04.06.2021 | Hintergrund

Internationale Wirtschaftspolitik und die Umwelt

Grundschule, Sekundarstufe

Die wirtschaftliche Entwicklung hat Folgen für die Umwelt und das Klima. Sie hängt in vielfältiger Weise von natürlichen Ressourcen ab, und bei Produktion und Transport entstehen Schadstoffe und Treibhausgase. Der Handel mit Waren und Dienstleistungen ist weltweit vernetzt, somit umspannen auch die Auswirkungen auf die Umwelt den ganzen Globus. Wie hängen internationale Wirtschaftsbeziehungen und Umweltschutz zusammen, und wie werden sie geregelt?

Wirtschaftliche Entwicklung und Umwelt- und Klimaschutz hängen eng zusammen. Diese Zusammenhänge spielen häufig eine wichtige Rolle, wenn zum Beispiel über Klimaschutzmaßnahmen diskutiert wird. Zwar ist einerseits klar, dass die heutige, oft noch nicht nachhaltige Wirtschaftsweise die natürlichen Lebensgrundlagen beeinträchtigt oder gar zerstört und Veränderungen nötig sind. Doch oft werden Befürchtungen geäußert, dass konkrete Veränderungen wie zum Beispiel bestimmte Klimaschutzmaßnahmen die wirtschaftliche Entwicklung gefährden.

Insbesondere bei Diskussionen über den Klimaschutz geht es häufig um internationale Wirtschaftsbeziehungen. So wird immer wieder angeführt, dass bestimmte Klimaschutzmaßnahmen in einem Land für die Unternehmen einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Unternehmen in anderen Ländern bedeuten könnten, in denen weniger strenge Klimaschutzregeln gelten. Zu derartigen Maßnahmen zählt zum Beispiel die Einführung eines CO2-Preises, der Waren und Dienstleistungen verteuert.

Nicht nur beim Klimaschutz, auch in vielen anderen Bereichen hängen internationale Wirtschaftsbeziehungen und Umweltschutz zusammen. So gibt es im Bereich der Konsumgüter viele Beispiele dafür, dass Herstellung, Handel und extensiver Konsum negative Folgen für andere Regionen der Welt haben können. Denn Handel und Lieferketten sind weltweit verknüpft. Das führt auch zu einer Globalisierung von Umweltbelastungen. 

In den vergangenen Jahren ist eine ganze Reihe davon in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt. Zu den Beispielen gehört unter anderem die Förderung von Rohstoffen für die Handyproduktion in südamerikanischen oder afrikanischen Staaten, die mit schwerwiegenden Umweltschäden einhergeht, die Abholzung von Regenwäldern in Indonesien für die Anpflanzung von Plantagen zur Palmölherstellung oder der Baumwollanbau in Zentralasien, der mit großen Schäden für Böden und Gewässer verbunden ist.

Ebenfalls öffentlich diskutiert wird immer wieder, welche Rolle politische Vorgaben und Regeln für die Wirtschaft bei diesen Zusammenhängen spielen.

Die deutsche Industrie beispielsweise sieht sich durch die 2021 eingeführte Bepreisung von CO2-Emissionen benachteiligt. Durch das neue Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) wird der CO2-Preis für die Sektoren Wärme und Verkehr in Deutschland nun kontinuierlich angehoben. Dadurch sollen der Brennstoffverbrauch und damit auch die CO2-Emissionen sinken und Anreize zur Entwicklung und Nutzung von klimafreundlichen Technologien und Produkten geschaffen werden. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) befürchtet jedoch, dass viele deutsche Firmen, die vom Export leben, durch die zusätzlichen Kosten international nicht mehr mithalten könnten. Denn auf dem Weltmarkt regiere der Preis, Aufträge würden häufig an die Unternehmen vergeben, die am billigsten produzieren könnten.

In der Fachdiskussion ist oft von einem „ level playing field“ die Rede. Der englische Ausdruck bedeutet wörtlich so viel wie „ebenes Spielfeld“. In der Politik ist damit gemeint, dass für alle einheitliche Regeln gelten, denen sich niemand entziehen kann. Das schafft gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle. Voraussetzung ist ein weltweit gemeinschaftliches Verständnis der Staaten darüber, dass nur abgestimmte und gleichmäßig anspruchsvolle Vorgaben für global tätige Unternehmen bei dem Kampf gegen Umweltzerstörung und gegen den Klimawandel helfen. Deshalb ist es wichtig, Umweltstandards in Staatengemeinschaften festzulegen oder in internationale Verträge einfließen zu lassen.

