Wohin mit dem radioaktiven Abfall? (Variante für Fortgeschrittene)
Überblick über den Unterrichtsverlauf
- Einstieg: Die Schüler*innen erhalten mithilfe einer Bilderserie eine Einführung in das Thema Endlagersuche.
- Arbeitsphase: Die Schüler*innen setzen sich in Gruppen anhand eines Fragenkatalogs mit jeweils einer Entsorgungsmöglichkeit für hochradioaktive Abfälle auseinander.
- Abschluss: Die Schüler*innen stellen ihre Ergebnisse vor und fassen gemeinsam die wichtigsten Eigenschaften eines Endlagers zusammen.
Kompetenzen und Ziele
Die Schüler*innen …
- erhalten und erarbeiten grundlegende Informationen zum Thema Radioaktivität, Atomenergie und Endlagerung,
- lernen Konsequenzen des eigenen und gesellschaftlichen Handelns für künftige Generationen kennen,
- erweitern und festigen ihre Argumentationskompetenz,
- verbessern ihre Kommunikationskompetenz durch die Vorstellung eigener Ergebnisse,
- erweitern ihre Sozial-, Argumentations- und Urteilskompetenz in Unterrichts- und Gruppengesprächen.
Umsetzung
Vorbemerkung: Das Thema Radioaktivität und die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um Atomenergie und Endlagerung sind komplex. Dennoch nehmen häufig auch jüngere Kinder über die Medien oder Diskussionen im Familien- und Bekanntenkreis wahr, dass es diese Themen gibt. In Regionen in der Nähe von Atomkraftwerken, Zwischenlagern und potenziellen Endlagerstandorten sind diese teilweise sehr präsent. Die im Folgenden skizzierten Herangehensweisen erleichtern es Lehrkräften, Fragen der Schüler*innen aufzugreifen und eine sowohl altersgemäße als auch sachgerechte erste Auseinandersetzung mit dem Thema zu ermöglichen.
Die Leitfrage der Unterrichtseinheit lautet: Was sind Endlager für hochradioaktiven Abfall und welche Besonderheiten haben sie?
Einstieg
Aktuelle Nachrichten zum Thema beziehungsweise Fragen der Schüler*innen bieten sich zum Einstieg in die Unterrichtseinheit an. Anlass für Fragen der Schüler*innen können Nachrichten sein, die im Zusammenhang mit radioaktiven Abfällen – zum Beispiel über Demonstrationen bei Castor-Transporten oder Zwischenlagern – oder mit der Diskussion über mögliche Standorte für ein Endlager stehen. Auch Berichte über den Bau von Atomkraftwerken (AKWs) in anderen Ländern oder über die Abschaltung und den Rückbau der AKWs in Deutschland können als Anlass genommen werden.
Zu Beginn des Unterrichts greift die Lehrkraft die jeweilige Frage und den damit verknüpften Anlass auf. Zudem nennt sie das Ziel des Unterrichts: Atomenergie, Atommüll und die Bedeutung und Besonderheit von Endlagern für hochradioaktiven Abfall kennenlernen.
Die Schüler*innen tragen im Gesprächskreis ihr Vorwissen zum Thema zusammen. Während der Gespräche erstellt die Lehrkraft auf einem Plakat einen Wortspeicher: Dort werden in Absprache mit den Schüler*innen die zentralen Begriffe zum Thema gesammelt und Erklärungen notiert.
Um das Thema Endlager zu verstehen, sollten die Schüler*innen vor allem folgende Begriffe besprechen:
- Atomenergie/Atomkraftwerk (oft auch als Kernkraftwerk bezeichnet)
- Radioaktivität/Strahlung
- Atommüll/hochradioaktive Abfälle
- Endlager
- Standortsuche/Endlagersuche
Die Lehrkraft unterstützt diesen Prozess mithilfe der Bilderserie. Die Schüler*innen werden insbesondere das Bild des Atomkraftwerks und das Symbol für Radioaktivität wiedererkennen.
Die Lehrkraft erläutert, dass bei der Energieerzeugung in Atomkraftwerken hochradioaktive Abfälle anfallen. Dazu zählen vor allem die abgebrannten Brennelemente, die stark strahlende Stoffe wie Uran und Plutonium enthalten. Darüber hinaus informiert sie über grundlegende Probleme hochradioaktiver Abfälle:
- Hochradioaktive Abfälle senden unsichtbare Strahlung aus, die viele Materialien durchdringt. Die hochradioaktiven Abfälle sind gefährlich für den Menschen, da die Strahlung die Haut des Menschen durchdringt und Zellen im Körper zerstören kann. Der Mensch wird davon krank.
