Sprotten gefangen (2013).

Den größten Anteil an der Fangmenge in der EU hatte 2013 Spanien mit 18,7 Prozent, gefolgt von Dänemark (13,8 Prozent), dem Vereinigten Königreich (12,8 Prozent) und Frankreich (10,9 Prozent).

Bei den Arbeitsplätzen und der Zahl der Schiffe liegen Griechenland, Spanien und Italien EU-weit vorne. Die meisten Arbeitsplätze in der Fischerei konzentrieren sich in wenigen Ländern der EU. Die vier Spitzenreiter Spanien, Italien, Griechenland und Portugal haben zusammen einen Anteil von 70 Prozent.  In Deutschland sind etwa 40.000 Menschen in der Fischerei und der Fisch verarbeitenden Industrie beschäftigt.

Im globalen Vergleich hat die EU nur einen Anteil von 3,2 Prozent an der weltweiten Produktion von Fischerei und Aquakultur (2013). Der weltweit größte Erzeuger ist mit Abstand China (38,6 Prozent), gefolgt von Indonesien (10,1 Prozent), Indien (4,8 Prozent) und Vietnam (3,2 Prozent). Ein großer Teil der in der Europäischen Union verzehrten Fische stammt aus Importen. Die Hauptlieferanten sind Norwegen, China, Ecuador und Marokko.

EU-Meeresgebiete sind überfischt

Der intensive Fischfang in der EU macht sich bei den Fischbeständen in den europäischen Gewässern bemerkbar. In der Nord- und Ostsee ist die Bestandsituation "dramatisch schlecht", so das Bundesamt für Naturschutz. Vier von sieben Beständen sind überfischt, in der Ostsee allein sogar drei von vier Beständen. Im Mittelmeer sind es laut EU-Angaben sogar 93 Prozent (2015).

Überfischung bedeutet, dass die natürliche Regenerationsfähigkeit eines Fischbestands so weit reduziert ist, dass die verbleibenden Fische zu wenig Nachkommen haben, um wieder den ursprünglichen Bestand zu erreichen. Unter Bestand wird das Vorkommen von Fischen einer Art in einer bestimmten Region verstanden. Als Folge der Überfischung können einzelne Bestände oder sogar ganze Fischarten aussterben. 

Ein großes Problem sind Fischfangbetriebe, die sich nicht an die bestehenden gesetzlichen Regeln halten. Illegales, unreguliertes und unangemeldetes Fischen (IUU-Fischerei) gefährdet die Bemühungen, die weltweiten Fischbestände nachhaltig zu bewirtschaften, so das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Auch in Europa werden immer wieder Fischtrawler entdeckt, die ohne Lizenz fischen.  Der geschätzte Wert der Fänge aus der IUU-Fischerei weltweit beträgt bis zu zehn Mrd. Euro.

Auswirkungen auf das Ökosystem Meer

Der industrielle Fischfang ist nicht nur für die befischten Arten selbst gefährlich. Wenn einzelne Bestände stark dezimiert werden, kann sich dies auch auf andere Tier- und Pflanzenarten auswirken und damit die Stabilität des gesamten Ökosystems Meer gefährden. Dies geschieht dann, wenn auf diese Weise eine Nahrungsquelle verloren geht oder sich bestimmte Pflanzen stark vermehren, da sie keine "Fressfeinde" mehr haben. (Mehr zum Thema Ökosystem Meer im Hintergrundtext "Gefährdete Arten: Rochen und Haie in deutschen Meeren".)

Einige Fangmethoden wirken sich außerdem direkt auf andere Bereiche des Ökosystems aus. So kann der sogenannte Beifang oftmals ein Vielfaches der Menge des eigentlich gewünschten Fischs ausmachen. Zum Beifang zählen jene Meerestiere, die neben der eigentlich gefischten Art unerwünscht im Netz landen. Neben diesen "Nichtzielarten" zählen auch Zielarten zum Beifang, also Exemplare einer gezielt gefischten Art, die nicht den Voraussetzungen entsprechen, weil sie zum Beispiel "untermassig" sind.