Die Europäische Union hat bereits eine Reihe von Umweltgesetzen für die Mitgliedstaaten erlassen: Ab Juli 2021 dürfen zum Beispiel Wegwerfprodukte aus Kunststoff wie Wattestäbchen, Strohhalme und Einwegbesteck europaweit nicht mehr verkauft werden, und Hersteller von Fernsehern, Waschmaschinen und Co. werden stärker in die Pflicht genommen, die Geräte haltbarer und reparaturfähiger zu machen. Auch Freihandelsabkommen tragen wesentlich zu diesem „level playing field“ bei. Nicht alle Vorstöße zur Regelung der internationalen Wirtschaft berücksichtigen jedoch die Umwelt und den Klimaschutz.

Wie hängen Umweltschutz und Wirtschaft zusammen?

Natürliche Ressourcen und Rohstoffe sind oft die Basis für die Herstellung von Waren und Gütern. Je mehr konsumiert wird, desto mehr natürliche Ressourcen und Rohstoffe werden benötigt. Dies belastet die Umwelt. Ein Beispiel ist die Gewinnung von Rohstoffen wie Erzen und Seltenen Erden für die Auto- und Elektronikindustrie. Diese werden zum Teil in südamerikanischen oder afrikanischen Schutzgebieten abgebaut, und es kann zu Belastungen der Böden und Gewässer mit Schwermetallen, Säuren oder Radioaktivität kommen. Aus diesem Grund werden auch bereits europäische Regelungen zu Sorgfaltspflichten der Unternehmen diskutiert (siehe Abschnitt: Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?).

Auch Produktionsprozesse können sich schädlich auf die Umwelt und das Klima auswirken. Dabei werden Treibhausgasemissionen und Luftschadstoffe freigesetzt. Die meisten Emissionen stammen aus der Metallindustrie, zum Beispiel aus der Stahlproduktion, aus der Produktion von mineralischen Stoffen wie Zement sowie aus der chemischen Industrie. In Deutschland ist die Industrie nach dem Energiesektor die zweitgrößte Quelle von Treibhausgasemissionen: Ihr Anteil beträgt insgesamt 22,5 Prozent. (Wie Deutschland treibhausgasneutral werden kann, hat die Bundesregierung im Klimaschutzprogramm 2030 und im Klimaschutzplan 2050 festgehalten. Siehe Thema der Woche: Wie wird Klimaschutz geplant?)

Globalisierte Wirtschaft, globalisierte Umweltfolgen

Der globale Handel und die internationalen Lieferketten führen dazu, dass Umweltbelastungen häufig nicht dort entstehen, wo die Produkte konsumiert werden. Deutschland beispielsweise exportierte 2021 Waren im Wert von 1205 Milliarden Euro und importierte Waren im Wert von 1025 Milliarden Euro. Durch globale Wertschöpfungs- und Lieferketten wie beispielsweise in der Automobil- oder Bekleidungsindustrie sind Verstöße gegen den Umweltschutz oft schwer nachzuvollziehen. Denn in ein fertiges Produkt fließen Rohstoffe, Teile, Dienstleistungen oder Finanzierung aus den verschiedensten Regionen der Welt.

Worum geht es konkret?

Eine Reihe von Beispielen veranschaulicht, wie die Globalisierung der Produktion eine Globalisierung der Umweltfolgen mit sich bringt.

Ein global stark vernetzter Wirtschaftsbereich ist die Textilbranche. Etwa 90 Prozent der Bekleidung in Deutschland werden importiert, vor allem aus China, der Türkei und Bangladesch. Besonders umweltbelastend sind der Anbau und die Produktion der Rohfasern sowie die Textilveredelung, dazu gehören zum Beispiel das Bleichen und Färben der Fasern.  Die Produktionsschritte finden meist in unterschiedlichen Ländern statt. Beim Anbau von Baumwolle zum Beispiel werden große Mengen von Düngemitteln und Pestiziden eingesetzt. Außerdem ist der Wasserverbrauch sehr hoch. In den Anbauregionen kann das dazu führen, dass die Ressourcen Wasser und Boden gefährdet sind.