- Der in Atomkraftwerken entstehende Abfall wird über einen sehr langen Zeitraum hinweg sehr gefährlich bleiben. Ein Endlager für hochradioaktive Stoffe muss darum für eine Million Jahre lang sicher ("dicht") sein und keine Strahlung durchlassen.
- Der hochradioaktive Abfall muss irgendwo gelagert werden, und zwar so, dass die Strahlung sicher abgeschirmt wird.
Optional kann ein Beitrag von logo! (ZDF-Kindernachrichten) verwendet werden. Er umfasst kurze Texte sowie ein kurzes Erklärvideo.
Arbeitsphase
Im Anschluss diskutieren die Schüler*innen gemeinsam, welche Möglichkeiten es geben könnte, um hochradioaktive Abfälle sicher zu entsorgen. Dabei gibt die Lehrkraft folgende Möglichkeiten vor, die tatsächlich diskutiert werden beziehungsweise wurden:
- im "ewigen Eis" der Antarktis lagern (verworfen, unter anderem weil das Eis in Zukunft schmelzen könnte. Außerdem strahlen die Abfälle Wärme aus, sodass dadurch das Eis schmelzen würde),
- mit Raketen ins Weltall "schießen" (verworfen, da sehr viele Raketen starten müssten, um die großen Abfallmengen zu entsorgen. Das ist sehr teuer. Außerdem könnten Unfälle passieren),
- ins Ausland bringen (verworfen, unter anderem weil man nicht sicher sein kann, dass die Abfälle dort sicher gelagert werden. Jedes Land sollte für seinen eigenen radioaktiven Müll verantwortlich sein),
- dauerhafte Lagerung in oberirdischen Hallen (sogenannte Langzeitzwischenlager) (eine von drei Optionen, die weiter beobachtet werden; problematisch ist jedoch, dass Wartung und Sicherung der Abfälle für eine Million Jahre sichergestellt werden müsste)
- tief unter der Erde lagern, wo der Untergrund stabil ist (vom Bundestag aufgrund der Empfehlung von Fachleuten angenommen).
Zusätzlich stellt die Lehrkraft die aktuelle Übergangslösung vor: Da bisher noch kein Endlager gefunden wurde, wird der hochradioaktive Müll in sogenannten Zwischenlagern in sehr sicheren Behältern (sogenannten Castor-Behältern) verwahrt.
Die Möglichkeiten werden für alle sichtbar notiert (zum Beispiel an der Tafel/dem Whiteboard).
Die Schüler*innen bilden Arbeitsgruppen und behandeln jeweils eine der genannten Entsorgungsmöglichkeiten. Zur Unterstützung erhalten sie die Arbeitsblätter aus den Materialien. Diese enthalten kurze Infotexte zu den verschiedenen Möglichkeiten sowie folgende Beispielfragen, mit deren Hilfe die Vorschläge diskutiert werden können:
- Ist die Entsorgungsmöglichkeit für radioaktive Abfälle sicher, wenn ein Krieg oder Terror ausbrechen sollte?
- Ist die Lagerstätte geschützt gegen Naturkatastrophen und Klimawandel?
- Sind die hochradioaktiven Abfälle für einen sehr langen Zeitraum sicher gelagert (zum Beispiel in einer Million Jahren)?
- Ist der Transport zur Lagerstätte sicher?
- Können die Abfälle überwacht und kontrolliert werden?
- Können die Abfälle im Notfall oder in Zukunft zurückgeholt werden (zum Beispiel, wenn eine Technik entwickelt wurde, um die hochradioaktiven Abfälle in ungefährliche Stoffe umzuwandeln)?
Die Lehrkraft unterstützt die Gespräche innerhalb der Gruppen. Die Arbeitsgruppen notieren wichtige Erkenntnisse und fassen die Vor- und Nachteile ihrer Option für ein Endlager zusammen.