Nach Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) macht der Beifang etwa ein Viertel des Fangs insgesamt aus. Meist wird er ins Meer zurückgeworfen, wobei mindestens die Hälfte der Tiere verendet. Das geschieht entweder, weil der Beifang unverkäuflich ist oder weil die Fischer bestehende Fangquoten für die gefangenen Arten nicht überschreiten wollen.  Zudem können sich auch Seevögel, Meeresschildkröten und Meeressäuger in den Netzen verfangen und so verenden.

Außerdem zerstören zum Beispiel Grundschleppnetze den Meeresboden oder Korallenriffe. Diese Netze werden eingesetzt, um die am Meeresboden lebenden Fischarten oder auch Krabben zu fangen. Unbeabsichtigt landen dann etwa auch Krebse, Seesterne, Muscheln und Jungfische im Netz.

Nachhaltige Fischerei: die Gemeinsame Fischereipolitik der EU

Die Europäische Union hat eine Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) entwickelt, um die Artenbestände in den Meeresgebieten der EU sowie die Meeresökosysteme zu schützen und die Fischerei als Wirtschaftssektor zu stützen. Die erste GFP wurde in den 1970er-Jahren vereinbart. 2013 wurde eine umfassende Reform beschlossen.

Diese EU-Reform setzt sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen. Um eine nachhaltige Bewirtschaftung sicherzustellen, enthält sie Bestimmungen darüber, wie viel gefischt werden darf ("Höchstfangmengen und Quoten"), wie viele Tage bestimmte Fangschiffe auf See verbringen dürfen ("Fischereiaufwand") und darüber, wie und wo gefischt werden darf ("technische Maßnahmen"). Zur Durchsetzung der Regeln sind Kontrollen vorgesehen.

Zum einen wurden die Fangquoten für bestimmte gefährdete Fischbestände gezielt herabgesetzt. Das heißt, die Fischereiflotten bekommen Vorgaben, wie viel Fisch bestimmter Arten in bestimmten Gebieten in einem bestimmten Jahr gefischt werden darf. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass die Fischbestände ihre Fähigkeit zur Reproduktion und somit langfristig ihre Größe beibehalten.

Der offizielle Begriff für diese optimale Fangmenge heißt "höchstmöglicher Dauerertrag" ("Maximum Sustainable Yield", kurz MSY). Die GFP sieht vor, bis 2020 für alle Fischbestände in den verschiedenen Meeresgebieten höchstmögliche Dauererträge festzulegen. Zudem darf die Gesamtkapazität der Fischfangflotten in der EU nicht mehr zunehmen und es werden Schutzgebiete ausgewiesen. Kritikerinnen und Kritiker bemängeln allerdings, dass die Fangquoten der EU derzeit zu hoch sind.

Ein wichtiger Baustein der Reform ist außerdem ein sogenanntes Rückwurfverbot, das schrittweise bis 2019 eingeführt werden soll. Das Rückwurfverbot bezieht sich auf den Beifang. Dieser soll künftig an Land gebracht und auf die Fangquoten angerechnet werden, auch wenn er keinen kommerziellen Wert für die jeweiligen Fischer hat. Dies soll die Fischer dazu veranlassen, selektivere Fanggeräte zu verwenden, um Beifang durch technische Maßnahmen zu vermeiden, insbesondere den Beifang an Jungfischen. 

Technische Möglichkeiten: alternative Fangmethoden

Die Gemeinsame Fischereipolitik der Europäischen Union schließt ebenso Regeln für den Einsatz von umweltverträglichen Fangmethoden ein. Zum Beispiel dürfen keine Grundschleppnetze in sensiblen Gebieten verwendet werden; Fangnetze müssen eine Mindestmaschengröße aufweisen.

Denn neben der Einhaltung von Fangquoten und Rückwurfverboten sind technische Maßnahmen zur Vermeidung von Beifang besonders wichtig, um die Fischbestände zu schonen. So können akustische Signale dafür sorgen, dass etwa Wale und Delfine von den Fangnetzen ferngehalten werden.

Zudem gibt es "schlaue Netze", die mit Klappen, Notausgängen und Fluchtschleusen ausgestattet oder so großmaschig sind, dass ungewollte Arten wieder aus dem Netz herausschwimmen können. Die Maschenöffnungen sollten auch groß genug sein, um möglichst keine zu jungen Fische zu fangen.

