27.01.2022 | Hintergrund

Wintersport, der Klimawandel und das Ökosystem der Alpen

Grundschule, Sekundarstufe

Skitourismus ist in den Bergen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Doch das hat Folgen für die Umwelt. Zum Beispiel schaden Bau und Betrieb von Skianlagen der empfindlichen Natur der Alpen. Gleichzeitig verschlechtern sich durch den Klimawandel die Bedingungen für den Wintersport. Vor diesem Hintergrund setzt auch die Tourismuswirtschaft zunehmend auf Alternativen zum klassischen Skiurlaub.

Die Folgen des Klimawandels sind zunehmend spürbar. Das betrifft auch den Wintertourismus in den Alpen. Angesichts der Klimaerwärmung wird in den Medien die Frage diskutiert, ob Skitourismus überhaupt eine Zukunft hat. In der Fachdiskussion ist dies schon länger ein Thema. Denn in den tieferen Lagen der Alpen und den deutschen Mittelgebirgen fällt im Durchschnitt immer weniger Schnee, und in Zukunft wird es noch weniger werden. Es gibt immer weniger Skigebiete, die als schneesicher gelten. 

Vor diesem Hintergrund sorgen immer wieder Tourismusprojekte für Diskussionen. Um den Skitourismus zu fördern, setzen manche Orte weiterhin auf den Ausbau der Infrastruktur. Pisten werden erweitert und künstlich beschneit. Doch dies stößt auf Kritik, da die künstliche Beschneiung und die Aufbereitung von Skipisten Umwelt und Natur belasten. 

Ein anderer Ansatz ist, das touristische Angebot umzustellen auf Alternativen, die umweltverträglicher und weniger abhängig von Schnee sind. Viele Regionen setzen auf Aktivitäten wie Wandern, Fitness und Wellness.

Die Grundlagen des Skitourismus sind gefährdet

Der Wintertourismus ist von großer Bedeutung für viele Regionen, weil er ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist. Doch er steht vor zwei zentralen Herausforderungen. Zum einen führt der Klimawandel dazu, dass Gebiete in den Alpen in geringeren Höhen nicht mehr schneesicher sind. Zum anderen beeinträchtigt der Skitourismus in seiner derzeitigen Form das Ökosystem Alpen. Damit gefährdet er seine eigene Grundlage, denn die einzigartige Natur und Landschaft macht diese Region für Tourismus und Erholung attraktiv.

Skiurlaub als Massenphänomen

Skifahren gehört in Deutschland zu den beliebtesten Sportarten. Über acht Millionen Deutsche betreiben aktiv Ski alpin. Hinzu kommen Millionen Snowboarder*innen und Skilangläufer*innen.
Viele Orte in den Alpenländern sind im Winter ein äußerst beliebtes Ziel, auch für Gäste aus dem Ausland. Die Alpenländer sind Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Österreich, Schweiz und Slowenien. Österreich liegt beim Skitourismus an der Spitze mit rund 51 Millionen von insgesamt 158 Millionen sogenannten Skifahrertagen pro Saison. Deutschland liegt mit vier Millionen auf Rang fünf. Unter Skifahrertagen versteht man die Anzahl der Gäste, die an einem Tag das erste Mal eine Liftanlage nutzen, das heißt, auch bei mehrmaliger Beförderung wird pro Gast nur ein Skifahrertag berechnet. 

Wie wichtig diese Form des Tourismus ist, lässt sich auch am Erscheinungsbild vieler Skiorte ablesen. Es ist durch Hotels, Pensionen, Ferienwohnungen, Lifte und Loipen geprägt

Die Folgen des Wintersporttourismus für Umwelt und Natur

Skigebiete beanspruchen Flächen für ihre Infrastruktur, darunter Pisten, Liftanlagen und Parkplätze. Dadurch wird der natürliche Lebensraum vieler Pflanzen und Tiere beeinträchtigt oder durch den Neu- und Ausbau von Gebieten sogar zerstört. Die Skigebiete liegen inmitten von Gebirgslandschaften, die für seltene und vom Aussterben bedrohte Tiere und Pflanzen von höchster Bedeutung sind. 

