Umweltpolitik in der DDR und die Entwicklung seit der friedlichen Revolution 1989/1990
Am 9. November 2024 jährt sich der "Mauerfall" zum 35. Mal, die Grenzöffnung zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland am 9. November 1989. Dieser Tag spielt in der deutschen Geschichte eine besondere Rolle. Denn die Mauer in Berlin und der Grenzzaun waren unübersehbare Zeichen der deutschen Teilung und gelten als Symbole für das Unrecht in der DDR und die Diktatur der Partei SED.
Im Laufe des Jahres 1989 hatten immer mehr Menschen öffentlich gegen die Regierung protestiert. Sie forderten vor allem freie Wahlen, Meinungsfreiheit und Reisefreiheit. Mit ihren friedlichen Protesten erreichten die Bürger*innen der DDR schließlich die Öffnung der Grenzen, das Ende der bisherigen Regierung und freie Wahlen, auf die 1990 die deutsche Einheit folgte. Die Ereignisse in der DDR in den Jahren 1989 und 1990 werden oft als friedliche Revolution bezeichnet.
Auch die Umweltsituation in der DDR spielte eine Rolle für die Opposition. Denn vielerorts gab es dramatische Umweltschäden. Schon in den 1970er- und 1980er-Jahren bildeten sich Gruppen, die darauf aufmerksam machten und dabei oft auch die Politik in der DDR kritisierten. (Mehr im Abschnitt "Umweltbewegung und politische Opposition")
Die Umweltsituation in der DDR, ihre Bedeutung während der friedlichen Revolution und die Entwicklung nach der deutschen Einheit sind Thema dieses Textes.
Mehr Informationen zur DDR, zur friedlichen Revolution in den Jahren 1989/90 und den Weg zur deutschen Einheit bietet unter anderem die Bundeszentrale für politische Bildung.
Umweltgesetze in der DDR im Widerspruch zur Realität
"Im Interesse des Wohlergehens der Bürger sorgen Staat und Gesellschaft für den Schutz der Natur" stand bereits seit 1968 in der Verfassung der DDR. Damit war der Umweltschutz früher als in der Bundesrepublik als Staatsziel verankert. 1970 folgte das Landeskulturgesetz mit Aufgaben und Zielen der Umweltpolitik. Und als einer der weltweit ersten Staaten gründete die DDR 1972 ein Umweltministerium. Laut den offiziellen Darstellungen der Regierung gab es bis 1989 in der DDR keine schweren Umweltprobleme.
Die Realität sah anders aus. Bereits vor dem Ende der DDR war dies vielen Menschen in der DDR bekannt, denn schwere Umweltschäden waren an vielen Orten offensichtlich. Dazu gehörten Smog in Industriegebieten und die Verschmutzung von Gewässern.
"Katastrophale Belastungen" werden bekannt
Während der friedlichen Revolution 1989 wurde das Ausmaß der Umweltprobleme deutlich. Die Umweltbelastung in der DDR sei extrem hoch, teilte die "Gemeinsame Umweltkommission" von DDR und BRD im Februar 1990 mit , noch bevor im April 1990 die erste frei gewählte Regierung der DDR ihre Arbeit aufnahm. Zu ihren Aufgaben gehörte unter anderem, die Umweltbedingungen in der DDR zu analysieren.
Die Situation wurde insgesamt als dramatisch bewertet. Laut den Daten der DDR-Regierung waren Luft, Gewässer und Boden zu großen Teilen "katastrophal belastet", heißt es im Umweltbericht der damaligen BRD aus dem Mai 1990.
So war die Luftbelastung mit Schadstoffen demnach an vielen Orten extrem hoch. Im Durchschnitt betrugen die Werte für die Emissionen von Schwefeldioxid und Staub je km2 ein Vielfaches im Vergleich zur damaligen Bundesrepublik. Die Belastung der Luft hatte vielerorts gesundheitsschädliche Ausmaße angenommen. Vor allem in Industriegebieten häuften sich Atemwegs- und Hauterkrankungen. Der Anteil der Wälder mit deutlichen Schäden war doppelt so hoch wie in der BRD.