In vielen Entwicklungsländern haben nicht nachhaltige Anbauweisen die Folge, dass die Böden ihre Fruchtbarkeit verlieren. Wegen des Baumwollanbaus in Usbekistan, Turkmenistan und Kirgistan hat der Aralsee, einst eines der größten Binnengewässer der Erde, drei Viertel seiner Wassermenge verloren. Bei der Textilveredelung – auch in Deutschland – fallen große Mengen von Abwasser an, die stark mit Chemikalien belastet sind. Verschiedene Initiativen bemühen sich darum, die Bedingungen in der Textilindustrie zu verbessern. Siehe dazu auch das Thema der Woche Der wahre Preis der Mode.

Auch Elektro- und Elektronikprodukte und ihre Bestandteile legen im Laufe ihres Lebenszyklus große Strecken zurück. Handys sind ein typisches Beispiel für globalisierte Produktionsketten. Ein Großteil der weltweit verkauften Handys wird in China produziert. Die Rohstoffe dafür stammen häufig aus Minen in Südamerika, Afrika und Asien. Bei ihrem Abbau werden oftmals große Risiken für die Umwelt in Kauf genommen und Sozialstandards verletzt.

Bei Elektro- und Elektronikprodukten kann auch die Entsorgung zu Problemen führen. Ein Teil der Altgeräte landet in Ländern Asiens und Afrikas und wird dort unsachgemäß entsorgt, was zu großen Umweltproblemen führt. Allerdings gibt es hier auch schon internationale Übereinkommen, die den Export gefährlicher Abfälle verbieten, und die Europäische Union hat vergleichsweise noch strengere Regeln hierzu erlassen. Siehe dazu auch das Thema der Woche Smart! Aber fair?.

Unsere Nahrungsmittelindustrie ist ebenfalls abhängig von globalen Handelsketten. In vielen unserer Produkte steckt beispielsweise Palmöl, das aus Indonesien importiert wird. Es wird für die Lebensmittel- und Futterindustrie, aber auch für Biokraftstoffe und Kosmetika genutzt. Für die wachsende Nachfrage nach Palmöl in Europa, China oder Amerika wurden in den vergangenen Jahren riesige Regenwaldflächen auf Borneo und Sumatra abgeholzt. Die Zerstörung der Urwälder führte zu einem großen Artenschwund in den betreffenden Regionen. Siehe dazu auch den Hintergrundtext Bedrohte Biodiversität weltweit: Ursachen und Lösungsansätze.

Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?

Die Beispiele für die Globalisierung der Wirtschaft machen deutlich, dass auch die mit der Herstellung von Gütern zusammenhängenden Umweltprobleme Staatsgrenzen überschreiten. Ursachen und Auswirkungen hängen auf komplexe Weise zusammen und betreffen oftmals verschiedene Regionen der Welt.

Traditionell galten Wirtschaft und Umwelt als verschiedene Politikbereiche, mit jeweils eigenen Regelungssystemen. Ökologie und Ökonomie gehören jedoch zusammen: Eine gesunde Umwelt und der schonende Umgang mit den natürlichen Ressourcen sind Voraussetzung für eine langfristig stabile wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Der Klimawandel betrifft alle Staaten, er steht im Mittelpunkt der internationalen Politik, und auch die Wirtschaft ist massiv vom Klimawandel betroffen.  Deshalb finden Klimaschutz, der Schutz der natürlichen Ressourcen und eine nachhaltige Entwicklung grundsätzlich Eingang in wirtschaftspolitische Programme und in internationale Verträge.

Leitbilder in Deutschland: eine "grüne" Wirtschaft und Nachhaltigkeit

Die Einsicht, dass das heutige Konsumverhalten der Menschen und eine nicht nachhaltige Wirtschaftsweise die natürlichen Lebensgrundlagen zerstören und dadurch den Wohlstand kommender Generationen untergraben, verbreitet sich immer stärker. Die Wirtschaft müsse sich innerhalb der "Leitplanken" bewegen, die durch die ökologische Tragfähigkeit des Planeten vorgegeben sind – so der Kerngedanke der "Green Economy", den das Umweltbundesamt formuliert. Dieses Leitbild sieht die ökologische Modernisierung der gesamten Wirtschaft vor.