Beim Bau neuer Skipisten sind die Waldrodungen und das Planieren der Böden wohl der schwerwiegendste und auf lange Zeit sichtbarste Eingriff in die Natur und Landschaft der Berggebiete. Durch das Planieren wird die vorhandene natürliche Pflanzendecke zerstört. Der Boden wird verdichtet, sodass weniger Wasser versickern kann. Damit steigen die Erosionsgefahr sowie die Gefahr von Schlamm- und Gerölllawinen bei Starkregen und Schneeschmelze. Durch das Zerstören der Pflanzendecke können Arten verschwinden, auf die wiederum Insekten angewiesen sind, wie zum Beispiel Schmetterlinge und Blattkäfer. 

Theoretisch können die negativen Auswirkungen des Baus von Skipisten auf die Natur "repariert" werden. Doch eine Renaturierung ist nur unterhalb der Waldgrenze (1500 bis 1700 Meter Höhe) realistisch und würde auch hier bis zu 20 Jahre dauern. Über der Waldgrenze erholt sich die Natur aufgrund der extremen Wetterverhältnisse und der kargen Böden zu langsam.

Ein weiteres zentrales Umweltproblem ergibt sich aus der An- und Abreise der vielen Urlaubsgäste. 84 Prozent der Urlaubsreisen in die Alpen, im Sommer und im Winter, werden mit dem eigenen Auto unternommen. Da jährlich viele Millionen Tourist*innen in die Alpen reisen, führt das zu einem hohen Verkehrsaufkommen. Allein die relativ kleine Zugspitz-Region in den deutschen Alpen zählte im Winterhalbjahr 2019/2020 über 280.000 Ankünfte von Reisenden. Der Autoverkehr ist verbunden mit entsprechenden Belastungen aufgrund von Schadstoff-, Lärm- und Treibhausgasemissionen sowie entsprechendem Flächenbedarf für die Verkehrsinfrastruktur. Mehr zur Verkehrsproblematik in den Alpen im Thema der Woche Alpen schützen und nachhaltig entwickeln.

Die Folgen des Tourismus beeinträchtigen nicht nur die Natur, sondern wirken sich auch auf den Menschen aus. Ein Beispiel ist die Gefahr von Schlamm- und Gerölllawinen. Luftverschmutzungen und Lärm beeinträchtigen die Gesundheit. Verkehrs- und touristische Infrastruktur verändern das Landschaftsbild und die Ästhetik. Das kann auch die Attraktivität für den Tourismus verringern, was wiederum wirtschaftliche Folgen haben kann.

Kunstschnee: Mit Kanonen gegen den Klimawandel?

Eine Garantie für natürliche Schneefälle gibt es nicht, daher setzen fast alle Skigebiete seit langem sogenannte Schneekanonen zur technischen Beschneiung ein. Doch Kunstschnee hat mehrere problematische Aspekte. 

Skiorte können vor allem um Gäste werben, wenn sie Schnee und gut präparierte Pisten versprechen können. Daher wird der größte Teil der Pisten regelmäßig künstlich beschneit. In Österreich sind es 75 Prozent, so die Umweltschutzorganisation WWF. 

Das gilt sogar für sehr hoch gelegene Skiorte wie das österreichische Ischgl. Das dortige Skigebiet liegt größtenteils höher als 2.000 Meter und verzeichnet somit im Winter ausreichende Schneemengen. Dennoch werden fast alle Abfahrten beschneit, um die perfekten Pistenbedingungen für ein komplettes Winterhalbjahr bis in den Mai hinein zu gewährleisten. 

Schneekanonen haben einen beträchtlichen Bedarf an Wasser und Energie. Um für den Wintersport die Pistenfläche von einem Hektar zu beschneien, werden etwa drei Millionen Liter Wasser benötigt. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Grundbeschneiung mit einer Schneehöhe von rund 30 Zentimetern. 

Das dafür benötigte Wasser gelangt zwar mit der Schneeschmelze in den natürlichen Wasserkreislauf zurück. Jedoch werden zum Sammeln des benötigten Wassers für die Schneeerzeugung in der Nähe der Pisten künstliche Speicherteiche gebaut. Auch das beansprucht Flächen und verändert das Landschaftsbild. 

Der Energieverbrauch der Beschneiungsanlagen ist beträchtlich. So werden für die saisonale Beschneiung aller Skigebiete der Alpen 2100 Gigawattstunden verbraucht. Das entspricht etwa dem Stromverbrauch von 500.000 Haushalten pro Jahr (Quelle: Süddeutsche Zeitung). 

