29.06.2023 | Hintergrund

Partizipation von Kindern und Jugendlichen - Rechte und Möglichkeiten (Kurzfassung)

Sekundarstufe, Grundschule

Die Entwicklung zu einer nachhaltigen Gesellschaft erfordert einen umfassenden Wandel. Welche Möglichkeiten der Einflussnahme und Partizipation gibt es insbesondere für junge Menschen?

Kinder und Jugendliche machen sich zunehmend Gedanken über die Klimakrise und Umweltprobleme. Bereits die Streiks von "Fridays for Future" lösten eine Diskussion darüber aus, welche Möglichkeiten Kinder und Jugendliche haben, sich für ihre Anliegen zu engagieren und die Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft mitzugestalten.

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Partizipation

Grundsätzlich haben Kinder und Jugendliche das Recht darauf, unsere Gesellschaft mitzugestalten. Dieses Recht ist in verschiedener Form auf verschiedenen Ebenen verankert. Dazu gehört unter anderem die UN-Kinderrechtskonvention. Beteiligung ist zudem in Bundes- und Landesgesetzen festgeschrieben und in verschiedensten Lebensbereichen fest verankert.

Wählen ist jedoch auf Bundesebene sowie in den meisten Bundesländern bisher erst ab 18 Jahren erlaubt. In einzelnen Bundesländern dürfen Jugendliche auf Landesebene schon mit 16 Jahren wählen, auf Kommunalebene ist Wählen ab 16 Jahren in den meisten Bundesländern möglich. Sich selbst in Ämter wählen zu lassen (passives Wahlrecht), ist allerdings erst ab 18 Jahren erlaubt.

Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien von 2021 sieht vor, das Wahlalter für Bundestagswahlen auf 16 Jahre zu senken.

Welche Formen der Beteiligung sind möglich?

Die Möglichkeiten gehen über Wählen weit hinaus. Beteiligung kann verschiedene Formen annehmen. Unter anderem wird zwischen informeller und formeller Beteiligung unterschieden. Informell ist zum Beispiel die Beteiligung am Familienalltag – "Wohin fahren wir in den Ferien?". Formell ist die Beteiligung nach festgeschriebenen Verfahren.

Zu den stellvertretenden Formen zählen Kinder- und Jugendbeauftragte. Sie gibt es unter anderem in vielen Städten. Ihre Aufgabe ist es, die Rechte und Interessen von Kindern und Jugendlichen zu vertreten.

Die Beteiligung wird zudem nach dem Grad der Entscheidungsautonomie und der Einflussmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen unterschieden. Häufig werden folgende Formate genannt:

  • Mitsprache und Mitwirkung: Kinder und Jugendliche werden um ihre Meinung gebeten und können ihre Ideen einbringen. Diese fließen in die Entscheidung ein; die Entscheidung liegt jedoch allein bei den jeweils legitimierten Entscheidungsträger*innen, zum Beispiel bei Gemeinderäten. Ein Beispiel: Eine Kommune führt eine Umfrage unter Kindern und Jugendlichen zur Nutzung von Freizeiteinrichtungen durch, die Ergebnisse fließen in deren Weiterentwicklung ein.
  • Mitbestimmung: Kindern und Jugendlichen wird ein Stimmrecht bei Entscheidungen eingeräumt. Es ist gleichwertig mit dem Stimmrecht Erwachsener. Ein Beispiel sind die sogenannten Schulkonferenzen, bei denen neben Lehrkräften und Eltern die Schüler*innen gleichberechtigt abstimmen.
  • Selbstbestimmung: Kindern und Jugendlichen wird die alleinige Entscheidungsmacht übertragen. Selbstbestimmung innerhalb eines begrenzten Rahmens ist oft in kommunalen Jugendzentren möglich. Vielerorts gestalten Jugendliche selbst die zur Verfügung gestellten Räume und organisieren dort Freizeit- und Kulturangebote.

Diese Unterscheidungen sind nicht zwingend als aufsteigende Stufen zu sehen. Auch scheinbar "niedrige" Stufen der Beteiligung bieten oftmals wichtige Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten.

Empfehlungen und Standards

Beteiligung darf nicht beliebig sein; die Anliegen von Kindern und Jugendlichen müssen ernst genommen werden. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nennt in seinen Empfehlungen unter anderem folgende Standards:

  • Beteiligung ist gewollt und wird von Entscheidungsträger*innen aktiv unterstützt.
  • Es gibt verbindliche Regeln.
  • Es wird sichergestellt, dass Kinder und Jugendliche leichten Zugang zum Prozess haben.
  • Themen, Methoden, Ort und Zeit der Angebote werden entsprechend ihren Bedürfnissen gewählt.
  • Die Ziele sind transparent und nachvollziehbar.
  • Alle Entscheidungen werden offengelegt.
  • Die Kinder und Jugendlichen wissen, wie viel Einfluss sie nehmen können.

Jugendbeteiligung soll gefördert werden

Die Bundesregierung verfolgt eine Jugendstrategie, die unter anderem darauf zielt, die Teilhabe von jungen Menschen auf allen Ebenen zu stärken. Die jungen Generationen sollen an Entscheidungen beteiligt sein, die sie betreffen.

Junge Menschen sind Expertinnen und Experten in eigener Sache, heißt es in der Strategie; zudem stärken Erfahrungen der Selbstwirksamkeit und positives Erleben von Demokratie das demokratische Bewusstsein.

Nicht warten, bis ihr gefragt werdet

Die Praxis zeigt bisher, dass längst nicht in allen Bereichen, in denen eine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen angebracht wäre, diese in angemessener Form realisiert wird.

Eigeninitiative ist demnach wichtig, und auch in geregelten Verfahren kann die informelle Beteiligung eine entscheidende Rolle spielen. Eine informelle Beteiligung ist immer möglich. So kann durch kreative Öffentlichkeitsarbeit die öffentliche Meinung beeinflusst werden. Zudem ist es möglich, Entscheidungsträger*innen ausfindig zu machen und zu versuchen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Auf diese Weise können auch Argumente und Interessen von Kindern und Jugendlichen in Entscheidungen einfließen, die von anderen getroffen werden.

Doch es ist nicht nur die Aufgabe junger Menschen, selbst aktiv zu werden. Die Politik hat auch den Auftrag, sie einzubinden.

Es gibt vielfältige Barrieren, die einer Beteiligung im Weg stehen können. Nicht alle Kinder und Jugendlichen verfügen gleichermaßen über die nötigen Voraussetzungen für manche Formate. Beteiligung erfordert Zeit, die Themen sind oft anspruchsvoll. Gute Beteiligung stellt sicher, dass alle Kinder und Jugendlichen, die sich beteiligen wollen, auch die Möglichkeiten hierfür erhalten, heißt es in den Qualitätsstandards des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und des Deutschen Jugendrings. Es bedarf demnach inklusiver Zugänge und Ansprache. Die Angebote müssen lebensweltnah angelegt sein.

Weiterführende Links

Bundesumweltministerium: Studie: Zukunft? Jugend fragen!

Umweltbundesamt: Junge Menschen in der Klimakrise

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend / Deutscher Bundesjugendring: Qualitätsstandards für Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

Bundeszentrale für politische Bildung: Jugend und Protest – Aus Politik und Zeitgeschichte 38-39/2021

Soko Klima: Materialien für Beteiligungsprojekte mit Schüler*innen

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