Ein großer Teil der Abwässer wurde ungeklärt in Gewässer geleitet. Nur 31 Prozent der Einwohner*innen der DDR lebten in Haushalten, die an eine Kläranlage angebunden waren, im alten Bundesgebiet waren es über 90 Prozent.
Die Elbe galt als einer der am stärksten belasteten Flüsse Europas. Denn ein großer Teil des eingeleiteten Abwassers aus Industrieanlagen und Haushalten wurde nicht ausreichend oder gar nicht gereinigt. Neben Einleitungen in der DDR floss auch in der damaligen Tschechoslowakei Abwasser ungeklärt in die Elbe. Es gab rund 13.000 Müllplätze, die zum überwiegenden Teil "wilde Müllkippen" waren und ohne Rücksicht auf die Umwelt betrieben wurden. Vielerorts war wegen militärischer oder industrieller Altlasten der Boden vergiftet.
Eine hohe Strahlenbelastung für Mensch und Umwelt war mit der Förderung von Uranerz durch die "Wismut" verbunden. Das Unternehmen beutete in Thüringen und Sachsen Erzvorkommen aus. Dabei wurden große Flächen radioaktiv kontaminiert. Sie wurden nach der Wiedervereinigung äußerst aufwändig saniert.
Auch Böden waren auf bestimmten Flächen geschädigt. Dazu gehörten Belastungen durch Abfälle und Schadstoffe aus der Industrie, Bodenzerstörungen durch den Braunkohletagebau und Erosionsschäden infolge intensiver Landwirtschaft.
„Wettbewerb der Systeme“: Die Wirtschaft hatte Vorrang
Trotz bestehender Gesetze räumte die DDR insbesondere seit den 1970er Jahren der wirtschaftlichen Entwicklung einschließlich der Produktion von Konsumgütern gegenüber dem Umweltschutz den Vorrang ein.
Dies ist im Kontext der damaligen politischen Situation zu sehen, der Konfrontation zwischen zwei gegensätzlichen Wirtschaftsordnungen in „Ost“ und „West“: Die DDR gehörte zum „Osten“, zum Bündnis sozialistischer Staaten unter Führung der Sowjetunion, die BRD mit ihrer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung war Teil des „Westens“. Die Bündnisse standen sich lange Zeit feindlich gegenüber. Diese Zeit wird als „Kalter Krieg“ bezeichnet.
Die DDR-Regierungen sahen sich vor der Herausforderung, das Bestehen des sozialistischen Systems im Wettstreit mit dem marktwirtschaftlichen Westen zu gewährleisten. Die Versorgung von Bevölkerung und Betrieben mit Energie und Waren hatte Vorrang.
So setzte die staatliche Planwirtschaft der DDR bei der Energieversorgung auf Braunkohle, denn diese ließ sich auf dem Gebiet der DDR fördern und musste nicht importiert werden.
Die geltenden Grenzwerte für Schadstoffe waren teilweise nicht ausreichend beziehungsweise wurden oft nicht eingehalten. Zudem wurden aus wirtschaftlichen Gründen auch Ausnahmegenehmigungen erteilt. Umweltdaten wurden nicht veröffentlicht, sie waren seit den 1980er-Jahren als „geheim“ eingestuft.
Die besondere Rolle der Umweltpolitik im „Kalten Krieg“
Neuere Forschungsarbeiten zeigen, dass die Umweltpolitik der DDR trotzdem nicht zu einseitig betrachtet werden darf. Demnach brach die Zusammenarbeit zwischen den beiden deutschen Staaten im Umweltschutz nie völlig ab. Anfang der 1970er-Jahre dienten Umweltverhandlungen als Mittel der Entspannungspolitik zwischen der DDR und der Bundesrepublik. Zwar stoppten die Regierungen danach die Zusammenarbeit auf höchster Ebene zeitweise, doch zwischen Fachleuten auf unteren Ebenen gab es weiterhin Kontakte.