Fischbestände erholen sich teilweise

In manchen Meeresgebieten ist die Anzahl überfischter Fischbestände seit der Anpassung von Fangquoten zurückgegangen – im Nordostatlantik zum Beispiel von 94 Prozent im Jahre 2005 auf 39 Prozent im Jahre 2013. Dort befinden sich so viele Fischbestände innerhalb sicherer biologischer Grenzen, wie es seit Anfang der 1980er nicht mehr der Fall war. Mehr als die Hälfte der Bestände steht mittlerweile im Einklang mit dem höchstmöglichen Dauerertrag (MSY).

Gezielte Gegenmaßnahmen erforderte die Sicherung des Kabeljaubestands in der Nordsee. Seit den 1970er-Jahren bis 2006 hat sich dieser fast kontinuierlich verkleinert. Stete Überfischung und ungünstige Umweltbedingungen haben zum Zusammenbruch des Kabeljaubestandes geführt. Als Gegenmaßnahme wurde unter anderem die Fangquote über mehrere Jahre stark herabgesetzt. Seit seinem historischen Tief 2006 hat sich der Bestand schrittweise erholt und liegt 2016 knapp über dem Referenzwert des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrags (MSY). Die Nachwuchsproduktion ist dennoch seit 1998 schwach. Die bisherigen Schutzmaßnahmen haben zu einer leichten Erhöhung des Kabeljaubestandes geführt und hatten positive Auswirkungen auf andere Fischarten.

Dem Kabeljau in der Ostsee, als Dorsch bezeichnet, geht es aktuell deutlich schlechter. Dort mussten die Fangquoten im östlichen und westlichen Teil der Ostsee für 2017 herabgesetzt werden. Der Dorsch ist eine wichtige kommerzielle Fischart in der Ostsee. Während Umweltschutzorganisationen die neue Fangquote als zu hoch einschätzen, fürchten einige Fischer um ihre Existenz.

Welchen Fisch kann man bedenkenlos essen?

Auch das Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher spielt eine Rolle bei der Erhaltung der weltweiten Fischbestände. Umweltschutzorganisationen empfehlen, beim Kauf darauf zu achten, woher der Fisch stammt. Greenpeace und der WWF bieten auf ihren Internetseiten Ratgeber: Dort wird aufgeführt, welche Arten aus welchen Fanggebieten bedenkenlos verzehrt werden können – und auf welche Fische Verbraucherinnen und Verbraucher verzichten sollten, weil die Bestände überfischt sind oder der Fang Umweltschäden anrichtet. Die Umweltschutzorganisationen raten auch dazu, auf das MSC-Siegel zu achten und Fische aus Zuchtbetrieben mit Bio-Zertifizierung zu kaufen.

Das MSC-Siegel stammt von der Organisation "Marine Stewardship Council" (MSC). Diese hat ein Siegel für nachhaltige Fischerei entwickelt, das bestimmte Kriterien festlegt. Dazu gehört, dass einzelne Bestände nicht zu stark befischt werden dürfen und jeweils das gesamte Ökosystem berücksichtigt wird. Das heißt unter anderem, dass Laichgebiete verschont bleiben müssen oder Netze und Haken verwendet werden, die zu weniger Beifang führen. Fischfangbetriebe, die sich an die MSC-Kriterien halten, können mit dem MSC-Siegel werben. 

Weiterführende Links

Bundesamt für Naturschutz: Auswirkungen der Fischerei auf kommerzielle Fischbestände
https://www.bfn.de/22821.html

Thünen-Institut (Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei): Fischbestände Online – Fanggebiete, Fischarten, Fanggeräte
https://fischbestaende.portal-fischerei.de

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Die Fischereipolitik des Bundes und der EU: Für eine nachhaltige Fischerei
http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/Flyer-Poster/Flyer-Fischereipolitik.pdf

Europäische Kommission: Die gemeinsame Fischereipolitik in Zahlen (PDF)
http://ec.europa.eu/fisheries/documentation/publications/pcp_de.pdf

Umweltbundesamt: Umwelttipps für den Alltag: Essen und trinken: Fisch
https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/essen-trinken/fisch

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