Dabei werden Ökologie und Ökonomie positiv miteinander verbunden. Demnach bietet der Umweltschutz große wirtschaftliche Chancen, bei denen durch Investitionen in Zukunftstechnologien Innovation und nachhaltiges Wachstum geschaffen werden können. Vor allem in den Bereichen Energieeffizienz, umweltfreundliche Energieerzeugung, nachhaltige Wasserwirtschaft, Mobilität, Materialeffizienz, Abfallmanagement und Recycling bieten sich "grüne Zukunftsmärkte", so das Umweltbundesamt.

Die Ansätze, einen ökologischen Umbau der Wirtschaft zu fördern, sind vielfältig. Grundsätzlich sollten Umweltkosten von den Verursachern getragen werden und somit in die Preise von Waren und Gütern einbezogen werden, fordern Fachleute. Dieser Gedanke liegt zum Beispiel dem Prinzip des Emissionshandels zugrunde, dem Handel mit Rechten zum Ausstoß von Treibhausgasen (siehe Hintergrundtext: CO2-Preis und Emissionshandel). Wer die Atmosphäre mit Treibhausgasen belastet, muss die nötigen Rechte für die jeweilige Menge der Emissionen erwerben. Das bedeutet: Je weniger Emissionen, desto wirtschaftlicher ist dies für ein Unternehmen. In der EU wurde der Handel mit Emissionsrechten bereits 2005 eingeführt.

Außerdem fordern das Umweltbundesamt und das Bundesumweltministerium, dass weltweit aktive Unternehmen stärker in die Verantwortung genommen werden. Sie begrüßen deshalb das neue Lieferkettengesetz, in dem Menschenrechte, der Arbeitnehmerschutz und der Umweltschutz, dieser in Bezug auf besonders gefährliche Stoffe, zum Beispiel Quecksilber, enthalten sind. Es soll 2023 in Kraft treten.

Es werden auch bereits europäische Regelungen zu Sorgfaltspflichten der Unternehmen diskutiert. Diese müssen dann auch auf ihre Lieferkette bis hin zum Rohstoffabbau schauen und sich um Verbesserungen bemühen. Erste europäische Regelungen gibt es bereits seit einigen Jahren, nämlich für Zinn, Tantal, Wolfram und Gold.

Zwar geht heute schon eine Reihe von Unternehmen verantwortungsbewusst und sorgfältig mit ihrer Lieferkette um. Es arbeiten viele Unternehmen mit ausländischer Produktion bereits mit großer Sorgfalt, so der Staatssekretär im Umweltministerium Jochen Flasbarth, aber dennoch würden immer noch viele Menschenrechtsverstöße und Umweltbelastungen stattfinden.

Eine weitere zentrale Richtschnur für das Regierungs- und Verwaltungshandeln in Deutschland bildet die "Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie", die 2021 aktualisiert wurde. Die Strategie zielt auf eine „wirtschaftlich leistungsfähige, sozial ausgewogene und ökologisch verträgliche Entwicklung, wobei die planetaren Grenzen unserer Erde zusammen mit der Orientierung an einem Leben in Würde für alle die absoluten Leitplanken für politische Entscheidungen bilden“.

Die Nachhaltigkeitsstrategie legt Maßnahmen Deutschlands zur Umsetzung der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals – SDGs) auf drei Ebenen dar. Neben Maßnahmen mit Wirkung in Deutschland geht es um Maßnahmen mit weltweiten Wirkungen. Hinzu kommt die Unterstützung anderer Länder in Form bilateraler Zusammenarbeit. Zum Begriff Nachhaltigkeit siehe auch das Thema der Woche Die Agenda 2030 und die Bildung: Wie kann man Nachhaltigkeit lernen?

Die Europäische Union

Die EU versteht sich als Gemeinschaft. Ihr Ziel ist es, die Lebensverhältnisse in den verschiedenen Regionen anzugleichen. Deshalb gilt für den Binnenmarkt das Prinzip: gleiche Regeln für alle. Aus deutscher Sicht sind die Regelungen innerhalb der Europäischen Union von herausragender Bedeutung. Der EU-Binnenmarkt ist der größte gemeinsame Markt der Welt. Der Handel zwischen den Mitgliedstaaten macht zwei Drittel des gesamten Handels der EU aus. Produkte, die auf dem Binnenmarkt gehandelt werden, müssen den Vorgaben der EU entsprechen. Zahlreiche Regelungen betreffen Umweltaspekte. So legt zum Beispiel die Rahmenrichtlinie zu Ökodesign fest, dass bereits bei der Produktgestaltung Umwelterfordernisse berücksichtigt werden. Elektrogeräte wie zum Beispiel Kühlschränke müssen gemäß Ökodesign-Richtlinie Angaben zum Energieverbrauch tragen. Siehe dazu auch das Thema der Woche Europäische Union: Umweltschutz geht nur gemeinsam.