Zudem machen Schneekanonen ähnlich viel Lärm wie eine stark befahrene Straße. Da sie meist in den Abendstunden eingesetzt werden, stören sie Wildtiere während ihrer Ruhephasen. Das führt bei den Tieren zu Stress und damit zu einem erhöhten Energieverbrauch – gerade im Winter, wenn die Nahrung knapp ist.

Folgen des Klimawandels für die Alpen

In den bayerischen Alpenregionen ist die Jahresmitteltemperatur im Zeitraum von 1951 bis 2015 um 1,5 Grad Celsius gestiegen. Die Winter sind im selben Zeitraum milder geworden. Die Zahl der jährlichen Frosttage, an denen die Tageshöchstwerte unterhalb von 0 Grad Celsius liegen, nahm um elf Tage ab. In Zukunft werden die Winter im Durchschnitt noch kürzer und weniger frostig, die Schneegrenze verschiebt sich nach oben. 

Die Folgen werden auch an den Alpengletschern deutlich. Bei den aktuell vorherrschenden Temperaturen muss damit gerechnet werden, dass zum Beispiel die bayerischen Gletscher in den nächsten Jahrzehnten komplett verschwinden. 

Um weiterhin Wintersport im heutigen Ausmaß zu ermöglichen, müsste der Einsatz von Kunstschnee weiter gesteigert werden. In den niedrigeren Lagen wird dies jedoch immer weniger möglich sein.

Diskussion über Zukunftspläne der Skigebiete

Was das für die Weiterentwicklung des Wintersporttourismus bedeutet, darüber wird viel diskutiert. Die unterschiedlichen Bedürfnisse und Interessen zeigen sich an verschiedenen konkreten Projekten.

So wurde bis zur Absage durch den bayerischen Ministerpräsidenten im Jahr 2018 mehrere Jahre über die Erweiterung des Skigebiets am Riedberger Horn im Oberallgäu diskutiert, die sogenannte Skischaukel. Dort sollten Lifte bis in Gipfelnähe gebaut werden, um damit zwei bestehende Skigebiete zu verbinden. 

Doch das Riedberger Horn liegt in einer am höchsten geschützten Landschaftszone (sogenannte Landschaftszone C), in der absolutes Bauverbot herrscht. Befürworter der Skischaukel wollten das Skigebiet weiterentwickeln, um auch künftig Skitouristen anzuziehen. Kritiker hingegen forderten den Schutz der Berggebiete und bezweifeln die erhoffte Attraktivitätssteigerung für den Wintertourismus. Zum einen wegen der Frage der künftigen Schneesicherheit, zum anderen, weil bereits jetzt viele Urlaubsgäste wegen des ungestörten Naturerlebnisses anreisen, das durch die Skigebietserweiterung beeinträchtigt worden wäre. 

Ähnliche Diskussionen werden weiterhin geführt, unter anderem über den Zusammenschluss der Skigebiete Pitztal-Ötztal in den österreichischen Alpen. Auf großer Höhe sollen dafür mehrere neue Gondelbahnen und Pisten gebaut werden. Dazu gehören außerdem Beschneiungsanlagen und Gastronomie.

Einzigartiges Ökosystem Alpen

Die Natur der Alpenregion ist vielfältig und einzigartig. Die Alpen sind ein wichtiger europäischer Biodiversitäts-Hotspot. Das bedeutet: Hier findet sich eine besonders große Vielfalt an Lebensräumen sowie Tier- und Pflanzenarten. In den Alpen finden sich tausende Pflanzenarten, darunter viele seltene Arten, die ausschließlich in dieser Region vorkommen. Bekannte Beispiele sind Edelweiß, Alpenrose oder Enzian. Das Besondere vieler Alpenpflanzen ist, dass sie sich angepasst haben an Wind, Kälte, Schnee, nährstoffarme und steinige Böden, intensive Sonnenbestrahlung und kurze Vegetationsperioden.

Auch die Alpenfauna ist besonders vielfältig: Etwa 30.000 Tierarten leben in den Alpen. Zu ihnen zählen zum Beispiel die Alpenfeldmaus und die bayrische Feldmaus, die ausschließlich in den Alpen vorkommen. Bekanntere typische Alpentiere sind Königsadler, Luchs, Gams, Schneehase oder auch das Alpenmurmeltier. 