Auch in anderen internationalen Debatten zu Umweltfragen war die DDR-Regierung präsent, unter anderem bei den Themen Luftreinhaltung und Waldschutz. Ein konkretes Ergebnis: Die DDR unterzeichnete 1974 das Ostseeabkommen, gemeinsam mit der Bundesrepublik und weiteren Staaten.
Während sich der Ost-West-Konflikt in den 1980er-Jahren wieder verschärfte, verdichteten sich die deutsch-deutschen Kontakte im Umweltbereich. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Fachleute schuf Vertrauen und trug dazu bei, dass die Regierungen ihre Standpunkte veränderten. Beim Besuch des DDR-Staatschefs Erich Honecker in der Bundesrepublik im Jahr 1987 unterzeichneten die beiden deutschen Regierungen eine Vereinbarung über die weitere Zusammenarbeit beim Umweltschutz.
Konsummuster: Keine „Wegwerfgesellschaft“
Die Bilder und Berichte aus den Jahren nach 1989 über dramatische Umweltschäden prägen den Eindruck von der Umweltsituation in der DDR bis heute. Aus ökologischer Sicht muss sie jedoch differenzierter betrachtet werden. So gab es in einigen Bereichen des Umweltschutzes auch fortschrittliche Entwicklungen in der DDR.
Im sogenannten Sero-System (Sekundärrohstoff-System) wurden bereits viele Rohstoffe wie Glas, Papier und Metalle zu einem sehr hohen Anteil wiederverwertet.
Zudem waren viele Konsumgüter in der DDR nicht so leicht erhältlich und so billig wie im „Westen“. Dadurch unterschieden sich die Konsummuster erheblich von denen der sogenannten Wegwerfgesellschaft in der BRD. In der DDR wurden viele Produkte länger genutzt und immer wieder repariert.
Auch das Fernwärmesystem war ökologisch vorteilhaft. In der DDR wurde in vielen Städten ein großer Teil der Haushalte über Rohrsysteme mit Wärme aus Kraftwerken versorgt. Dadurch wurde Energie effizienter genutzt. Auch der Anteil an nicht bebauten Flächen und Naturschutzflächen war in der DDR vergleichsweise hoch.
Umweltbewegung und politische Opposition
Das Engagement für Natur- und Umweltschutz in der DDR war vielschichtig. Ein offizielles Mittel war die sogenannte Eingabe, eine Beschwerde an Betriebe, Behörden oder die Regierung. Eingaben waren bereits in der Verfassung der DDR von 1949 verankert. Ab den 1960er-Jahren ging es in den Eingaben zunehmen um die Verschmutzung von Gewässern und Luft sowie die Folgen wie absterbende Bäume oder Gesundheitsbeschwerden. Nach und nach wurde jedoch deutlich, dass Eingaben wirkungslos bleiben. Der Staat wurde offensichtlich seinen rechtlich verankerten Pflichten beim Umweltschutz nicht gerecht.
Wer sich kritisch äußerte, konnte in der DDR generell Probleme bekommen, da dies oft als „staatsfeindlich“ gewertet wurde. Dennoch setzten sich viele Menschen für Veränderungen in der DDR ein. Bereits in den 1970er-Jahren bildeten sich Gruppen in der DDR, die sich mit Umweltfragen befassten und die Missstände offen kritisierten. Vor allem in den 1980er-Jahren wurde der Umweltschutz zu einem wichtigen Thema der Opposition. Viele Gruppen kritisierten jedoch nicht nur Umweltschäden, sondern setzten sich generell mit der politischen Situation in der DDR auseinander.
Die Bewegung wagte den offenen Protest, zum Beispiel bei Fahrraddemos oder Umweltgottesdiensten. Viele Akteur*innen wurden von der Staatssicherheit, der Geheimpolizei der DDR, überwacht und in ihrer Arbeit behindert. Ein Beispiel war die Umweltbibliothek, die 1986 in Räumen der Zionskirche in Ost-Berlin gegründet wurde. Umweltfragen waren hier zwar ein wichtiges Thema, doch die Bibliothek entwickelte sich auch zu einem Treffpunkt für oppositionelle Gruppen, die sich mit grundsätzlichen politischen Fragen beschäftigten.