Im Dezember 2019 haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 gesetzt. Bis 2050 sollen also alle Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union soweit wie möglich vermieden werden. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg dorthin soll der sogenannte European Green Deal sein. Es handelt sich dabei um eine umfassende Wachstumsstrategie für eine klimaneutrale und ressourcenschonende Wirtschaft. Europa will die erste klimaneutrale Industrieregion auf der Welt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die gesamte Wirtschaft transformiert werden.

Dies betrifft den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle oder Erdgas und alle Wirtschaftszweige – neben dem Energie- und Agrarsektor auch den Verkehr, die Industrie und den Handel. Das deutsche Klimaschutzgesetz stellt konkrete Reduktionsziele für alle diese Wirtschaftsbereiche auf.

Auch Klimaschutz und Handel sollen künftig stärker Hand in Hand gehen. Zum Beispiel soll bei der Vereinbarung von Freihandelsabkommen der Klimaschutz im potenziellen neuen Partnerland berücksichtigt werden. Beim Import von Waren aus Staaten, die ein niedriges Niveau beim Klimaschutz aufweisen, erwägt die EU sogar die Einführung einer CO2-Steuer.

Weltweite Wirtschaftspolitik: WTO, TTIP, Mercosur und RCEP

Auf globaler Ebene war die Handelspolitik lange Zeit dadurch geprägt, dass möglichst umfassende Vereinbarungen zwischen möglichst vielen Staaten getroffen werden – sogenannte multilaterale Abkommen.

Dazu zählt das General Agreement on Tariffs and Trade (GATT), das 1948 entstand. Es zielte darauf ab, Handelshindernisse zu beseitigen. Aus den GATT-Verhandlungsrunden heraus wurde die Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO) gegründet. Sie nahm 1995 ihre Arbeit auf und hat heute 164 Mitgliedstaaten. Das Gründungsabkommen sieht neben dem Abbau von Handelshemmnissen auch den Schutz von Umwelt und Klima vor. Doch in der Vergangenheit war sichtbar, dass bei den Regulierungsbemühungen der WTO im Zweifel der freie Handel einen höheren Stellenwert als der Umweltschutz hatte.

Die WTO bekommt zunehmend Konkurrenz durch regionale multi- oder bilaterale Freihandelsabkommen. Um neue Märkte zu erschließen und die Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen zu erleichtern, schließen sich zunehmend regionale Wirtschaftsblöcke zusammen. Bekannte Beispiele sind die Verhandlungen zwischen der EU und einigen südamerikanischen Staaten (Mercosur) oder die Entstehung der weltweit größten Freihandelszone im pazifisch-ostasiatischen Raum (RCEP). Auch hier geht es in erster Linie um eine Ausweitung und Förderung der Handelsbeziehungen.

TTIP

Das vor wenigen Jahren viel diskutierte Transatlantische Freihandelsabkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen den USA und der EU sollte das weltgrößte Handelsabkommen werden. Die Verhandlungen wurden 2017 jedoch vorerst abgebrochen, da man sich in wichtigen Bereichen nicht einigen konnte. Gerade beim Umwelt- und Verbraucherschutz gab es viele Unstimmigkeiten. Umwelt- und Verbraucherschützer/-innen auf beiden Seiten des Atlantiks fürchteten, dass bei dem Versuch, die Regelungen der beiden Wirtschaftsblöcke zu harmonisieren, wertvolle Errungenschaften abgeschwächt werden könnten.

Mercosur

Die Wirtschaftsblöcke EU und die lateinamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur wollen durch eine gemeinsame Freihandelszone den Handel beispielsweise mit Rindfleisch, Soja und Milchprodukten erleichtern. Das EU-Mercosur-Handelsabkommen liegt vor, doch der Ratifizierungsprozess ist ins Stocken geraten. Unter anderem wegen Brasiliens umstrittener Umweltpolitik wächst in der EU der Widerstand gegen das Abkommen.