Abschluss
Mit Unterstützung der Lehrkraft werden die wichtigsten Eigenschaften eines Endlagers festgehalten:
- Sicherheit im Fall von Krieg und Terror,
- Sicherheit im Fall von Naturkatastrophen und Klimawandel,
- Sicherheitsvorkehrungen gegen Unfälle; der hochradioaktive Abfall kann bei Bedarf überwacht und kontrolliert werden,
- Möglichkeit der Rückholung; der hochradioaktive Abfall ist nicht "verloren",
- sicherer Transport; der Transport des hochradioaktiven Abfalls zur Endlagerstätte ist sicher,
- sichere Auswahl des Endlagers für alle Menschen.
- Sicherheit über einen sehr langen Zeitraum ("eine Million Jahre") und darum Sicherheit unabhängig vom Menschen.
Die Lehrkraft notiert die Kriterien in einer Tabelle an der Tafel/dem Smartboard.
Anschließend stellen die Gruppen ihre Ergebnisse im Plenum vor. Gemeinsam bewerten die Schüler*innen jede Endlageroption hinsichtlich der verschiedenen Kriterien mit den Farben rot (kommt nicht infrage), gelb (ist vielleicht geeignet) und grün (ist eine geeignete Möglichkeit).
Im Anschluss stimmen die Schüler*innen ab, welche Möglichkeit am geeignetsten wäre, um hochradioaktive Abfälle langfristig sicher zu lagern. Im Anschluss klärt die Lehrkraft über den Stand zum Thema in Deutschland auf: Sie informiert darüber, dass die hochradioaktiven Abfälle an einem Standort tief unter der Erde in Deutschland gelagert werden sollen und dass momentan nach dem sichersten Standort gesucht wird.
Im Anschluss stellt die Lehrkraft die Frage, was die Schüler*innen davon halten würden, wenn ein Ort in ihrer Nähe als Endlagerstätte ausgewählt werden würde. Die Lehrkraft weist darauf hin, dass ein Ort für ein Endlager gefunden werden muss, dass jedoch viele Menschen dagegen sind, dass in ihrer Region hochradioaktiver Abfall endgelagert wird.
Gemeinsam besprechen die Schüler*innen die Ängste und Bedenken der Menschen im Zusammenhang mit dieser Thematik. Dabei informiert die Lehrkraft darüber, dass sich bei der Endlagersuche in Deutschland alle betroffenen Bürgerinnen und Bürger zum Thema äußern können.
Erweiterung
- Die Schüler*innen entwerfen Plakate, auf denen sie ihre Forderungen für die Endlagersuche veranschaulichen.
- Die Schüler*innen schreiben einen Tagebucheintrag: Wir leben in der Zukunft. In eurer Region wurde ein geeigneter Standort für ein Endlager gefunden. Schreibe, wie es dir als Bewohner*in dieser Region damit geht. Wie alt bist du, was machst du, was ist dir im Hinblick auf das Endlager wichtig?
- Die Schüler*innen befragen Eltern oder Bekannte dazu, was diese über die Endlagersuche wissen und welche Vorschläge sie für die Endlagerung haben. Die Ergebnisse werden anschließend in der Schule mit den Ergebnissen aus dem Unterricht verglichen.
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Beim Betrieb von Atomkraftwerken entstehen hochradioaktive Abfälle. Die energiereiche Strahlung, die von ihnen ausgeht, kann noch viele Hunderttausende Jahre Mensch und Umwelt gefährden. Bisher stehen die Abfälle verteilt über das Land in 16 Zwischenlagern. Ein Endlager muss noch gefunden werden. Die Suche nach einem Standort läuft – sie wurde 2017 per Gesetz geregelt.
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Beim Betrieb von Atomkraftwerken entstehen hochradioaktive Abfälle. Die energiereiche Strahlung, die von ihnen ausgeht, kann noch viele Hunderttausende Jahre Mensch und Umwelt gefährden. Bisher stehen die Abfälle verteilt über das Land in 16 Zwischenlagern. Ein Endlager muss noch gefunden werden. Die Suche nach einem Standort läuft – sie wurde 2017 per Gesetz geregelt.
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Die Schüler*innen setzen sich in Gruppen mit verschiedenen Möglichkeiten für die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle auseinander. Die Materialien enthalten die wichtigsten Informationen sowie Beispielfragen, mit deren Hilfe die Vorschläge diskutiert werden können.
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Von der Atomenergie über Gefahren der Radioaktivität und Zwischenlager bis hin zum Endlager: Die Bilderserie veranschaulicht verschiedene Aspekte des Umgangs mit und der Entsorgung von hochradioaktiven Abfällen.
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- Die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle (Kurzfassung) - GS / SK (PDF - 63 KB)
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