Im November 1987 führte die Staatssicherheit eine Razzia in der Umweltbibliothek durch und verhaftete mehrere Menschen. Kurz darauf wurden sie wieder freigelassen. Der Vorfall wurde auch im Westen bekannt und sorgte für große Aufmerksamkeit. Verhaftungen von Oppositionellen waren jedoch in den 1980er-Jahren wegen der Entspannungspolitik zwischen Ost und West selten, weil sie die außenpolitische Reputation der DDR gefährdeten.
Nach der friedlichen Revolution 1989 und den ersten freien Wahlen 1990 standen auch Umweltthemen auf dem Programm der neuen DDR-Regierung. Die Umweltbewegung konnte nun ohne Bedrohung durch die Staatssicherheit aktiv werden. Im Februar 1990 schlossen sich über 150 Gruppen zur "Grünen Liga" zusammen. Der Verband ist bis heute aktiv. Schon vor der Wiedervereinigung, am 1. Juli 1990, wurde gleichzeitig mit der Wirtschafts- und Währungsunion eine Umweltunion geschaffen. Wichtige Teile des Umweltrechts der Bundesrepublik Deutschland galten damit auch in der DDR.
Ebenfalls noch vor der Wiedervereinigung, im September 1990, beschloss der Ministerrat der DDR ein umfangreiches Nationalparkprogramm. Große Flächen wurden zu geschützten Gebieten erklärt.
Die Entwicklung nach der friedlichen Revolution
Im Zuge der politischen Veränderungen in der DDR begannen Behörden und Umweltschutzinitiativen das Ausmaß der Umweltschäden in der DDR systematisch zu dokumentieren. Die DDR-Regierung legte nun Daten vor, die bestätigten, dass Luft, Gewässer und Boden "zu großen Teilen katastrophal belastet" seien, heißt es im Umweltbericht der Bundesregierung vom Mai 1990. Die ersten Maßnahmen begannen schon vor der Wiedervereinigung, als gemeinsame Projekte der beiden deutschen Staaten. Zu den ersten Projekten gehörten Messsysteme, um vor Smog zu warnen und die Wasserqualität in Elbe, Spree und Havel zu überwachen.
Nach der Wiedervereinigung im Oktober 1990 begann ein umfangreiches Sanierungsprogramm. Ziel war, "bis zum Jahr 2000 gleiche Umweltbedingungen auf hohem Niveau in ganz Deutschland zu schaffen". Die Beseitigung der sogenannten Altlasten wurde zu einem wichtigen Begriff der gesamtdeutschen Umweltpolitik.
Wegen der Vielzahl der Probleme sollten zunächst akute Gefahren beseitigt werden. Zu den wichtigsten Sofortmaßnahmen gehörte, die Trinkwasserversorgung sowie die Abwasserbehandlung sicherzustellen. Das Trinkwasser galt wegen der Schadstoffbelastung zum Teil als gesundheitsgefährdend, die in der damaligen EG geltenden Grenzwerte wurden nicht eingehalten. Ein auch in der Öffentlichkeit viel beachtetes Thema waren die Kernkraftwerke in der DDR mit sowjetischer Technik. Sie wurden stillgelegt. Mit großem Aufwand wurde zudem begonnen, die Altlasten von Chemieindustrie und Bergbau zu sanieren.
Innerhalb von wenigen Jahren besserten sich die Umweltbedingungen. Dabei spielte die wirtschaftliche Umstrukturierung eine entscheidende Rolle. Sehr viele DDR-Betriebe wurden geschlossen, damit ging auch die starke Umweltbelastung durch die oft veralteten Anlagen zurück. Zum Teil wurden gezielt umweltbelastende Betriebe stillgelegt. Allein die Betriebsschließungen führten bereits zu einer deutlichen Verbesserung der Umweltsituation.
Mitte der 1990er-Jahre war die Umweltbelastung bereits deutlich gesunken. Die Einleitung von Schadstoffen in Gewässer ging stark zurück. Auch die Verschmutzung der Luft ging extrem zurück. Heute erreicht die Schwefeldioxid-Konzentration in Sachsen-Anhalt nur noch 0,5 bis ein Prozent der früheren Werte.