Die Kritikerinnen und Kritiker befürchten zum Beispiel, dass der Vertrag in der jetzigen Form zur weiteren Abholzung des Regenwaldes beitragen könnte. Eine Studie der Umweltorganisation Germanwatch bemängelt, dass es an verbindlichen Schutzvorkehrungen im Bereich der Landrechte, der Entwaldung, des Pestizideinsatzes und der Menschenrechte fehle.

Angesichts der fortschreitenden Abholzung und der gesamten Situation im Amazonasgebiet hat die Bundesregierung angekündigt, zu überprüfen, ob das Abkommen wie beabsichtigt umgesetzt werden kann. Außerdem wird jetzt ein zusätzliches "Nachhaltigkeitskapitel" bei Mercosur diskutiert.

RCEP

Zehn Mitglieder der südostasiatischen ASEAN-Staaten bilden gemeinsam mit China, Japan, Südkorea, Neuseeland und Australien die größte Freihandelszone der Welt, die Regional Comprehensive Economic Partnership. Das RCEP-Abkommen beinhaltet jedoch keine Regelungen zu Umweltstandards. Fachleute vermuten, dass ein Hauptgrund dafür die extreme Ungleichheit im wirtschaftlichen Entwicklungsstand zwischen den Mitgliedstaaten sein könnte. Mögliche Umweltstandards könnten nur auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner vereinbart werden.

Handelsabkommen zwischen internationalen Wirtschaftsblöcken bieten große Potenziale, um Umweltstandards und Klimaschutz voranzubringen und so zu einer nachhaltigen Entwicklung der globalen Wirtschaft beizutragen. Umweltorganisationen wie Greenpeace und Germanwatch kritisieren jedoch, dass diese Lenkungswirkung zurzeit noch nicht ausgeschöpft werde und dass kurzfristige Wirtschaftsinteressen weiter vor denen der Umwelt stünden.

Die Europäische Union strebt mit ihrem European Green Deal und einer entsprechend überarbeiteten neuen EU-Handelsstrategie auch hier Verbesserungen an. Zum einen soll die Handelspolitik einen stärkeren Beitrag auch zum Erreichen der Nachhaltigkeits- und Klimaziele leisten. Entsprechend soll die EU-Handelspolitik stärker auf die THG-Neutralität ausgerichtet werden.

Die EU-Kommission schlägt hier vor, das Pariser-Übereinkommen als wesentliche Grundlage für zukünftige Handelsverträge sowie die Treibhausgasneutralität als gemeinsame Grundlage aufzunehmen. Zudem müssen die Nachhaltigkeitsanforderungen in Handelsverträgen gestärkt werden. Dies kann zum Beispiel durch eine Verknüpfung der Nachhaltigkeitsanforderungen mit Sanktionen erreicht werden. 

Was kann ich selbst tun?

Auch Verbraucherinnen und Verbraucher spielen für die Umweltfolgen der Wirtschaft eine Rolle. Sie können durch bewusste Konsumentscheidungen Umweltschäden verringern und Ressourcen schonen.

Große Potenziale gibt es zum Beispiel bei Lebensmitteln, bei Kleidung, beim Verkehr und bei Haushaltsgeräten. In vielen Bereichen sind nachhaltige Produkte auf dem Markt: Werden diese stärker nachgefragt, steigert dies auch das Angebot. Bei der Orientierung helfen Umweltkennzeichen und Produktsiegel wie der Blaue Engel. Siehe dazu auch das Thema der Woche Nachhaltiger Konsum? So geht's!.

Weiterführende Links

Umweltbundesamt: Wirtschaft und Umwelt
http://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/wirtschaft-umwelt

Umweltbundesamt: Ökodesign von Produkten
http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/oekodesign-von-produkten

Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP): Trade and Green Economy – A Handbook
https://www.unep.org/resources/report/trade-and-green-economy-handbook

EU-Kommission: Ein europäischer Grüner Deal
https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal_de 

Creative Commons LizenzvertragDieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.

Sie dürfen diesen Text unter anderem ohne besondere Genehmigung verwenden und bearbeiten, z.B. kürzen oder umformulieren, sowie weiterverbreiten und vervielfältigen. Dabei müssen www.umwelt-im-unterricht.de als Quelle genannt sowie die oben genannte Creative Commons-Lizenz verwendet werden. Details zu den Bedingungen finden Sie auf der Creative Commons-Website.

Open Educational Resources Logo Umwelt im Unterricht unterstützt die Erstellung von Bildungsmaterialien unter offenen Lizenzen im Sinne der UNESCO.