Zugleich prägt die traditionelle Land- und Almwirtschaft seit mehr als tausend Jahren die kulturelle Landschaft der Alpen und spielt beim Erhalt der Biodiversität eine bedeutende Rolle. Im Alpenraum leben rund 13 Millionen Menschen, wobei die Einwohnerdichte stark variiert. Die Täler sind meist stark urbanisiert, im Gegensatz zu den isolierten sowie höher gelegenen Gegenden.

Nachhaltiger und umweltverträglicherer Wintertourismus 

In vielen Urlaubsregionen der Alpen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Natur des Alpenraums geschützt werden muss – nicht zuletzt, weil sie Grundlage für den Tourismus und somit für die regionalwirtschaftliche Entwicklung ist. 

Bereits 2006 hat sich das Netzwerk "Alpine Pearls" zusammengeschlossen. Dazu zählen heute 19 Urlaubsorte in sechs Alpenländern, die auf Umweltfreundlichkeit und nachhaltige Mobilität setzen. So wird der Transport der Gäste vom Bahnhof zum Hotel organisiert, was eine Anreise per Bahn gut möglich macht. Ebenso gibt es Wander- und Skibusse. Die Gemeinde Werfenweng in Österreich beispielsweise leiht ihren Besuchern Elektro-Pkw aus und im Ort gibt es Elektro-Taxis. 

Insbesondere vor dem Hintergrund des Klimawandels, der Auswirkungen auf die Alpen sowie auch der veränderten, vielfältigen Ansprüche der Gäste muss sich der Wintertourismus anpassen und das touristische Angebot diversifiziert werden.

Dazu gehört, nicht allein auf Skisport zu setzen, sondern auch alternative, umweltfreundliche Möglichkeiten für Wanderer und zur Naturbeobachtung zu schaffen, wie zum Beispiel Wegenetze für Winterwanderungen, geführte Touren oder Besichtigungsangebote von Bauernhöfen und regionalen Attraktionen. 

Auch spezielle alpine Wellnessangebote und -produkte können neben Wintersportlern andere Zielgruppen für die Urlaubsorte begeistern. Dazu können beispielsweise Thermen mit für den Alpenraum typischen Substanzen und Materialien, wie Bergkräuter, Salz und Sole oder Latschenkiefer gehören.

Auch der Ausbau regionaler gastronomischer Angebote, Qualität und Authentizität stellen für den Gast das Besondere in den Mittelpunkt. Wichtig ist, dass auch diese Angebote für mehr touristische Vielfalt die Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit berücksichtigen.

Politik, Zivilgesellschaft und viele Initiativen der Tourismuswirtschaft haben den Handlungsbedarf erkannt. Für den grenzübergreifenden Schutz der Alpen setzt sich zum Beispiel die Organisation CIPRA (Commission Internationale pour la Protection des Alpes/Internationale Alpenschutzkommission) ein. Sie wurde 1952 gegründet und vertritt seit 1975 als nichtstaatliche Dachorganisation mittlerweile rund 100 Verbände, Organisationen und Personen.

Wichtig ist auch die Alpenkonvention, die 1991 von sechs Staaten (darunter auch Deutschland) und der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet wurde. Sie soll zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung im Alpenraum beitragen. Siehe hierzu auch das Thema der Woche Alpen schützen und nachhaltig entwickeln.

Weiterführende Links zum Thema

Bundesumweltministerium (BMUV)/Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV): Wintertourismus im Klimawandel
https://www.stmuv.bayern.de/themen/klimaschutz/kommunal/wintertourismus.htm

Bundesamt für Naturschutz (BfN): Skifahren
https://www.natursport.info/natursportarten/im-winter/skifahren/

Alpenkonvention: Nachhaltiger Tourismus in den Alpen
https://www.alpconv.org/de/startseite/news-publikationen/publikationen-multimedia/detail/4-alpenzustandsbericht-nachhaltiger-tourismus-in-den-alpen/ 

Umweltbundesamt: Tourismus und Klimawandel
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/broschuere-tourismus-und-klimawandel-daten-studien-und-werkzeuge

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