Der „Einheitsschock“ und die sozialen Folgen
Zur Besserung der Umweltsituation trug auch der Absturz der Industrie bei. Ein großer Teil der Betriebe war nach dem Ende der DDR nicht mehr konkurrenzfähig. Sie wurden stillgelegt oder im Zuge der Modernisierung umgebaut. Eine Folge war der Rückgang der Umweltbelastungen, eine andere Folge war Massenarbeitslosigkeit.
Die sozialen Folgen werden heute oft als „Veränderungsschock“ beschrieben. Die Menschen in der früheren DDR waren plötzlich mit einer völlig neuen Situation konfrontiert, während bisherige Institutionen und Normen entwertet wurden. Bei vielen führte dies zu Verunsicherung und Enttäuschung.
Heute scheint die wirtschaftliche Integration insgesamt gelungen. Doch durchgängig seit 1990 zeigt sich in Ostdeutschland eine größere Unzufriedenheit mit der eigenen Lage und mit der Demokratie in Deutschland.
Das "grüne Wunder": neue Schutzgebiete
Ein Erfolg für die Umwelt ist der Naturschutz auf großen Flächen. Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR befinden sich heute sieben von 16 Nationalparks und acht von 18 Biosphärenreservaten. Bereits in den 1970er-Jahren hatten Naturschutz-Fachleute in der DDR den Plan entwickelt, mehrere große Schutzgebiete einzurichten. Einer der Initiatoren, Michael Succow, wurde während der friedlichen Revolution im Januar 1990 auf Drängen der Bürgerbewegung zum stellvertretenden Umweltminister der DDR ernannt. Succow nutzte die Chance, um innerhalb kürzester Zeit eine Beschlussvorlage für ein Nationalparkprogramm ausarbeiten zu lassen.
Am 12. September 1990 – kurz vor der staatlichen Wiedervereinigung am 3. Oktober – wurde das entsprechende Gesetz zur Einrichtung der Schutzgebiete durch den Ministerrat der DDR beschlossen. Der Vorgang ist in der deutschen Geschichte einmalig, denn es ging um einen erheblichen Anteil des Staatsgebiets: 4,5 Prozent der Fläche der DDR. Michael Succow wurde für diesen "Kraftakt" 1997 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. 2015 erhält er den Ehrenpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.
Auf dem früheren Todesstreifen entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze erstreckt sich heute das "Grüne Band". Angeregt durch eine Initiative der Umweltorganisation BUND e.V. entstand dort eine Kette von Schutzgebieten. Aufgrund der jahrzehntelangen Abgeschiedenheit konnte sich die Natur hier lange ungestört entwickeln.
2005 wurde das Grüne Band von der Bundesregierung zum nationalen Naturerbe erklärt. Die bundeseigenen Flächen hat der Bund den Ländern zur Verfügung gestellt, um dort Naturschutzgebiete einzurichten.
Wie lässt sich die „Umweltbilanz der deutschen Einheit“ bewerten?
Über die Entwicklung seit der friedlichen Revolution in der DDR wird weiterhin viel diskutiert, sowohl in der Politik als auch in der Wissenschaft. Die deutsche Einheit wird von der großen Mehrheit der Bevölkerung insgesamt als Erfolgsgeschichte bewertet. Kritisch wird insbesondere der oben beschriebene „Einheitsschock“ betrachtet, der unter anderem psychologischen Langzeitwirkungen zur Folge hatte. Die Zufriedenheit mit der Demokratie und das Vertrauen in ihre Institutionen sind in Ostdeutschland niedriger als in Westdeutschland.
Betrachtet man die Entwicklung aus der Perspektive der Umweltpolitik, fällt die Bilanz höchst positiv aus. Zwar bemängeln Kritiker, dass mit der DDR-Planwirtschaft auch aus ökologischer Sicht positive Einrichtungen wie das Sero-System des Rohstoff-Recyclings verschwanden oder die energieeffiziente Fernwärmeversorgung zurückging.
Jedoch sorgte der Strukturwandel der Wirtschaft zum einen dafür, dass die Umwelt durch die Schließung besonders maroder Betriebe schnell entlastet wurde. Zum anderen wurden die neuen Bundesländer Standort vieler junger, innovativer Betriebe und sind so auch umwelttechnisch mit aktuellen Standards ausgestattet. Heute sind zudem Umwelt- und Energietechnologien an vielen Standorten in Ostdeutschland überdurchschnittlich vertreten, zum Beispiel in einigen der früher schwer belasteten Industriezentren der DDR in Sachsen und Sachsen-Anhalt.
Gemäß dem heutigen Verständnis von Umweltpolitik müssen auch die sozialen Folgen dieser Entwicklung betrachtet werden. Umweltpolitik in Deutschland folgt heute dem Leitbild einer transformativen Umweltpolitik. Ziel ist eine nachhaltige Wirtschaft und Gesellschaft, die nur mit grundlegenden Veränderungen in allen Lebensbereichen erreicht werden kann.
Dabei muss Umweltpolitik Gesellschaftspolitik sein, die auch der sozialen Gemeinschaft dient und Demokratie stärkt, so das Integrierte Umweltprogramm 2030 des Bundesumweltministeriums. Die Leitidee der transformativen Umweltpolitik beruht auch auf Erfahrungen der Vergangenheit wie der Entwicklung seit dem Ende der DDR.
Dazu gehört die Einsicht, dass grundlegende Veränderungen nicht konfliktfrei ablaufen. Zum heutigen Verständnis von Umweltpolitik gehört daher, mögliche Konflikte und Ängste zu berücksichtigen, den Dialog zu suchen, Chancen aufzuzeigen und sozialverträgliche Lösungen zu entwickeln.
Weiterführende Links
Bundesumweltministerium: 35 Jahre Friedliche Revolution
www.bmuv.de/friedliche-revolution
Bundesumweltministerium: "Wir haben uns nicht versteckt" – Zeitzeugen über das Engagement für Natur und Umwelt in der DDR
www.bmuv.de/publikation/wir-haben-uns-nicht-versteckt-engagement-fuer-natur-und-umwelt-in-der-ddr
Umweltbundesamt: Schwerpunkt 30 Jahre Deutsche Einheit (erschienen 2020)
www.umweltbundesamt.de/publikationen/schwerpunkt-2-2020-30-jahre-deutsche-einheit
Umweltbundesamt: Deutsche Einheit: Auch für die Umwelt ein Gewinn (erschienen 2020)
www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/30-jahre-deutsche-einheit-auch-fuer-die-umwelt-eibmuv
Bundesumweltministerium: Das Nationalparkprogramm der DDR www.bmuv.de/30jahrenaturschutz/nationalparkprogramm-der-ddr
Deutscher Bundestag, Drucksache 13/11000: Schlussbericht der Enquete-Kommission "Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozess der deutschen Einheit" (1998) dip21.bundestag.de/dip21/btd/13/110/1311000.pdf
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.
Sie dürfen diesen Text unter anderem ohne besondere Genehmigung verwenden und bearbeiten, z.B. kürzen oder umformulieren, sowie weiterverbreiten und vervielfältigen. Dabei müssen www.umwelt-im-unterricht.de als Quelle genannt sowie die oben genannte Creative Commons-Lizenz verwendet werden. Details zu den Bedingungen finden Sie auf der Creative Commons-Website.
Umwelt im Unterricht unterstützt die Erstellung von Bildungsmaterialien unter offenen Lizenzen im Sinne der UNESCO.
Material herunterladen
- Wie war es früher in der DDR? Das Beispiel Umweltschutz (Variante für Fortgeschrittene) - GS (PDF - 151 KB)
- Umweltprobleme und Umweltpolitik in der DDR (Basisvariante) - SK (PDF - 171 KB)
- Umweltprobleme und Umweltpolitik in der DDR (Variante für Fortgeschrittene) - SK (PDF - 171 KB)
- Wie war es früher in der DDR? Das Beispiel Umweltschutz (Basisvariante) - GS (PDF - 153 KB)